FRANKFURTER ALLGEMEINE ZEITUNG Sport DONNERSTAG, 12. SEPTEMBER 2019·NR. 212·SEITE 27
NeunBiathleten entlastet
Neun unter Doping-Verdacht stehende ka-
sachische Biathleten sind entlastet wor-
den. Das teilte der Internationale Biath-
lon-Verband am Mittwoch mit. Das Anhö-
rungsgremium sei zu dem Schluss gekom-
men, dass „die vorgelegten Beweise nicht
die Schlussfolgerung rechtfertigen, dass es
sich um eine verbotene Methode handel-
te“, die eine Sperre nach sich ziehen wür-
de. Die vorläufigen Sperren wurden aufge-
hoben. (dpa)
Stadionverbot für Frauen bleibt
Iran will trotz weitreichender Proteste am
Stadionverbot für Frauen festhalten. „Un-
ter den derzeitigen Umständen ist die An-
wesenheit der Frauen in den Stadien nicht
ratsam“, sagte Stabschef Mahmud Waesi
am Mittwoch nach Angaben der Deut-
schen Presse-Agentur der Nachrichten-
agentur Mehr. Es gebe weiterhin von
männlichen Fans „vulgäre Beschimpfun-
gen“ in den Stadien. In der vergangenen
Woche war die Fußballanhängerin Sahar
Chodajari gestorben, die im März verhaf-
tet worden war, als sie versuchte, verklei-
det ein Spiel von Esteghlal in Teheran zu
besuchen. Als sie Anfang September zu
sechs Monaten Haft verurteilt wurde, zün-
dete sie sich vor einem Teheraner Gericht
an. Ihr Tod hat eine Protestwelle und Soli-
darisierung unter den Spielern der irani-
schen Männer-Nationalmannschaft ausge-
löst. Die Agentur Reuters berichtete, der
Internationale Fußballverband wolle Be-
obachter nach Teheran schicken, die prü-
fen sollen, wie die Vorbereitungen auf das
WM-Qualifikationsspiel gegen Kambo-
dscha am 10. Oktober laufen, bei dem
Frauen der Besuch zugesagt ist. (F.A.Z.)
Witold Banka, 34 Jahre alter Minister für
Sport und Tourismus in Polen und ehema-
liger 400-Meter-Läufer, ist im Mai in Mont-
real von den Regierungsvertretern zum
künftigen Präsidenten der Welt-Anti-Do-
ping-Agentur (Wada) gewählt worden. Im
November wird der Stiftungsrat der Wada
bei der Welt-Anti-Doping-Konferenz in
Kattowitz seine Wahl bestätigen.
Bei der Leichtathletik-Weltmeister-
schaft 2007 in Osaka sind Sie Ihre Best-
zeit von 46,11 Sekunden über 400 Me-
ter gelaufen. In Deutschland wären Sie
heute damit die Nummer zwei, weltweit
die Nummer 164. Was sagt die Zeit
über Sie als Athlet?
Ich war nicht so gut, wie ich sein woll-
te. Sport hat mich gelehrt, bescheiden zu
sein. Nach Osaka war ich ganz dicht
dran, der polnischen Olympia-Staffel
von Peking 2008 anzugehören. Aber ich
hatte einen schwierigen Moment in mei-
nem Leben; mein Trainer starb, der mein
zweiter Vater war. Das war der Anfang
vom Ende meiner sportlichen Karriere.
Sie hat meinen Charakter geprägt.
Sie haben politische Wissenschaft stu-
diert.
Und ich habe eine Firma für Öffent-
lichkeitsarbeit geführt.
Ihre 46,11 Sekunden erregten keinerlei
Verdacht?
Ich gehörte nicht zur ersten Liga der
polnischen Leichtathleten.
Kann eine Leistung allein Verdacht erre-
gen? Kann ein Athlet verdächtig stark
sein?
Gewiss, es gibt so etwas wie ein Unwohl-
sein mit bestimmten Leistungen und Athle-
ten. Aber ohne Beweise geht es nicht. Ich
glaube, dass Sport die beste Erziehung für
junge Menschen ist. Deshalb sollten wir al-
les dafür tun, dass die Athleten sauber
sind. Dies ist das eine große Ziel: sauberer
Sport. Sport kann Menschen verbinden.
