Der Tagesspiegel - 07.09.2019

(John Hannent) #1

D


as hatte sich Veli Tuncer anders
vorgestellt. Sein „Velis Restau-
rant“ in der Stresemannstraße 99
am Anhalter Bahnhof wollte der 62-Jäh-
rigemitseinerFamiliegernbisinsRenten-
alter hinein führen. Doch dann kam mit
dem neuen Eigentümer Grand City Pro-
perty das Aus: Das seit 2004 bestehende
MietverhältniswirdzumJahresendenicht
verlängert. Auch für die Nachbargebäude
laufen diebisherigenNutzungenaus.
Zu demGebäudekomplex ander Strese-
mannstraße 95-99gehörtauch ein16-ge-
schossiges Hochhaus, das bis 2014 als
Hotel Bel Ahr genutzt wurde. Seit 2015
diente es als Notunterkunft für Flücht-
linge.Die Sprecherin von GrandCity Pro-
perty, Katrin Petersen, teilte auf Anfrage
dieserZeitung mit:„Alle Mietverträgeen-
den vertragsgemäß automatisch zum
31.12.2019.“
Laut Auskunft von Regina Kneiding,
Sprecherin derSenatsverwaltung fürInte-
gration, Arbeit und Sozialeswirddas ehe-
malige Hotel zur Zeitnoch alsErstaufnah-
meeinrichtung betrieben. Zur Zukunft
des Hauses sagte sie: „Derzeit prüfen wir,
ob wir diese Unterkunft noch weiter be-
treiben werden.“ Der für Friedrichs-
hain-Kreuzberg zuständige Baustadtrat
Florian Schmidt
(Grüne) geht aller-
dings davon aus, dass
dieUnterkunftfür Ge-
flüchtete zum Jahres-
ende schließt, wie er
auf Anfrage mitteilt.
Was aus dem Kom-
plex, der in den Jah-
ren 1992 bis 1994
nach Entwürfen der
Architekten Christian
Faber und Klaus D.
Krebs erweitert
wurde, nun werden
soll, ist laut Auskunft
von Katrin Petersen
von Grand City Pro-
perty offen. „Der Ei-
gentümer prüft der-
zeit Entwicklungs- und Investitionsmög-
lichkeitenfüreine möglichenNeupositio-
nierung des Objekts“, so die Sprecherin.
ImBezirksamt beobachtet mandie Ent-
wicklung mit Interesse. Florian Schmidt
wies gegenüber dem Tagesspiegel darauf
hin, dass es vor einigen Jahren eine Idee
gab, „die in Richtung Einzelapartments
ging mit einer spektakulären Fassadenge-
staltung“. Das Stadtplanungsamt habe
dies aber kritisch gesehen, vor allem we-
gen desdenkmalgeschützten Martin-Gro-
pius-Baus gegenüber.
Das Thema Einzelapartments in Hoch-
häusern hat in der Bezirksverwaltung
kaum Fürsprecher. Ein Vorhaben dieser
Art scheiterte vor nicht allzu langer Zeit
beim Turm vom ehemaligen Postscheck-
amt am Landwehrkanal. Nicht zuletzt am
Widerstand von linken und grünen Kiez-
politikern. In der lokalen Szene wird die
„Touristifizierung“, sprichder Zuzug von
gut zahlenden Ausländern und die Nut-
zung von Ferienwohnungen, schon län-
ger als eines der größeren Probleme von
Kreuzberg betrachtet.
Stadtrat Schmidt will auch jetzt ange-
sichts der Überlegungen bei Grand City
Property in der Stresemannstraße seine


