gleich in die von Otello. Als die Lehrerin diesen Jungen sah, der ein Jahr
jünger als die anderen war, mit seinen großen blauen, noch kindlichen Augen
und der fröhlichen Intelligenz dessen, der überall beliebt ist, deklamierte sie
das Gedicht Zuneigung:
Da kommt ja unser süßer Kleiner:
Carlo, hübsch und klug wie keiner.
Er spricht gar freundlich, hört es nur,
und unsere Herzen fliegen ihm zu.
Die schlichten Kleider, wie schön sie sind,
und schön sein Gedanke, tief und geschwind.
Sein Haar zerzaust des Windes Gewühl,
in seinen Augen liegt Gefühl.
Attilio sah sich zufrieden um, die anderen Kinder klatschten, und Otello fand
in sein Schicksal der unvollkommenen Kopie zurück.
Dass Ernani nicht am Ersten Weltkrieg teilgenommen hatte, wurde im Hause
Profeti nie thematisiert, was nicht immer ganz einfach war. Italiens Straßen
waren voll mit Kriegsinvaliden, Witwen und Waisen. Und in Lugo in
Romagna lebte die Meisterin aller Witwen Paolina Baracca.
Von klein auf hatte Attilio, wie alle Kinder aus Lugo, gelernt, die
unverwechselbare Gestalt der Mutter des Fliegerasses zu erkennen. Der große
Pilot Francesco Baracca war mit seinem Flugzeug wenige Monate vor Ende
des Ersten Weltkriegs abgestürzt, nachdem ihm ein Heckenschütze vom
Boden aus in die Stirn geschossen hatte. Aus den Luftduellen war er also
unbesiegt und glorreich hervorgegangen. Die majestätische Brust seiner
Mutter Gräfin in der faschistischen Traueruniform war vollbehangen mit
manchmal riesigen Medaillen und Orden, Verdienstkreuzen aus Gold und
Silber, gehalten von bunten Kokarden, die mit jedem Schritt
aneinanderschlugen. Dennoch war Paolinas Gesicht unter dem turbanartigen
Hut nicht traurig, sondern dezent gezeichnet von einem entschlossenen
Fatalismus. Gräfin Baracca drückte mit jeder Geste das Wissen um ihr
Schicksal aus. Sie war das wandelnde Gedächtnis ihres Sohnes. Diese Trauer
einer Mutter, so fest und schlicht wie ein Bollwerk, löste bei allen, die sie
sahen, eine Mischung aus Sympathie, Respekt und Angst aus. Selbst der