Diese Idee sollten wir verteidigen.
Ihre größten Erfolge waren der Sieg bei
der U-23-Europameisterschaft...
In Erfurt 2005. Mein Debüt in der pol-
nischen Nationalmannschaft.
... und 2007 Platz eins bei der Universia-
de in Bangkok. Ihre größten Erfolge hat-
ten Sie, auch mit Platz drei in Osaka, in
der Staffel ...
Im Team war ich besser als allein. Ich
bin ein Mannschaftsspieler. Bis heute.
Man ist nur so stark wie das Team, das
man hat. Das war in meiner Firma so, ist
so in meinem Ministerium, und das wird
auch bei der Wada so sein. Man hat nur
Erfolg mit einem erfolgreichen Team.
Sie treten Ihr Amt als Präsident der
Wada am 1. Januar 2020 an. Werden
Sie dieses Ehrenamt zusätzlich zu Ih-
rem Amt als Minister bekleiden?
Nein, nein. Meine Amtszeit als Minis-
ter endet wohl im November, und ich
habe vor, nicht mehr Regierungsmitglied
zu sein. Man muss unabhängig sein.
Selbst wenn die Regeln das nicht vor-
schreiben würden, hätte ich so entschie-
den. Minister zu bleiben wäre der klassi-
sche Fall eines Interessenkonflikts.
Endet damit Ihre politische Karriere?
Es ist das Ende meiner Zeit als Minis-
ter. Ich erwarte viele neue Herausforde-
rungen: die Wada transparenter zu ma-
chen, das Anti-Doping-System zu stär-
ken, die Haltung gegenüber den Medien
zu verändern.
Kehren Sie damit in die Welt des Sports
zurück?
Ich glaube, es ist ein gutes Zeichen für
die Wada, dass ein ehemaliger Athlet sie
führen wird. Ich bin kein typischer Politi-
ker. Ich bitte um die Chance, den Athle-
ten beweisen zu dürfen, dass ich einer
von ihnen bin. Meine starke Seite als
Wada-Präsident wird sein, dass ich die
Probleme der Athleten verstehe.
Teilen Sie den Eindruck, dass es eine
wachsende Kluft gibt zwischen den Or-
ganisationen des Sports und den Athle-
ten, auch zwischen Wada und ihren Ath-
letenvertretern?
Athleten sollten in der Bekämpfung
von Doping engagiert sein, auch bei den
Entscheidungen. Wir sollten die Position
der Athleten stärken. Eine der Schwä-
chen der Wada, das hat auch die Russ-
land-Krise gezeigt, war der Mangel an
Kommunikation mit Athleten. Das Anti-
Doping-System ist komplex und sehr bü-
rokratisch; viele Prozeduren, viele Verfah-
ren. Es ist für Athleten nicht einfach, alle
Aspekte zu durchdringen. Meine Heraus-
forderung besteht darin zu beweisen, dass
die Wada für die Athleten da ist. Ich will
alle Stakeholders der Wada verbinden:
Athleten, die Nationalen Anti-Doping-
Agenturen, die olympische Bewegung
und auch die Medien. Wir haben alle das-
selbe Ziel: den Sport aufräumen, Betrüger
aus dem Sport entfernen.
Als Sie vor vier Jahren Minister wur-
den, hatte Polen keine Anti-Doping-
Agentur.
Doch, es gab eine Anti-Doping-Agen-
tur, sie war aber nicht ausreichend effi-
zient. Unser Anti-Doping-System ent-
sprach vor 2016 nicht dem Kodex der
Wada; es war mäßig. Ich habe Rechts-
änderungen veranlasst, ich habe das
Budget für Doping-Kontrollen erhöht.