Skepsis nicht verhehlen: „Es entspricht
der Marktlogik, dass Investoren versu-
chenwerden,indieserzentralenLagedas
meiste heraus zu holen. Das trägt weiter
zurVerödungderInnenstadtbei.“Erkann
allerdings nicht direkt in das Projekt ein-
greifen: „Bei einem ehemaligen Hotelbau
bleiben uns juristisch wenig Möglichkei-
ten,einestadtverträglicheNutzungzufor-
dern.“Schmidtdeutetgleichwohlaberan,
man könne „gegebenenfalls planungs-
rechtlich auch eigeninitiativ tätig wer-
den“.
Für Veli Tuncer war das abrupte Ende
für sein Restaurant jedenfalls ein gehöri-
ger Schock. Der Familienvater hat in all
den Jahren eine sechsstellige Summe in
das Lokal investiert. Und nun das! „Ich
kann nicht verstehen, wie man so etwas
mitunsmachenkann“,sagteerdemTages-
spiegel. Ihn bedrückt, dass er nun noch
nichtmaldenSilvesterabendinseinemLo-
kal „mitnehmen“ kann. Ali Tuncer, gebo-
ren in der Osttürkei, seit fast sechs Jahr-
zehnten in Deutschland, wollte gern die
Geschäftsräume erst zur Januarmitte hin
übergeben. Das wurde ihm aber nicht zu-
gestanden.GleichzumJahresbeginnwür-
dendieBauarbeitermit ihrenGerätschaf-
ten anrücken,habe man ihmerzählt.
In den Worten von Veli Tuncer
schwingt eine große Traurigkeit mit. Bis
2004 hatte er mit sei-
ner Frau im fränki-
schen Schweinfurt ei-
nen gastronomischen
Betrieb geführt. Dann
wollte er sich verän-
dern. In der Berliner
Stresemannstraße er-
gabsicheineGelegen-
heit – nicht weit ent-
ferntvomRegierungs-
viertel. Tuncer
brachte die Lokalität
auf Vordermann. Mit
seinem breit gefass-
ten Angebot auf der
Speisekarte wurde er
zu einer gefragten
Adresse im Berliner
Politikbetrieb. Gern
kommenReisegruppendesBundespresse-
amteszueinemImbissindieguteStubege-
genübervomMartin-Gropius-Bau.
Parlamentspräsidenten und Bundes-
tagsabgeordnete kehrten in all den Jahren
an der Stresemannstraße ein. Auf einer
Wand im Lokal sind die prominenten
Gäste auf Fotos festgehalten. Doch nun
heißt es Abschied nehmen. „In den ver-
gangenen Jahren ist es mit der Gegend
hier aufwärts gegangen. Die Nähe zum
Zentrum hat sicher eine große Rolle ge-
spielt“, glaubt der Gastronom. Er hofft
nun sehr darauf, dass er in der Gegend –
trotz seiner 62 Jahre – noch einen Neuan-
fang starten kann, auch wenn er über das
ungewollte Ende an der jetzigen Wir-
kungsstätte tief enttäuscht ist.
Stadtrat Schmidt kennt solche Sorgen
und Nöte von Gewerbetreibenden, deren
Mietverträge nicht erneuert werden,
sieht aber im Moment wenig Chancen
auf Verbesserungen: „Generell muss der
Schutz von bestimmten Gewerben im
Bund geregelt werden. Ich gehe davon
aus, dass das aber erst mit einer neuen
Bundesregierung ab 2021 möglich sein
wird.“ Für Veli Tuncer ist das in jedem
Fall zu spät.

Das Ehepaar Tuncer muss
„Velis Restaurant“ bis

zum Jahresende räumen


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Einer Studie des Personalanbieters für
Studentenjobs „Studitemps“ zufolge le-
ben bundesweit 24,5 Prozent der Studie-
renden bei Eltern oder Verwandten.
„Wer aus der Großstadt kommt und dort
auch zum Studieren bleibt, wohnt ein-
fach weiterbei denEltern. Die hohenMie-
ten lassenden Schritt zumehrSelbststän-
digkeit oftmals nicht zu“, sagte Geschäfts-
führer Eckhard Köhn.
Aktuelle Zahlen aus dem vergangenen
Wintersemester 2018/19 zeigen, dass
beispielsweise in Frankfurt am Main weit
mehr als jeder dritte Student (37,2 Pro-
zent) noch zu Hause wohnt. Auch in
Hamburg (28 Prozent) und München
(33,3 Prozent) ist dies die beliebteste Art
für Studenten unterzukommen.
Bundesweit stieg derAnteilder Studie-
renden, die bei Eltern oder Verwandten
wohnen, seit Jahren. Im Wintersemester
2014/15 war das den Angaben zufolge
noch etwas mehr als jeder Fünfte (21,4
Prozent). Drei Wintersemester später im
Jahr 2017/18 erreichte der Anteil mit
25,1 Prozent einenHöchstwert. Deutsch-
landweit ist die Wohngemeinschaft für
Studenten den Angaben zufolge die be-

