Doch Ilaria ist schon über den Hausflur in ihre Wohnung gelaufen, direkt
ins Schlafzimmer.
Ganz oben in dem Regal über ihrem Schreibtisch stehen die Bücher, an
denen sie besonders hängt. Sie fährt mit dem Finger über die Buchrücken und
zieht dann eines hervor. Sie blättert, findet die gesuchte Seite. Sofort rennt sie
zu Attilio zurück und zeigt es ihm. »Sieh dir das an!«
Zwei Abbildungen. Das erste ist ein Foto mit einem Mann mit heller Haut
und blauen Augen, der eine Uhr repariert. Er trägt ein sauberes Hemd, eine
dünne Brille, hat das intelligente und konzentrierte Gesicht eines Menschen,
der ein schwieriges Handwerk sorgfältig und leidenschaftlich ausübt.
Daneben das Doppelporträt – von vorn und von der Seite – eines Mannes mit
nacktem Oberkörper und gerunzelter Stirn. Ilaria hält ihn neben das Bild aus
Ciprianis Buch.
»Das ist derselbe!«
Die Unterschrift unter dem ersten Foto lautet: »Alberto Severini,
Uhrmacher aus Mailand.« Unter dem zweiten: »Afrikanischer Typus.«
»Was ist das für ein Buch?«, fragt Attilio.
»Mein Erdkundebuch aus dem Gymnasium. Kapitel Menschenrassen.«
Ilaria liest auf der Rückseite des Buches: »›Gedruckt 1971.‹ Ich habe es
ein paar Jahre später benutzt.«
»Das glaube ich nicht ...!« Attilios Gabel bleibt in der Luft hängen. »Ihr
habt das Thema Menschenrassen anhand eines Fotos von Lidio Cipriani
behandelt? In den Achtzigern!«
Ilaria fängt an zu lachen.
»Brüderchen, wir sehen uns wohl zu oft. So langsam redest du genau wie
ich.«
Attilios Nudeln mit Auberginen schmecken gut.
Sie essen eine Weile schweigend. Schließlich fragt Ilaria: »Du glaubst
nicht, dass Shimeta der Sohn unseres Bruders ist, stimmt’s?«
»Das ist nicht der Punkt.«
»Ach nein? Was denn dann?«
Attilio wischt sich mit der Serviette über den Mund. »Dass er Gefahr
läuft, umgebracht zu werden, wenn er abgeschoben wird.«
Ilaria legt ihr Besteck auf den Teller. Ihr Magen ist plötzlich wie zu.
Piero Casati sitzt im Taxi, nach einer anstrengenden Sitzung des