Wir haben die neue Polnische Anti-Do-
ping-Agentur Polada gegründet. Wir ha-
ben ein Doping-Kontrolllabor, das un-
abhängig vom Sportinstitut und von der
Wada akkreditiert ist. Ich habe konkrete
Änderungen vorgenommen. Dies war viel-
leicht der wichtigste Grund dafür, dass
meine Kollegen aus den anderen
europäischen Regierungen sich von mei-
ner Kandidatur haben überzeugen lassen.
Trauen Sie sich zu, das Vertrauen von
Beckie Scott zurückzugewinnen, der
Vorsitzenden des Athleten-Komittees
der Wada, die in bitterem Streit mit der
Wada liegt?
Als künftiger Wada-Präsident möchte
ich mit allen Athleten in Dialog treten.
Ich will die Wada transparenter machen.
Ich will ihr Ansehen verbessern ebenso
wie das Verhältnis zu den Athleten. Ich
werde immer offen für Gespräche und
zur Zusammenarbeit, auch mit Beckie
Scott, sein. Als Mitglieder des Exekutiv-
Komitees hatten wir oft miteinander zu
tun.
Die Regierungsvertreter haben Sie mit
10:8 Stimmen gewählt. Zuvor hatten
Sie sich bei den europäischen Regie-
rungsvertretern gegen die norwegische
Ministerin und Wada-Kritikerin Linda
Helleland durchzusetzen. Sind Sie der
Kandidat des IOC-Präsidenten Thomas
Bach?
Ich bin unabhängig. Ich komme aus
der Athleten-Sphäre. Ich bin der Kandi-
dat der Regierungen, die die Wada zur
Hälfte finanzieren und die abwechselnd
mit dem IOC den Präsidenten stellen. Ich
will der Kandidat der Veränderung sein.
Ich habe während meiner Kampagne mit
allen gesprochen: Athleten, Nationalen
Anti-Doping-Agenturen, mit allen Betei-
ligten. Ich bin keiner, der Angst davor
hat, Entscheidungen zu treffen. Glauben
Sie mir: Ich werde harte Entscheidungen
treffen.
Streben Sie an, Mitglied des IOC zu
werden?
Ich bin der künftige Präsident der
Wada, und ich bin unabhängig. Es ist
nicht mein Ziel, IOC-Mitglied zu werden.
Würden Sie es als Interessenkonflikt
betrachten, zugleich dem IOC anzugehö-
ren und die Wada zu führen?
Ich verzichte auf das Amt des Minis-
ters, um unabhängig zu sein. Das sind
meine Ziele: das Budget für die Doping-
Bekämpfung zu erhöhen, die Betrüger
aus dem Sport zu werfen, die Anti-Do-
ping-Politik zu stärken.
Wie stellen Sie sich das vor?
Wir haben nur circa dreißig von der
Wada akkreditierte Labors auf der gan-
zen Welt. Das Budget der Wada reicht
nicht aus, strenge Kontrollen überall vor-
zunehmen. Deshalb schlage ich einen
Anti-Doping-Solidaritäts-Fonds vor. Des-
halb fordere ich, die Zahl der Kontrollen
zu erhöhen. Fast zehn Prozent der Me-
daillengewinner der Olympischen Spiele
von Rio 2016 stammten aus Ländern
ohne Anti-Doping-Politik oder mit ei-
nem schwachen Anti-Doping-System.
Jeder zehnte Medaillengewinner war
vorher nicht getestet worden?
Schauen Sie nach Afrika. Die zu gerin-
ge Anzahl der Kontrollen auf diesem
Kontinent ist eine Herausforderung für
die Zukunft. Gegenüber Athleten aus
Ländern mit starken Kontrollen ist das
unfair. Deshalb brauchen wir, unter ande-
rem in Afrika, mehr Kontrollen. Deshalb
brauchen wir Partnerschaften zwischen
starken Nados und Nados, die sich noch
entwickeln müssen. Es gibt ein einziges
Anti-Doping-Labor auf dem ganzen Kon-
tinent, in Südafrika. Wir müssen die Zahl
der Labors in Afrika erhöhen.
Halten Sie es für möglich, Doping voll-
ständig zu verhindern?
