Alle ausser mir

(Jeff_L) #1

In der Einleitung zu dem Band, in dem er ein Jahr später die Ergebnisse
seiner Expedition vorstellen würde, schrieb er:


Das Vorhaben ist recht einfach, aber heikel, weil man überall auf
Hindernisse trifft, allen voran auf die naive Furcht der
Untersuchungssubjekte. Bei dieser Unternehmung war es noch ein
wenig komplizierter: Wir agierten bei Leuten, die erst wenige
Monate zuvor unserer Regierung unterstellt worden waren und bei
denen jeder Fehler missinterpretiert werden konnte als Vorurteil
über unser ganzes Hilfswerk. Doch das traf nicht zu. Wenn man
bedenkt, dass die Operation es sozusagen erforderte, die Seele des
Subjekts in der Hand zu halten oder, anders gesagt, es komplett
unter Kontrolle zu haben, ist die Serie von Masken – die ersten aus
Äthiopien überhaupt – auch ein Beweis für das Vertrauen, das wir
unseren neuen afrikanischen Untertanen einflößen.

In der Nacht vom 20. auf den 21. Februar 1937 konnte der Postträger
Afework Woldegiorgis gerade noch mit der luziden Klarheit des Sterbenden
die Aufschrift auf dem Kotflügel des Lastwagens lesen – ICH PFEIF AUF
DIE SANKTIONEN –, dann rollten die Reifen über seine Rippen. Ohne jede
Eile legte das Schwarzhemd am Steuer des Wagens den Rückwärtsgang ein.
Die Reifen holperten erneut über den Körper des Trägers, der sich im
Todeskampf wand. Als der Lastwagen ein drittes und letztes Mal über ihn
fuhr, sah Afework den in helles Licht getauchten Erzengel Gabriel. Das
Lastauto entfernte sich in die brennende Nacht, und Afework ging über ins
Paradies.
Aus der Großstadt stieg Rauch auf, der einen besonderen Duft verbreitete.
Die harten Beeren der Eukalyptusbäume platzten auf und verströmten ihr
Aroma. Die mit Benzin übergossenen Hütten aus Stroh und Holz gingen wie
Streichhölzer in Flammen auf. Wer aus ihnen ins Freie floh, den empfingen
Gewehre, Bajonette und Knüppel.
Drei Tage und drei Nächte lang zertraten Schwarzhemden Köpfe alter
Menschen unter ihren Stiefeln, zerschlugen Rücken mit ihren Stöcken. Mit
den Frauen taten sie Dinge, die ihre Leiber in Fetzen rissen, um sie dann von
den Lastwagen herab in die Gräben zu werfen. Unter Peitschenhieben trieben

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