liebteste Wohnform. Bei WG-Zimmern
handele es sich um relativ preisgünstige
Lösungen, sagte Köhn. Die Studie ist im
Rahmen der Befragung „Fachkraft 2030“
undinZusammenarbeit mit derUniversi-
tät Maastricht entstanden.
Während in den vergangenen Jahren
die Mieten für kleine Studentenwohnun-
gen immer weiter angestiegen sind, deu-
tetsichnunineinigenStädteneine Trend-
wende an:IngutderHälftederuntersuch-
ten Städte bleiben die Mieten stabil oder
sinken sogar leicht; besonders in Ba-
den-Württembergsteigendie Mieten hin-
gegen. Zu diesem Ergebnis kommt eine
aktuelle Analyse des Immobilienportals
immowelt.de.
In der Analyse wurden die aktuellen
Angebotsmieten von Wohnungen bis 40
Quadratmetern in 68 Hochschulstädten
mitdem Vorjahr verglichen. In 30 derun-
tersuchten Städte stagnieren demnach
dieMietenoder sind sogarleicht rückläu-
fig. Die Gründe dafür sind verschieden:
In Städten wie Ingolstadt (0 Prozent),
Konstanz (minus 2 Prozent) oder Gießen
(minus 6 Prozent) scheinen die Preise
ausgereizt. Es tritt ein Sättigungseffekt

auf, da die Schmerzgrenze des Bezahlba-
ren für viele Studierende erreicht ist.
Gleiches trifft auch auf Großstädte zu:
In München, Nürnberg und Bremen (je-
weils minus 3 Prozent) pendelten sich
die Mieten auf einem konstanten Preisni-
veau ein. Besonders in München, wo die
Mieten in den vergangenen Jahren explo-
diertsind,ist eineSinglewohnungfürStu-
denten finanziell kaum noch zu stem-
men. Für im Median 690 Euro werden

Wohnungen bis 40 Quadratmeter aktuell
angeboten, vor einem Jahr waren es noch
710 Euro.
Es gibt jedoch auch Hochschulstädte
mit niedrigem Preisniveau, deren Mieten
sich kaum verändern. Das trifft vor allem
auf die strukturschwachen Regionen im
Osten zu. In Chemnitz sind die Mieten
beispielsweise um 5 Prozent auf 180
Euro gesunken.

Nach wie vor gibt es allerdings Städte,
in denen die Mieten weiter nach oben
klettern. Die größte Steigerung verzeich-
net Tübingen – um 22 Prozent haben sich
die Mieten innerhalb eines Jahres verteu-
ert. Mit im Median 440 Euro Miete müs-
sen Studenten inzwischen kalkulieren,
wenn sie alleine wohnen möchten. Auf-
grund der Vielfalt des Studienangebotes
und des hohen Forschungsniveaus ist die
Universität Tübingen eine der renom-
miertesten Hochschulen Deutschlands.
Die Nachfrage nach Wohnraum ist folg-
lich groß. In der Landeshauptstadt Stutt-
gart, wo sich Singlewohnungen um 19
Prozent auf im Median 500 Euro verteu-
ert haben, konkurrieren Studenten mit
Pendlern, die einen Zweitwohnsitz ha-
ben, um die wenigen freien kleinen Woh-
nungen. Generell ist das Preisniveau in
Baden-Württemberg hoch und die Kurve
zeigt nach wie vor nach oben.
Da Studenten häufig nur ein geringes
Budget für die Wohnung aufbringen kön-
nen, lohnt es sich, die Studienorte zu ver-
gleichen. Denn die Unterschiede bei den
Mieten sind enorm, das Studienangebot
vor Ort ist hingegen oft ähnlich. Ts p /d pa

Stadtumbau in der


Stresemannstraße


Mietverträge laufen in mehreren Blöcken aus –


möglicherweise entstehen hier neue Cityapartments


Hat das Hotel Mama bald ausgedient?


Aufgrund hoher Mieten wohnen Studenten oft bei Verwandten, einige Studentenstädte werden günstiger


Foto: Mike Wolff

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In 30 von 68 Städten sinken
oder stagnieren die Mieten

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