Das Doping werden wir aus dem Sport
nicht voll ausrotten, so wie Verbrechen
aus dem Alltag nicht eliminiert werden
können. Es wird immer jemanden geben,
der uns betrügen möchte. Aber dank ei-
nes größeren Engagements können wir
diese Erscheinung einschränken. Bemü-
hungen sind unsere Pflicht.
Woher soll das Geld für den Solidari-
täts-Fonds kommen?
Von großen Sponsoren etwa. Das wird
eine meine großen Aufgaben sein, mit ih-
nen und mit der öffentlichen Hand zu
sprechen und sie zu einem stärkeren En-
gagement für den sauberen Sport zu er-
muntern. Ich kann mir vorstellen, dass es
dem Image großer Unternehmen auf der
ganzen Welt zuträglich wäre, wenn sie in
die Integrität des Sports investierten. Als
ich großen polnischen Sponsoren die
Idee vorgestellt habe, waren sie interes-
siert. Ein solches Engagement ist Teil
von Corporate Social Responsibility.
Können Sie sich vorstellen, darum zu
kämpfen, dass ein Prozent aller Spon-
sorgelder im Sport in die Doping-Be-
kämpfung geht?
Das wäre schwierig, aber es ist eine
großartige Idee. Sponsoren, Regierun-
gen, alle müssen verstehen, dass die Zu-
kunft des Sports in seiner Integrität liegt.
Wir sollten die Betrüger ausrotten. Wir
sollten für die schöne, saubere olympi-
sche Idee kämpfen: schneller, höher, stär-
ker – ohne Doping, ohne Betrüger.
Wie soll das praktisch aussehen?
Unglücklicherweise sind Doper sehr in-
novativ. Wir sollten dafür sorgen, dass die
Doping-Bekämpfer genauso innovativ
sind und über Mittel für die Umsetzung die-
ses Ziels verfügen. Ohne Geld, ohne Er-
mittlungen und ohne Zusammenarbeit mit
den Geheimdiensten geht das nicht. Ohne
all das kriegen wir die Betrüger nicht.
Mit Geheimdiensten?
Das ist die Zukunft. Wir brauchen Zu-
sammenarbeit, Ermittlungen, Experten,
die Untersuchungen durchführen.
Der Leiter der Ermittlungsabteilung der
Wada ist ein Polizist aus Deutschland ...
Mister Günter Younger, ich habe gro-
ßen Respekt vor ihm. Die jüngste Koope-
ration mit Europol...
... Durchsuchungen und Festnahmen in
mehr als dreißig Ländern bei der Opera-
tion „Viribus“.
Dies ist meine Vision. Ohne Ermittlun-
gen, ohne Geheimdienste können wir die
Situation nicht verbessern. Doping-Be-
kämpfung heutzutage bedeutet nicht al-
lein Kontrollen und Proben. Wir brauchen
verdeckte Ermittlungen und Experten da-
für.
Spätestens seit dem McLaren-Report
wissen wir, dass auch Doper von ihrem
Geheimdienst unterstützt wurden, zumin-
dest bei der großangelegten Betrügerei
der Russen bei ihren Olympischen Win-
terspielen von Sotschi 2014. Wie haben
Sie auf die Enthüllung reagiert?
Das ist offensichtlich ein Desasterfür
den sauberen Sport. Wir sollten in sol-
chen Fällen sehr hart, sehr streng reagie-
ren. Die Wada analysiert derzeit die Da-
ten, die wir aus dem Moskauer Labor er-
halten haben. Wir müssen auf die letz-
ten Analysen warten. Wenn wir Manipu-
lationen an den gelieferten Daten erken-
nen, wird die Reaktion hart sein.
Wie ist Ihre Haltung in diesem Fall?
Meine Haltung im Doping-Skandal in
Russland ist ganz klar: keine Toleranz ge-
genüber denjenigen, die gedopt haben,
und denjenigen, die dabei mitgewirkt ha-
ben.
Wen betrachten Sie als Betrüger? Das
IOC will die einzelnen Athleten bestra-
fen, lässt aber das Nationale Olympi-
sche Komitee Russlands zu den Olympi-
schen Spielen zu. Der Weltverband der
Leichtathleten hat den russischen Ver-
band bis heute suspendiert, Sportlerin-
nen und Sportler dürfen international
nur mitmachen, wenn sie regelmäßige
Tests nachweisen und wenn sie als neu-
trale Athleten starten. Mit welcher Hal-
tung sympathisieren Sie?
