Die Welt Kompakt - 18.09.2019

(vip2019) #1

DIE WELIE WELIE WELTKOMPAKTTKOMPAKT MITTWOCH,18.SEPTEMBER2019 LIFESTYLE 25


Klitorisspitze und finden Pene-
tration deshalb signifikant weni-
ger toll. Verständlicherweise, die
Klitorisflügel sind ja weniger
trainiert.


Und Männer?
Die Enge oder das Tempo, die
Männer beim Masturbieren mit
der Hand haben, kann eine Vagi-
na meistens nicht leisten. Eine
Frau kann auch nicht so schnell
hoch- und runterhüpfen. Es geht
ganz klar nicht darum, bestimm-
te Masturbationstechniken ab-
zuwerten, aber wenn man dabei
etwas ändern möchte, um eine
schönere Paarsexualität zu ha-
ben, kann man sich fragen: Wie
hätte ich gerne Sex? Ich finde
zum Beispiel Beckenbewegun-
gen unglaublich wichtig, das
kann man beim Masturbieren
üben.


Was kann man noch für eine re-
gelmäßigere und schönere
Paarsexualität tun?
Als Paartherapeutin finde ich
folgende Unterscheidung wich-
tig: Es gibt die individuelle Ebe-
ne, die Paarebene und womög-
lich noch die Elternebene. Se-
xualität passiert auf der Paarebe-
ne, aber um Sex haben zu wollen,
muss man auch die individuelle
Ebene bestätigen. Heißt: Man
muss einen gesunden Egoismus
haben. Wenn man zu sehr ver-
schmilzt, kuschelt man viel mit-
einander, aber der flirtive „Hey,
wer bist denn du?“-Gedanke
geht verloren. Deshalb tut es
auch in einer Partnerschaft gut,
bei sich zu bleiben und zu schau-
en, wie man sich entwickelt, was
einem gefällt. Und sich darüber
auszutauschen – denn das macht
den anderen wieder fremd, sorgt
dafür, dass man wieder Lust be-
kommt, sich zu ködern und ein-
zufangen.


Bei Ihrem Workshop in Berlin
meinten Sie, dass es ein Liebes-
beweis ist, wenn Paare nicht
darüber sprechen, dass Sie
gefühlt zu wenig Sex haben.
Stellen wir uns die Beziehung
mal als Heft mit zehn Seiten vor,
eine davon ist die Sexualität, und
da läuft es nicht so, aber die an-
deren neun Seiten sind super. In
dem Fall begreife ich es auch als
Wertschätzung, wenn jemand
sagt: „Die neun Seiten sind mir
im Moment wichtiger, deshalb
thematisiere ich den Sex nicht,
das kriegen wir schon hin.“ Se-
xualität ist das Intimste, das Ver-
letzlichste, was wir haben. Wenn
wir nicht darüber sprechen, dann
häufig, weil wir die Beziehung
nicht gefährden wollen.


Wie kann man es ansprechen,
ohne die Beziehung zu
gefährden?
Man kann sich folgende Regel
merken: Auf mindestens drei
Wertschätzungen kann eine kon-
struktive Kritik folgen. Wenn je-
mand sagt, „Wir sind seit sieben
Jahren zusammen, aber, ehrlich
gesagt, mochte ich es noch nie
von hinten“, dann ist das keine
Gesprächseinladung. Damit stellt
man eher alles infrage, was man


bisher hatte. Es ist sinnvoller, das
zu bestätigen, was da ist. Zum
Beispiel so: „Ich mag das total,
wenn ich deinen Atem in meinem
Nacken spüre, du mit deinen
Händen an meiner Hüfte bist
und du etwas lauter wirst, kurz
bevor du kommst – das finde ich
total sexy, und das fühlt sich rich-
tig schön an. Und ich habe auch
richtig Lust, mit dir den Wohn-
zimmertisch einzuweihen.“
Dann ist die Bereitschaft beim
anderen mitzumachen, gleich
viel größer.

Und dann: Wie lernt man, sich
wieder gegenseitig zu erregen?
Ich kann erst mal darauf achten,
was mich überhaupt erregt.
WWWenn ich jemand bin, der eineenn ich jemand bin, der eine
genitale Erregung braucht, dann
können das visuelle, taktile oder
auditive Reize sein, also Sinnes-
wahrnehmungen. Wenn ich eher
ein emotionaler Mensch bin, ist
mir Harmonie wichtig, dann
kann ich zum Beispiel nicht
nach einem Streit in Stimmung
kommen. So kann man Stück für
Stück herausfinden, wie die
ideale Situation für Sex aus-
sieht. Solche Dinge kann man
auch gemeinsam mit einem
Sexologen oder Sexualthe-
rapeuten erarbeiten.

Für viele ist es sicher ein Pro-
blem, gar nicht mehr abschal-
ten zu können, immer im Ge-
dankenkarussell festzuhängen.
Ja, das ist häufig das Problem,
wenn Männer Erektionsstörun-
gen haben oder die Frau beim Sex
daran denkt, was sie morgen
noch einkaufen muss. In so einer
Situation kann man sich bewusst
machen, dass das Gehirn nur ei-
ne Sache gleichzeitig kann. Mein
Tipp: auf die Wahrnehmung kon-
zentrieren! Wie fühlt sich das
Bettlaken auf meinem Rücken
an? Oder die Zunge meines Part-
ners zwischen den Beinen? In-
dem man dem Gehirn Sinnesauf-
gaben gibt, gelangt man wieder
ins Hier und Jetzt.

