schmetterling

(Martin Jones) #1

»Verschwindet«, sagt Luther. »Ich hole ihn.«
Ohne ihre Kommentare abzuwarten, folgt er dem Kybernetiker in den
Korridor, und sofort wird es dunkel um ihn herum. Schluchtartig der Gang,
die senkrechten Wände in Schatten getaucht. Drei bis vier Lagen hoch stauen
sich die Container, lächerlich schmal der Streifen glimmenden Nebels über
ihm, in dem es vereinzelt zuckt und Schimären umherhuschen.
Vor ihm verhallen Jaydens Schritte.
»Hey!« Luther trabt die Schlucht entlang und versucht, seine Augen ans
Zwielicht zu gewöhnen. »Jayden! Du musst hier raus. Pilar hat recht, in der
Enge kannst du nicht ausweichen.« Ein Seitengang, Licht am Ende, nichts,
niemand. »Was immer das für eine Brut ist, sie scheint durcheinander. Mit
sich selbst beschäftigt. Hast du nicht auch das Gefühl? Auf freiem Feld haben
wir eine Chance, abzuhauen.« Er hält inne, gebeugt, die Handflächen auf die
Knie gestützt. »Jayden? Wo bist du?« Setzt sich wieder in Bewegung. Der
nächste Gang quert, kein Mensch zu sehen. »Mann, wozu rede ich mir
überhaupt den Mund fusselig? Du weißt doch selbst am besten, was ihr da
entfesselt habt und zu was es in der Lage ist!« Stopp. Falsche Taktik,
Zuschanzen des schwarzen Peters. »Okay, vielleicht nicht deine Schuld.
Keine Ahnung, wie du da reingeraten bist, aber ich glaube, du hast das alles
nicht gewollt.« Bloße Spekulation, und wenn. »Hör zu, wir bringen das in
Ordnung. Ich kann zwar nichts versprechen, aber –«
Unversehens steht er vor einer Wand.
»Jayden?«
Schaut nach oben, als seien dem Kybernetiker Flügel gewachsen. Kühl und
feucht sickert es zwischen die Stahlkästen herab. Der Nebel verdichtet sich
mit jeder Sekunde und trägt eine ultimative Trostlosigkeit heran, eine Apathie
erzeugende Furcht vor der eigenen Machtlosigkeit, das Grauen nicht einmal
beim Namen nennen zu können, das aus einer fremden Wirklichkeit
eingebrochen ist. Plötzlich scheint es ihm unmöglich, seinen Weg durch die
tote Containerstadt zurückzuverfolgen. Er legt die Fingerkuppen auf die

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