Die Wada analysiert im Moment drei-
hundert verdächtige Proben aus dem
Moskauer Labor. Sie wird die Verbände
über die Ergebnisse informieren. Ich er-
warte scharfe Reaktionen.
Sehen Sie eine Verantwortung von Ver-
bänden, dem Nationalen Olympischen
Komitee oder gar dem Staat?
Wir sollten uns darauf konzentrieren,
die Zahl der Kontrollen zu erhöhen und
die Betrüger aus dem Sport auszuschlie-
ßen. Selbstverständlich: Auch auf eventu-
elle Verbrechen, die durch verschiedene
Akteure und juristische Personen began-
gen wurden, sollten wir natürlich hart rea-
gieren. Aber dafür brauchen wir harte Be-
weise.
Die Manipulationen des Sports im Ost-
block sind für Sie Geschichte; die Berli-
ner Mauer fiel wenige Tage, bevor Sie
fünf Jahre alt wurden. In Deutschland
haben wir tief gegraben, um die staatli-
che und die individuelle Verantwortung
für systematisches Doping im Sport der
DDR zu klären. Ist so etwas auch in den
anderen ehemals sozialistischen Län-
dern nötig?
Alle Maßnahmen, die zur Klärung der
Vergangenheit beitragen und den Sport
sauber machen lassen, sind gut und soll-
ten getroffen werden. Was Sie über Ihr
Land sagen: Jetzt haben Sie ein sehr star-
kes Anti-Doping-System. Deutschland ist
einer der starken Partner in der Doping-
Bekämpfung. Es ist ein guter Partner für
Länder mit einer schwachen Doping-Be-
kämpfung. Wir wollen einen Mechanis-
mus schaffen, der den Ländern aus Ost-
und Mitteleuropa ermöglicht, mit Hilfe
starker Partner ihr Anti-Doping-System
zu verbessern. Die Rolle Deutschlands da-
bei ist sehr wichtig.
Wir haben gelernt, dass systematisches
Doping auch Opfer geschaffen hat.
Zweitausend Menschen, die als Kinder
und Jugendliche gedopt wurden, leiden
heute unter schweren körperlichen und
psychischen Folgen. Der Staat hat meh-
rere Hilfsfonds aufgelegt, der jüngste ist
gerade auf 13 Millionen Euro aufge-
stockt worden. Ist für Sie die Vorstel-
lung akzeptabel, dass gedopte Athleten
Opfer sein können?
Mein Ansatz ist, dass ich Betrüger nicht
rechtfertigen kann. Wer Athlet ist, muss
sauber sein. Ich verstehe als Doping-Op-
fer diejenigen, die Opfer des Betruges ge-
worden sind, Athleten, die von Dopern
um ihre Erfolge gebracht worden sind.
Wir sprechen von Kindern, denen ohne
ihr Wissen gefährliche Substanzen ver-
abreicht wurden, kleine Turnerinnen,
Schwimmerinnen.
Sie sind Opfer von Verbrechen. Es ist
Aufgabe von staatlichen Stellen, ihnen
zu helfen. Aber wir können nicht durchge-
hen lassen, dass Athleten, die wussten,
dass sie dopen, sich als Opfer darstellen.
Das ist ein Unterschied, ahnungslose, un-
schuldige Kinder hier, betrügerische Ath-
leten dort. Den einen muss man helfen,
bei den anderen erscheint es mir sehr
schwierig. Viele Doper behaupten, so-
bald sie erwischt werden, dass sie von
nichts gewusst hätten.
Generell ist der Anreiz für Erfolg im
Sport umso größer, je ärmer der Athlet,
je ärmer das Land ist, aus dem er
stammt. Damit ist auch der Anreiz für
Doping umso größer. Würde es Athleten
unabhängiger machen, wenn das Inter-
nationale Olympische Komitee sie an
den Milliarden beteiligen würde, die es
für Werbe- und Fernsehrechte be-
kommt, in dem Sinne, dass ein solches
Einkommen immun macht gegen die
Versuchung des Dopings?