Es gibt also durchaus Lösungen
für das Problem zu wenig Sex.
Ja, aber man muss sich rechtzei-
tig darum kümmern. Muss
schauen: Was ist gut an unserem
Sex? Was soll behalten werden,
was kommt neu hinzu? Man ist
selbst dafür verantwortlich, die
Beziehung so zu gestalten, wie
man sie gerne hätte. Das muss
man auch mit Nachdruck ma-
chen. Denn das Hauptproblem
ist, dass die meisten sich alleine
Gedanken darüber machen, das
Thema vielleicht auch mal ein
bisschen anstupsen, aber dann
vom anderen nicht die Reaktion
bekommen, die sie sich erhofft
haben – weil der Partner viel-
leicht auch mit anderen Dingen
beschäftigt ist. Wenn man dann
anfängt, sich selbst Antworten
auf seine Fragen zu geben und
den anderen nicht mehr mitein-
zubeziehen, dann kann es passie-
ren, dass man sich woanders um-
schaut. Deshalb ist es so wichtig,
kommunikativ dranzubleiben
und klarzumachen: „Das ist für
mich wahnsinnig wichtig.“

J


eder fünfte Deutsche ist,
so besagt es eine Studie
der Universität Leipzig, tä-
towiert. Das erscheint viel,
kommt aber hin, schaut man sich
etwa beim Personal aktueller
„Bachelorette“-Kandidaten um.
Aber tatsächlich sind Tattoos
längst in allen Bevölkerungs-
schichten beliebt: „Früher gehör-
ten Tattoos und Piercings in die
Schmuddelecke. Seemänner und
Prostituierte waren tätowiert.
Heute gelten Menschen mit Kör-
permodifikationen als aufge-
weckte, interessierte Menschen,
die sich zu einer sozialen Gruppe
bekennen“, sagt Elmar Brähler,
emeritierter Professor für Psy-
chologie an der Uni Leipzig.

VON NICOLA ERDMANN

Und die Tendenz ist steigend:
RRRund die Hälfte aller Frauen zwi-und die Hälfte aller Frauen zwi-
schen 25 und 34 Jahren ist laut
Studie tätowiert – 19 Prozent
mehr als 2009. In der Gruppe
der 35- bis 44-Jährigen liegt der
Anstieg bei 15 Prozent. Bei einem
solchen Anstieg wird auch die
Beauty-Industrie aufmerksam.
Nachdem das Thema zunächst
eher von nischigen Labels be-
setzt war, brachte 2017 die Ei-
genmarke Balea von dm die erste
spezielle Tattoopflegelinie auf
den Markt. Aktuell launcht Bei-
ersdorf nach mehr als 30 Jahren
die erste eigene Untermarke –
und zwar nur für Tattoopflege.
Gleich vier Produkte für täto-
wierte Haut kommen unter dem
Label Skin Stories in diesen Ta-
gen auf den Markt, darunter ein
Sonnenschutz, ein Balsam für
das frische Tattoo und Feuchtig-
keitspflege. Wie beim dm-Pro-
dukt ist ein wichtiger Bestandteil
Panthenol, ein Klassiker, den Tä-
towierer schon immer empfeh-
len. Das Neue an den neuen Pro-
dukten von Skin Stories: Sie ent-
halten außerdem Vitamin E und
BerryFlux Vita, einen Wirkstoff
aus den Stammzellen von Him-
beeren, der besonders antioxida-
tiv und feuchtigkeitsspendend
wirken soll. Was gibt es sonst zu
beachten rund ums Tätowieren,
Termine, vorher und nachher?
Florian Böcher ist Managing Di-
rector und Tätowierer bei Kodiak
Tattoo in Hamburg und hat die
wichtigsten Fragen beantwortet:

WELCHE KÖRPERSTELLEN
SIND BESONDERS GUT
ODER SCHLECHT FÜR
TÄTOWIERUNGEN GEEIGNET?

An allen Stellen, die viel bewegt
werden, gerade an Fingern und
Händen, verblasst die Farbe
schneller. An den Fußsohlen et-
wa, die ja extrem stark bean-
sprucht sind, geht es natürlich
besonders schnell. Wünscht
man sich konkret etwa den Arm,
sollte man beachten: Am Unter-
arm passiert weniger als am
Handgelenk. Besonders beliebt
ist tatsächlich der Unterarm,
weil viele Menschen sich wün-
schen, dass man das Tattoo im
Alltag auch gut sieht. Generell:
Kleine Tattoos an sichtbaren
Stellen sind derzeit am häufigs-

ten gewünscht. Im Studio sollte
man dann mit dem Tätowierer
gemeinsam die genaue Positio-
nierung ausprobieren, da kann
ein Millimeter schon verändern,
wie das Tattoo wirkt. Keine
Scheu, das immer wieder neu zu
verschieben, ein guter Tätowie-
rer wird da nie zu einer Ent-
scheidung drängen und einen
auch wieder nach Hause schi-
cken, damit man sich Größe und
Position auch noch mal über
Nacht überlegen kann.

