Die Welt Kompakt - 19.09.2019

(C. Jardin) #1

22 KULTUR DIE WELIE WELIE WELTKOMPAKTTKOMPAKT DONNERSTAG,19.SEPTEMBER2019


Film ab. Donnerstags in der WELT.

JETZT im KiNO

vom regisseur von
unD Dem autor vonein FLieHenDes Fami PFLerienD Fest

„Über diese Komödie sprechen (Ehe-)Paare in ganz Deutschland!“„Über diese Komödie sprechen (Ehe-)Paare in ganz Deutschland!

DER
ARthousE
hIt!

Martina Gedeck
ULricH tUkUr

JETZT IM KINO

„Ein interstellares Meisterwerk“–IndieWire
„Atemberaubend“–EMPIRE „Oscar-verdächtig“–SAT.1

/FoxKinowww.AdAstra-Film.de#AdAstra/foxkino/20thCenturyFoxGermany

IM KINO
Bielefeld CinemaxX, CineStar
(+OV), Lichtwerk (OmU)
Bochum Capitol (+OmU), UCI Ki-
nowelt (+OV), Union Kino
(+OV)
Bonn Kinopolis (+OV)
Bremen CinemaxX (+OV), Cine-
space (+OV)
Chemnitz CineStar Am Roten Turm
(+OV)
Darmstadt Helia (OV), Kinopolis,
Düsseldorf Atelier im Savoy (+OmU),
CineStar (+OV), UCI Kino-
welt (+O), UFA Palast (+OV)
Dresden CinemaxX, Neues Rund-
kino (+OV), UCI Kinowelt
Elbe Park (+OV), Ufa Kri-
stall Palast
Essen CinemaxX (+OV), Licht-
burg (+OmU)
Frankfurt/M. CineStar, CineStar Me-
tropolis (+OV), E-Kinos
(+OV), Harmonie (OmU),
Kinopolis (+OV)
Halle/Saale CinemaxX (+OV), Light
Cinemas
Hamburg CinemaxX Dammtor
(+OV), CinemaxX Har-
burg, Studio Kino (OmU),
UCI Kinowelt Mundsburg
(+OV), UCI Kinowelt
Othmarschen Park (+OV),
UCI Wandsbek, Zeise
(OmU)
Hannover Astor Grand Cinema
(+OV), CinemaxX Rasch-
platz (+OV)

Jena CineStar (+OV)
Kiel CinemaxX (+OV)
Koblenz Apollo, Kinopolis (+OV)
Köln Cinedom (+OV), Cineplex
(+OV), Metropolis (OV),
Residenz, Rex
Leipzig Cineplex (+OV), CineStar
(+OV), Regina Palast
(+OV), UCI Kinowelt Nova
Eventis
Marburg Cineplex (+OV)
München Astor Film Lounge (+OV
+OmU), Cinema (OV),
Cincinatti, CinemaxX
(+OV), City (OmU),
Leopold, Mathäser (+OV),
Museum Lichtspiele,
Neues Arena (OmU),
Royal
Münster Cineplex (+OV)
Passau Cineplex,Metropolis (OV)
Regensburg CinemaxX (+OV), Garbo
(+OmU)
Rostock CineStar Capitol (+OV)
Saarbrücken CineStar (+OV), UT Kino-
Center (+OV)
Schwerin Capitol, Mega Movies
Stuttgart Cinema im Marquardt,
CinemaxX im SI-Zentrum
(+OV),Corso (OV), Gloria
(+OV), UFA-Palast (+OV)
Trier CinemaxX (+OV)
Tübingen Blaue Brücke
Ulm Xinedom
Weimar CineStar (+OV), Licht-
haus (OmU)
Wuppertal CinemaxX (+OV),

Aachen Cinnekarree, Eden-Palast
(OV)
Augsburg CinemaxX (+OV), Ci-
neStar (+OV), Liliom
(+OmU), Thalia (OmU)
Berlin Astra Filmpalast, Baby-
lon (OmU), Cinemotion,
CinemaxX Potsdamer
Platz, Cineplex Alhambra
(+OV), Cineplex Neukölln
(+OV), Cineplex Spandau,
CineStar Cubix (+OV),
CineStar Hellersdorf
(+OV), CineStar Sony
Center (OV), CineStar Te-
gel (+OV), CineStarTrep-

tower Park (+OV), Delphi
Lux (OmU), Filmtheater
am Friedrichshain (OmU),
Kino in der Kulturbrauerei
(+OmU), Kino Spreehöfe,
Neues Off (OV), Rollberg
(OV); Titania (+OV), UCI
Kinowelt am Eastgate
(+OV), UCI Kinowelt
Colosseum (+OV), UCI
Kinowelt GropiusPaqssa-
gen, UCI Luxe Kinowelt
Mercedes Platz (+OV),
Union Filmtheater, Zoo-
Palast (+OV), Potsdam:
UCI Kinowelt (+OV)

