jüngsten, der seinen Namen trug und noch ein Teenager war. Der
Verwaltungsbezirk Esquilin bildete den genauen Mittelpunkt im
Autobahnring Grande Raccordo Anulare und war nur zehn Minuten von
Kolosseum und Forum Romanum entfernt. Und er lag im neuralgischen
Dreieck der heiligsten und prächtigsten Basiliken nach dem Petersdom: San
Giovanni, Santa Croce in Gerusalemme und Santa Maria Maggiore.
Trotzdem bewegten die amerikanischen Erbinnen sich lieber im barocken
Überschwang des Campo Marzio, noch immer unbelehrbar auf der ewigen
Suche nach einer Dolce Vita, die seit über dreißig Jahren nicht mehr
existierte. Nie hätten sie den Fuß hierher gesetzt. Ebenso wenig die Künstler
aus Nordeuropa, die sich für die leidenschaftliche Farbe des Fleisches im
römischen Licht verzehrten und dabei die Wohnungen mit den großen
Fenstern und vier Meter hohen Decken links liegen ließen, die sich mit den
absurd niedrigen Preisen des Esquilin-Viertels paarten. Wie im antiken Rom,
als seine Bewohner exquilini genannt wurden, die Auswärtigen, im
Unterschied zu den inquilini, den Einwohnern der eigentlichen Urbs: Teil des
historischen Zentrums zwar, aber seiner nicht würdig. Umso mehr, da die
Zeitungen nun beinahe täglich die Beschreibung »unhaltbarer Zustände« mit
der Nennung des Viertels verknüpften.
Dafür gab es Gründe. Im Norden grenzte der Esquilin an die mit
Erbrochenem verkrusteten Glasscheiben des Bahnhofs Termini, an das
Kommen und Gehen der Halbwüchsigen, die unter den Bäumen von Piazza
Cinquecento ihre Dienste anboten, das Neon der wenigen Bars, die die
eingefallenen Gesichter über den Tässchen mit bitterem Espresso blau
färbten. Piazza Fanti, ihr Park mit den römischen Ruinen und dem Jugendstil-
Amphitheater des alten Römischen Aquariums, wo Ende des neunzehnten
Jahrhunderts Buffalo Bill höchstpersönlich aufgetreten war, trug den
Spitznamen »Piazza Rohypnol«: ein Teppich aus Spritzen im Feuerschein der
nächtlichen Schlaflager. Doch vor allem an der Piazza Vittorio, Herz, Lunge
und Magen des Viertels, konnte man den kompletten Verfall ablesen. Seit
Jahren wurde der Müll des Marktes gewissenlos mitten im Park abgeladen
und seine Eleganz und Schönheit – jahrhundertealte Magnolienbäume, das
Opus Reticulatum des Nymphaeums Alexandri, die Magische Pforte mit
ihren Symbolen der Alchemie – degradiert zur Müllkippe und zum
öffentlichen Klo. Was früher einmal einer der schönsten Plätze der
Hauptstadt gewesen war, wimmelte nun von Ratten, die manchmal so fett
jeff_l
(Jeff_L)
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