Aber Sie rechtfertigen die Betrüger!
Man darf Doping nicht dadurch entschul-
digen, dass Athleten aus armen Ländern
kommen.
Ich glaube, dass ich die Realität be-
schreibe. Schauen Sie nach Kenia.
Deshalb richte ich meinen Fokus auf
Afrika. Auch gegenüber den Athleten
aus Ländern mit einer starken Anti-Do-
ping-Politik wie den deutschen haben
wir die Pflicht, unsere Kontrollen in den
Ländern mit schwachen Systemen zu ver-
stärken. Afrika hat das Recht auf eine
saubere Umgebung für seine Athleten.
Das Gespräch führteMichael Reinsch.
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Main Tour, Schanghai Masters, Viertelfinale. 12.25 –
17.45 Uhr, Radsport, Vuelta a España, 18. Etappe.
F.A.Z.FRANKFURT.Im Strafverfahren
gegen die früheren Radrennfahrer Alex-
ander Winokurow und Alexander Kolob-
new vor einem Gericht in Lüttich (Bel-
gien) fordert die Staatsanwaltschaft sechs
Monate Haft für beide und Geldstrafen in
Höhe von 100 000 Euro für Winokurow
und 50 000 Euro für Kolobnew. Das berich-
tet die französische Sporttageszeitung
„L’Équipe“. Die Staatsanwaltschaft hält es
für erwiesen, dass der Kasache Winoku-
row dem Russen Kolobnew für den Sieg
beim Eintagesrennen Lüttich–Basto-
gne–Lüttich 150 000 Euro gezahlt habe.
Beide hatten sich bei dem Rennen 17 Kilo-
meter vor dem Ziel abgesetzt. Bei einer
Untersuchung des Doping-Arztes Michele
Ferrari waren Geldflüsse vom früheren
T-Mobile-Profi Winokurow (Olympiasie-
ger von 2012 und Olympiazweiter von
an Kolobnew (Olympiadritter von
aufgefallen. Die Staatsanwaltschaft
beantragt laut „L’Équipe“ die Einziehung
der 150 000 Euro, die während der Unter-
suchung auf einem Konto Kolobnews in
der Schweiz beschlagnahmt wurden. Die
Anwälte der Fahrer beantragten Frei-
spruch. Ein Urteil wird für den 8. Oktober
erwartet.
Radsport,Vuelta á España, 17. Etappe, Aranda de
Duero – Guadalajara (219,60 km): 1. Gilbert (Bel-
gien) – Quick-Step 4:20:15 Std., 2. Bennett (Ir-
land) – Bora-hansgrohe + 2 Sek., 3. Cavagna
(Frankreich) – Quick-Step. – Gesamtwertung: 1.
Roglic (Slowenien) – Jumbo 66:43:36 Std., 2.
Quintana (Kolumbien) - Movistar + 2:24 Min., 3.
Valverde (Spanien) - Movistar + 2:48.
Gewinnzahlen,Lotto am Mittwoch: 3 - 8 - 17 -
28 - 38 - 42. – Superzahl: 1. – Spiel 77: 2 2 2 0 8 5
- – Super 6: 2 7 9 6 9 4 (ohne Gewähr).
„Schauen Sie
nach Afrika“
Winokurow:
Haft-und
Geldstrafe gefordert
Ergebnisse
DerPole Witold
Banka will
als Wada-Chef mit
Geheimdiensten
zusammenarbeiten.
Foto Imago
Sport live im Fernsehen
Derdesignierte Wada-Chef Witold Banka über seine
Vorstellung vom Anti-Doping-Kampf, warum er nicht ins
IOC drängt, und weshalb er findet, dass der afrikanische
Sport unfair gegenüber der Konkurrenz ist.
Mietendeckel gegen Staatsziel
Berlin plant die Begrenzung der
Wohnungsmieten. Das gefährdet das
staatliche Ziel der Daseinsvorsorge.