Ad Astra – Zu den Sternen | ab 19. September in diesen Kinos

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M

an sollte Rambo
auf gar keinen Fall
unterschätzen.
Sonst hat man, eh
man sich auch nur ein lockeres
Stirnband knüpfen kann, einen
explosiven Pfeil in der Brust,
oder es werden einem mit dem
Bowie-Messer die Eingeweide
rausgeschnitten. Unangenehm.
Passierte über die Jahre aber je-
der Menge Komparsen. Spätes-
tens in „John Rambo“, dem
vierten Teil und Nachklapp zu
der Achtzigerjahre-Trilogie, der
2008 rauskam, musste man für
die Deppen, die dem vermeint-
lich chancenlosen Einzelgänger
immer noch treuherzig in die
Arme liefen, kein Verständnis


mehr haben. Und im neuen
Film schon wieder. Haben die
alle kein Netflix-Abo?

VON JAN KÜVELER

Die Ignoranten unter den Zu-
schauern haben hingegen zwar
das Glück, heil davonzukom-
men, ansonsten gilt für sie aber
das Gleiche: Auch sie machen
den Fehler, die Rambo-Filme zu
unterschätzen, indem sie sie
vorschnell als rassistische, frau-
enfeindliche Machwerke abtun.
Das stimmt zwar in gewisser
Weise – die Bösen sind, zumin-
dest seit Teil zwei, die Vietna-
mesen, die Russen, die Burme-
sen und jetzt die Mexikaner,

und die Frauen haben nichts
weiter zu tun, als auf dämlichs-
te Weise in Fallen zu tappen
und sich dankbar retten zu las-
sen. Aber wer die Filme darauf
reduziert, verkennt ihr psycho-
analytisches Potenzial. Es ist,
als würden die USA schlafen,
und „Rambo“ wäre ihr finsters-
ter Albtraum. Die verdrängten
Ängste, Neurosen, Phobien,
Allmachtsfantasien liegen offen
zutage und manifestieren sich
in der Handlung.
Im ersten „Rambo“, übrigens
einer Literaturverfilmung eines
Romans von David Morrell,
vollzog sich das im Modus un-
missverständlicher Selbstkri-
tik. Ein traumatisierter Viet-

namveteran trägt den Krieg zu-
rück in die Heimat, im Clinch
mit der protofaschistischen
Provinzpolizei. Die Folgefilme
gingen über Rambos beschädig-
te Psyche leichtfertig hinweg,
es waren eben die Achtziger.
Am Ende des letzten Films
trabte John Rambo, während
die Credits liefen, wie ein lah-
mes Pferd eine staubige Ein-
fahrt entlang, im Hintergrund
die elterliche Farm. Der verlo-
rene Sohn war nach Hause zu-
rückgekehrt. Dort beginnt nun
„Rambo: Last Blood“, der im Ti-
tel auf das „First Blood“ des
ersten Teils antwortet.
Er ist der mit Abstand psy-
choanalytischste Film der Rei-
he, jedes Bild eine ausagierte
Metapher. Er ist feinsinniger
denn je, auch wenn das ange-
sichts der exzessiven Gewalt
kaum zu glauben ist. Diesmal
bekämpft Rambo keine Ar-
meen, dringt in keine Panzer
ein und bringt keine Helikopter
zum Absturz, bewaffnet mit
nichts als Pfeil und Bogen.
Stattdessen liegt er zum ersten
Mal auf der Couch, sozusagen
im Schützengraben der Psyche.
Einmal fragt er seine Quasi-
Adoptiv-Tochter, was sie ihren
Freundinnen erzähle, warum
sich unter ihrem Garten ein
weitverzweigtes Stollenge-
flecht erstrecke. „Weil mein
Onkel gern gräbt“, antwortet
sie da. „Und weil er ein biss-
chen verrückt ist.“
Tagsüber hält Rambo, wie er
bei Gelegenheit zugibt, müh-
sam den Deckel auf dem Kerker,
in dem die Dämonen wohnen.
Des Nachts zieht er sich in den
Untergrund zurück, in die sub-
terrane Festung der eigenen Pa-
ranoia. Die harmlos drein-
schauende Farm oberhalb der
Grasnarbe ist pure Tarnung, ein
geheucheltes Zugeständnis an
die dringendsten Gebote der
Zivilisation. Unten heulen aus
schäbigen Megafonen die Doors
in Endlosschleife den ewigen
Soundtrack zu allen Vietnamfil-
men, auch denen, die nur im ei-
genen Kopf laufen: „Five to one,
baby, one in five/ No one here
gets out alive.“
Das Zaumzeug des Gesell-
schaftszwangs fällt von Rambo

