sie Dutzende Männer in Pferche wie Vieh zur Schlachtbank und erschlugen
sie mit Knüppeln und Stöcken; nur wer sich heftig wehrte, wurde erschossen.
Sie stürmten die Häuser, suchten unter den Betten, kein Ort war vor ihnen
sicher. Die Leichen türmten sich in den Straßen, auf den Kreuzungen, vor den
Kirchen. Wieder einmal lief das Blut durch die Straßen von Addis Abeba, in
regen Bächlein, die erst nach Stunden im Staub versickerten. Ganze Viertel
von Hütten, Läden und Gemüsegärtchen sahen am Ende aus, als sei ein
Vulkan ausgebrochen. Aus den nassen Stümpfen der Eukalyptusbäume
stiegen tagelang kleine Balsamrauchfahnen auf.
In jenen Tagen befand sich die anthropometrische Expedition fernab von
Telegrafenmasten und Kommunikationsmitteln. Cipriani ritt auf dem Rücken
eines Esels durch Dörfer, die für Lastwagen unzugänglich waren, begleitet
von ein paar ausgewählten Askaris und Attilio. Der Führer seiner Eskorte
konnte mittlerweile so geschickt die Messinstrumente bedienen, dass der
Anthropologe ihn mitgenommen und Bertoldi mit den anderen Askaris zur
Bewachung des Basislagers zurückgelassen hatte. So erfuhren sie nichts von
den Handgranaten, die am 19. Februar 1937 auf Vizekönig Graziani
geworfen worden waren und denen er nur knapp entronnen war, und auch
nichts von der darauffolgenden Hetzjagd auf die Abessinier. Auf seiner Reise
durch die kahlen Akazien mit Cipriani und seinen Messgeräten wusste Attilio
nichts von alledem; auch nicht, dass die Gemetzel von Leuten in seiner
Uniform angeführt wurden.
Die Schwarzhemden überrannten Addis Abeba mit Haschisch, Alkohol
und dem khat im Blut, mit denen ihre Vorgesetzten sie versorgten, was aber
schon nach wenigen Stunden nicht mehr notwendig war, da keine Substanz
stärker auf die Psyche wirkt als die Erlaubnis, grenzenlose Gewalt
auszuüben. Attilios alter Kriegskamerad Nigro zerquetschte den Brustkorb
eines einjährigen Kindes unter seinem Stiefel, bis die Lungen aus dem Mund
quollen, und band einen Mann mit Armen und Beinen zwischen zwei
Lastwagen fest, die dann in entgegengesetzte Richtungen losfuhren. Selbst
die Ministerialbeamten, die den ganzen Krieg über nie eine Waffe in der
Hand gehalten hatten, benötigten keine Drogen. Von ihren Büros in den
höheren Etagen aus nahmen sie jede schwarze Haut ins Visier, und jeder
Schuss, der ins Ziel traf, wurde von Ehefrauen und Angestellten gefeiert wie
ein Tor der lokalen Fußballmannschaft. Sicher, es gab auch Italiener, die sich
nicht an dem Massaker beteiligten. Manche boten den Abessiniern Zuflucht,
jeff_l
(Jeff_L)
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