schmetterling

(Martin Jones) #1

»Ich dachte – ich war sicher, wir –«
»Lass es geschehen. Wir bleiben doch eine Familie, du kannst Tamy
jederzeit sehen. Aber wenn ich diese Gelegenheit verstreichen lasse –«
»Ich dachte wirklich, du kommst zurück.«
»Ich will nicht das Ende. Glaub mir. Aber ich will einen Anfang.«
»Ich will auch einen Anfang. Mit dir.«
»Luther, ich kann nicht. Nicht so, wie du dir das vorstellst.«
Sie begannen zu viele Sätze mit Ich, als dass von Wir noch die Rede hätte
gewesen sein können. Er hörte nur, dass Jodie ihn verließ, und diesmal würde
es endgültig sein.
»Letzte Nacht, Luther –« Ihre Stimme erreichte ihn über einen Abgrund.
»Das war schön. Aber es hat mir gezeigt, dass es nicht funktioniert. Im
Moment nicht. Es reicht nicht für einen Neuanfang, und – es ging
andererseits zu tief, um so weiterzumachen – ach, ich weiß auch nicht.« Er
sagte nichts, hörte sie atmen. »Morgen hole ich Tamy ab. Auf der Rückfahrt
nehme ich ein paar Sachen mit, die noch im Haus sind. Sei da, ja? Bitte sei
da. Lass uns über alles reden.«
»Du willst Sachen mitnehmen?«
»Einen Koffer voll. Schätze ich.«
»Okay. Okay. Ich bin da.«


Er war nicht da.
Redete sich ein, ihren Ambitionen nicht im Weg stehen zu wollen, doch
die Wahrheit lautete, dass er ihre gemeinsame Nacht rückblickend wie ein
vergiftetes Geschenk empfand. Los Angeles? Zeugs aus dem Haus schaffen?
Was hieß das anderes als das endgültige Aus? Ich will nicht das Ende? Toll!
Wenn sie nicht das Ende wollte, dann sollte sie es verdammt noch mal nicht
herbeiführen. Doch genau das tat sie, und es kränkte ihn zutiefst. Die Jahre
ihres Zusammenlebens verdichteten sich zu einem Punkt, einem schwarzen
Loch, das von innen an ihm fraß. Ihre ausgehungerten Küsse, verschwitzte

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