schmetterling

(Martin Jones) #1

»Schau mich an, Luther. Von oben bis unten.«
Du schaust. Du würdest alles dafür geben, sie an dich zu ziehen, an dir zu
spüren. Dich in ihr zu vergraben.
»Und?« Ihr Ton wird herausfordernd. »Hätte ich diesen wunderbaren
Körper, wenn ich E-Bike fahren würde?«
»Du hättest mehr von diesem wunderbaren Körper.«
»Doppelt so viel.«
»Eher dreimal so viel.« Ihr blödelt rum wie eh und je.
»Ich wäre fett!«
»Genau. Wunderbar fett.«
»Schönheit besteht nun mal aus lauter kleinen Opfern. Was du siehst, ist
der leibgewordene Verzicht.«
»Verzicht? Du meinst die kleine Pause zwischen Einkauf und Einkauf.«
»Askese, du Ignorant.«
»Das lässt wenig Gutes fürs Abendessen hoffen.« Hört sie eigentlich
nichts? Dein Herzschlag müsste in ihren Ohren dröhnen. »Okay, ich besorg
dir den ältesten Drahtesel, den ich finde.«
»Ja, bitte. Ein quietschendes Monster.«
»Ohne Gänge.«
»Mit Hartplastiksitz!«
»Nix. Ausschließlich Stange.«
Sie lacht. »Jetzt wirst du ordinär.«
»Nur der Müde ist vornehm.«
»Der Müde bekommt nichts zu essen. Los, schnapp dir ein Messer und
schneid die Hähnchenbrust klein. Ganz dünne Scheiben.«
Du siehst zu, wie sie Kokosmilch in einen Topf gießt, aufkocht und gelbe
Currypaste hineinrührt. Knoblauch und Ingwer dazugibt. Folie von einer
Plastikschüssel zieht. Karottenschnitze, Brokkoli und Zuckerschoten in der
heißen Sauce ziehen lässt. Gleichmäßig wiegst du die Klinge auf dem Brett,
nie hast du eine Hähnchenbrust mit größerer Präzision zerlegt. Auch die

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