Alle ausser mir

obsessiver Gedanke sich weniger um den Ruhm als darum drehte, in einen
afrikanischen Leib zu ejakulieren.
Der Besitz von indigenen Frauen durch die Soldaten des Königlichen
Italienischen Heeres war vom Oberkommando nicht nur wohlgelitten,
sondern wurde auch als ihre strategische Pflicht angesehen. Die Generäle
wussten sehr wohl, aus welchem Material ihre Truppen gemacht waren:
Tagelöhner, Arbeiter, Lastenträger, Steinmetze, analphabetische Schafhirten,
Steinhauer – Menschen, die daran gewöhnt waren, Kommandos auszuführen,
nicht Kommandos zu erteilen. Man musste sie für ihre neue Stellung als
Beherrscher noch erziehen, da war das Frequentieren abessinischer Frauen
die beste Lehrstunde.
Die emsige erotische Aktivität unterlag daher einer wohldurchdachten
Logistik. In Adua, das bereits vor Attilios Ankunft in Afrika eingenommen
beziehungsweise gerächt worden war, machte ein Papier die Runde, das von
dem obersten Verantwortlichen der Schreibstube unterzeichnet worden war.
Darin wurden die Neuankömmlinge angewiesen, der jeweiligen Farbe der
Tücher zu folgen, die an den lokalen Hütten angebracht waren. Gelb
bedeutete Körper von hoher Qualität, was Alter und Schönheit betraf, und
reserviert für Offiziere; weiß war die passende Ware für Zivilisten und
einfache Soldaten; grün wurde den Askaris und anderen indigenen
Kollaborateuren überlassen: hässliche Frauen mit körperlichen Mängeln, von
sehr dunkler Hautfarbe oder nicht mehr jung, also älter als achtzehn. Die
Preise variierten entsprechend. Wer der Vielfalt die Gewohnheit vorzog, hatte
auch die Möglichkeit, für einen bestimmten Zeitraum eine Ehe einzugehen –
zwei oder drei Monate mit Mädchen ab zwölf Jahren aufwärts. Sie verhielten
sich dann wie richtige Ehefrauen. Sie folgten dem Soldaten in sein Zelt,
wuschen seine Kleider, lernten seine Lieblingsgerichte zuzubereiten, taten
ihm tausend Schmeicheleien. Und schließlich gab es eine spezielle Kategorie,
die nicht durch ein Stück Stoff gekennzeichnet war: die Jungfrauen, worunter
man sowohl Elfjährige nach ihrer ersten Monatsblutung verstand als auch
Kinder von sieben, acht Jahren oder jünger. Diese Letzteren waren
ausschließlich für hochrangige Offiziere reserviert und die
Preisverhandlungen Verschlusssache.
In diesem ehernen Leistungskatalog bildete Attilio eine Ausnahme. Sein
attraktives Äußeres ließ eine »gelbe Fahne« nicht unberührt, die ihm
freiwillig zu einem besonders günstigen Preis ihre Dienste anbot. Die