Der Tagesspiegel - 07.09.2019

(John Hannent) #1

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Aufeiner Messewird deutlich, dass
es sichbei Kunstauchumeine Ware


handelt.Ist dasnicht ein Problem?


Aufder Messegeht es ganz klar umVerkauf


undProfit.Abersobaldder Handel abge-


schl ossenist, geht derTransformationspro-
zess denumgekehrten Weg, unddie Ware


wandelt si ch im Haus desneuen Besitz ers


wied er zum Kunstwerk.Der ideale Sammler


belässtesd ann dabeiund denkt ni chtwei-


terüberden Wiederverkaufund dienächste
Wertsteigerung nach.


Messen scheinen die Menschen gierig zu


machen.DerEntscheidungsdruckist höher


als aufeiner Auktion. Hundertemögliche
InteressentensehenebenfallsdasBild,


eine Konkur renz entsteht.Schon eine Mi-


nute später kann jemand anders kommen


undesh aben wollen.Umdas Tempozu


erhöhen,beschlossenwir damals,keine
Reservierungen zu erlauben,man musste


sich sofort entscheiden.Das st eigerte


dieDynamikenorm. Sobal dneben einem


Werk einroter Pu nkt alsKennzeichnung


für „v erka uft“ kl ebte,sprach sich da sunter
Sammlernund Galeri sten ruckzuckherum.


Sofort stieg en diePreise desKünst lers.


Spekulation undWertsteigerung sind


die Grundlagedes Auktionsgeschäfts.
Jeff Koons’ Skulptur „Rabbit“ erzieltebei


Christie’s vorKurzem dieRekordsumme


vonumgerechnet81 Millionen Euro.Was


sagt da snochüber Qualitätaus?Nich ts.


Dasist einAusdruckunsererZeit, ni chtder
Qualit ät.Hierspielen völligandere Krit erien


eine Rolle, diemit Kunstbewertungwenig


zu tunhaben. Es ist bedauerlich, da ss die


Deutungshoheit vonden Fachleuten,den


Museumsdirektore n, großen Sammlernund
Kritik ern, zunehmendin di eHände de rIn-


vestoren übergegangenist. Dasperverseste
Beis piel dafür istdasfür 450,1Millionen
Dollarversteigerte drittklassige Leonardo-
Bildnis „SalvatorMundi“. Irgendwann be-
fand es sich mö glicherweise in seinem Ate-
lier undwurde dann über dieJahrhunderte
verändert,restauriert,erneuert, so dass
einvölliganderesBildentstan dund die
Zuschr eibung nurnochabsurdist. Hier wird
mit einemNamen ei nInvestment gehypt.Je
teurer dasObjektist, umso begehrter wird
es.Mit Ästhetik hat dasnichtsmehrzut un.

Ihr SohnDavid Zwirner –einer der wich-
tigsten Player de sinter nationalen Galerie-
business –setzt sichdafür ein,dasseta-
blierte Kollegen die jüngerenaufMessen
unter stützen, indem sie einenTeil ihrer
Mietkostenübernehmen.Kann dastat-
säch lichdie Schereschließen?Nein,aber
Davidhat denFingerind ie Wunde gelegt,
dass derErfolg de rgroßenGaleriennur
möglich ist, wennauchNachwuchsgalerien,
diesicheinen Stan dansonsten nichtleisten
können,mit jünger en Künstlernvertreten
sind. DieKojensindmittlerwei le teurer als
dieExponateanden Wänden.So manche
Galeriewurde durch da sMessegeschäft
schon in denBankrottgetri eben .EineIdee
wäre eine virtu elle Me ssefür jungeGaleris-
tenkurzvor BeginneinesanalogenKunst-
markts wi eder ArtBasel.

Wo die Messen so wichtig sind: Brauchen
Sie IhreGalerie überhaupt noch?Mehr
denn je.Mittlerwei le ziehen nichtnur die
Messen,sondern auch derOnline-Handel
dasPublikumaus denGalerienheraus.
Zugleich hat derKünstler ei nenAnspruch
darauf ,seine Arbeit en in einemangem es-
senenRaumzuzeigen–unabhängigvon
denVerka ufsm öglichkeiten. Das gelingt nur

analog inderGalerie.Imv irtu ellenRaum
undimDurcheinandereinerMessemitbis
zu 200Galerienkann Kunst ni chtwirkli ch
wahrgenommenwerden. Erst wennder
Betra chtermit derNase ans Bildstößt,ent-
steht ei nDialog.

Viele Galeristensind dennochunzufrie-
den.Ine iner Studie erklärtenvor Kurzem
85 Pr ozent der Galeristen, dass sie ihren
Beruf nicht nocheinmal ergreifen würden.
Würden Sieauch davonabraten?Nein,
ichwürde jedemangehen denGaleristen
empfehlen: Mach’es! Aber besc häftige dich
zuvormit derSzene.Esgenügtnicht,die
Künstler derNachbarschaft un dder interna-
tionalen Konkur renz zu kennen,Galeristen
müssen auch ins Museum gehen. Es gibt
Traditionen,die mankennensollte, bevor
maneinen jungen Künstlervertritt. Ichhabe
schon an einemMessestan dgefragt: „Was
kostet de nn dasschön eblaue Bildvon Yves
Klein?“, undder Galerist hatte denNamen
noch niegehört.

Als Sie Anfang der 90er Jahreaus Köln
nachBerlin wechselten,wolltenSie
hier zunächsteine neue Galerie eröffnen.
Sind Siefroh,esu nterlassen zuhaben?
Im Nachhineinja, de nn ichhabeden Kon-
takt zurzeitgenössischenKunst verloren.
Es ist eine Binsenweisheit, dass mandie
Künstler dereigenen Generati on besser ver-
steht,weilman ihr eEinflüssekennt: welche
Büchersie gelesenhaben,was di epoliti-
schenHintergrün de sind.Ich konnte Lich-
tenstein, Warhol, aber auch GerhardRichter
undSigmarPolke besser ei nschätzenals
dieProduktion 20 Jahrespäter. Zwar habe
ichnochMartin Kippenberg er undAlbert
Oehl en ausgestellt, konnte ihreAntiästhetik
aber nichtwirkli ch durchdringen .Nur noch Foto:ArchivGeiger, München

Groß er Schub
für di ePop Art.
Im Anschlussan
dieerfolgreiche
Kunstmesse
1967 ludZwirner
zu An dy Warhols
Ausstellung
„Thirteen Most
Wanted Men“
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