WORAUF MUSS MAN BEI DER
SUCHE NACH DEM RICHTIGEN
TATTOO-STUDIO ACHTEN?

Der Eingangsbereich mit Kasse
und Anmeldung sollte vom Stech-
bereich getrennt sein. Ein gutes
Studio braucht mindestens zwei
Räume oder mehr, um in dem Be-
reich, in dem gestochen wird, die
optimalen hygienischen Bedin-
gggungen aufrechterhalten zu kön-ungen aufrechterhalten zu kön-
nen. Man sollte also nicht beim
Reinkommen direkt neben der
Kasse eine Tätowierliege entde-
cken. Ansonsten empfehle ich da
wie beim Restaurantbesuch vor-
zugehen: Ist es sauber, sind die
Leute, die dort arbeiten gepflegt,
ist der allgemeine Eindruck gut?
Und abgesehen davon: Wie fühle
ich mich hier in dieser Atmosphä-
re? Das ist das wichtigste – das
Motiv begleitet einen dann ein
Leben lang. Wenn die Situation,
in der es gestochen wurde, ko-
misch oder unangenehm war,
dann begleitet einen auch dieses
Gefühl für immer. Also sollte man

sich an dem Tag und mit dem Tä-
towierer gut fühlen.

UND WAS SIND GERADE
BELIEBTE TREND-SYMBOLE?

Viele Wellen, Infinity-Schleifen,
Anker, das stechen wir alles oft.

WAS MUSS MAN AM TAG
VORHER UND ZUM TERMIN
BEACHTEN?

Alles, was Blut verdünnt, ist un-
tersagt. Also keine Aspirin bei
Kopfschmerzen nehmen, keinen
Alkohol trinken. Sonst wird mit
dem verstärkten Blutfluß auch
die Farbe eher mit ausgespült.
Am Tag des Tattootermins dann
sollte man grundsätzlich fit und
gesund sein, damit der Kreislauf
auch mitspielt. Wir haben bei
uns im Studio für alle Fälle auch
Müsliriegel und Getränke.

WIE GEHE ICH MIT HEMMUN-
GEN UM – VOR HIPSTER- ODER
ROCKER-TATTOO-STUDIOS?

Es gibt natürlich Studios, die
sehr hip und sehr cool sind, am
Ende des Tages kochen alle mit
Wasser. Daher sollte man versu-
chen, seine Hemmungen abzule-
gen. In jedem guten Studio kann
man einfach mal vorbeikommen,
es sich anschauen und auch so-
fort wieder rausgehen, wenn
man sich nicht wohlfühlt.

MIT WELCHEN KOSTEN
MUSS ICH RECHNEN?

Das ist nicht pauschal zu beant-
worten. Es geht um die Frage:
Wie detailliert ist es gestaltet?
AAAuch ein kleines Motiv kann sehruch ein kleines Motiv kann sehr
aufwendig sein. Beispiel: Ein
Armband, das vermeintlich nur
ein eckiges Muster rund um den
Arm ist – das ist Königsklasse
und extrem aufwendig. Man
muss überall die gleiche Parallele
stechen, den gleichen rechten
Winkel, das braucht Zeit. Größe
ist also nicht immer das Kriteri-
um. Sondern auch die Frage: Wie
fffein soll und muss es sein? Je fei-ein soll und muss es sein? Je fei-
ner die Nadel, desto weniger ver-
zeiht die Maschine. Jedes Studio
hat aber meist einen Startpreis –
dann kann man häufig auch per
Mail sein Motiv in der gewünsch-
ten Größe schicken, mit der ge-
wwwünschten Stelle, und nach demünschten Stelle, und nach dem
konkreten Preis fragen.

WIE PFLEGT MAN
DAS TATTOO RICHTIG?

Bei uns bekommt man zunächst
ein spezielles Pflaster, Second
Skin nennt sich das, das die Haut
erst mal schützt, damit sie ihre
Barriere wieder aufbauen kann.
Ab dem vierten Tag empfehlen
wir, mit einer pflegenden Salbe
zu beginnen. Es bildet sich dann
auch eine Kruste, an der darf
man auf keinen Fall kratzen,
sonst bildet sich Narbengewebe.
Die Nachsorge ist der wichtigste
Prozess. Da kann der Kunde sein
Tattoo wirklich noch beeinflus-
sen – wer sich richtig kümmert,
kann dafür sorgen, dass es schö-
ner wird und bleibt.

Das sollte


man


wissen,


bevor man


ein Tattoo


stechen


lässt


Alkohol, Studio,


Stelle, Termin:
Ein Tätowierer
erklärt, worauf

Tintenfreunde
achten sollten

TTTattoos sind beliebt wie nie undattoos sind beliebt wie nie und
in allen Bevölkerungsschichten
angekommen

REUTERS

/ PAVEL MIKHEYEV
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