bald ab, so wie er später die
Pferde laufen lässt, um sie im
finalen Gefecht nicht zu ge-
fährden – seine Sympathie gilt
stets dem Tier, nie der Bestie
Mensch. Es gibt Ärger in Mexi-
ko, das, so zeigt es der Film, al-
lein von verräterischen
Schlampen und monströsen
Menschenhändlern bevölkert
ist, die einem bei erster Gele-
genheit den geliebten Erb-
schmuck klauen und K.o.-Trop-
fen in den Drink träufeln. Ei-
nerseits ist die Entführung des
minderjährigen Teils der Er-
satzfamilie eine Tragödie. An-
dererseits aber bietet sie die
lang ersehnte Ausrede, endlich
die Pillen abzusetzen. Rambo
ist sichtlich erleichtert, an der
heimischen Esse keine Brieföff-
ner mehr schmieden zu müs-
sen, sondern ein neues Bowie-
Messer, also eines dieser mar-
tialischen Dinger mit Zacken
an der einen Seite. Es sieht so
irre gefährlich aus, dass es
selbst den verwöhnten mexika-
nischen Zuhälter danach gelüs-
tet, und der hat ja schon fast al-
les gesehen. Er schnappt es
sich und schneidet Rambo in
einem selten günstigen Mo-
ment ein X in die Wange, Un-
terschrift der internationalen
Analphabeten.
Sylvester Stallone war schon
immer ein Kunstwerk, seit al-
ters her trägt er das Antlitz ei-
nes traurigen Renaissance-
Jünglings auf einem promethei-
schen Körper, auch noch mit 73.
Die Melancholie seines Blickes
beglaubigt jedes Gemetzel zum
Arthouse. Zugleich sagen die
Augen: Das Einzige, was hier
Unterschlupf findet, sind mei-
ne Lider. Stallones Opfer mö-
gen zahlreich sein, doch sie
sterben in Schönheit.
Eine mexikanische Journa-
listin, gespielt von Paz Vega,
läuft einzig zu dem Zweck he-
rum, die bürgerliche Vernunft
zu repräsentieren. Der Mäd-
chenhändlerclan hat ihre
Schwester auf dem Gewissen.
Aber sie sagt, wir dürfen nicht
zu den gleichen Mitteln grei-
fen, wir müssen darüber hin-
wegkommen.
Dann kommt der Krieg nach
Hause, wie einst im ersten Teil,
nur diesmal statt mit bösen
Rednecks mit bösen Mexika-
nern. Das ist nicht so schlau
und nicht so scharf gedacht wie
damals, als Rambo auf sich
selbst zielte, ins Herz Ameri-
kas. Nun hat der Verfolgungs-
wahn der Trump-Jahre Gestalt
angenommen. In schwarzen
SUV rast sie heran, die mexika-
nische Bedrohung, diese letzte
manifeste Nemesis eines ver-
unsicherten Landes, das über
seine vielen Kriege alt gewor-
den ist, genau wie der Krieger,
der es verteidigt.
Am Ende steht, wie am An-
fang, eine ausbuchstabierte Me-
tapher. „Du hast mir das Herz
herausgerissen“, sagt Rambo.
„Und jetzt werde ich dir deins
herausreißen.“ In diesem Film
hat Melancholie die Form eines
Messers.

Letztlich zielt er aufs eigene Herz: Sylvester Stallone

UNIVERSUM FILM

/ YANA BLAJEVA

Dieser Film


ist Amerikas


Albtraum


In „Rambo: Last


Blood“ stellt sich


Sylvester Stallone


seinen Dämonen

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