Frankfurter Allgemeine Zeitung - 07.09.2019

(Rick Simeone) #1

ZEITUNG FÜR DEUTSCHLAND


Samstag, 7. September 2019·Nr. 208/36 R1 HERAUSGEGEBEN VON GERALD BRAUNBERGER, WERNER D’INKA, JÜRGEN KAUBE, BERTHOLD KOHLER 3,10 € D 2955 A F. A. Z. im Internet:faz.net


Hessische Polizeianwärter stehen


im Verdacht, rassistische und


antisemitische Bilder verschickt zu


haben.Rhein-Main-Zeitung, Seite 37


Streit um die City-Maut: Eine


neue Partei könnte bei den


Kommunalwahlen in Norwegen


abräumen.Wirtschaft, Seite 22


Wenn der Westen über die „Dritte


Welt“ lästert, vergisst er die eigene


Nachtseite. Eine Erinnerung von


Ilija Trojanow.Feuilleton, Seite 18


Nach dem Tod von Anthoine


Hubert inszeniert die Formel 1


ihren Auftritt in Monza wie in


einem Heiligtum.Sport, Seite 36


Der Bundesrechnungshof in Bonn


ist zu einer gefürchteten Behörde


geworden. Warum erst jetzt? Wie


hat er das gemacht?Politik, Seite 3


Christian Lindner gelingt es nicht,


seine Partei aus dem Schatten


der großen Koalition zu führen.


Wirtschaft, Seite 21


Hass per Whatsapp


Abgehängt?


V


erbote sind das härteste Instru-
ment, um staatliche Ziele zu errei-
chen. Sie greifen tief in das Leben der
Bürger ein. Erlässt die Regierung Ver-
bote, muss sie nicht nur deren Nutzen
gut belegen, sondern auch glaubhaft
machen, warum mildere Formen der
Regulierung ausscheiden. Das weitrei-
chende Verbot von Plastiktüten im Ein-
zelhandel, das Bundesumweltministe-
rin Schulze mit der Vorlage eines Ge-
setzentwurfs durchboxen will, hält die-
sen Anforderungen nicht stand. Die
SPD-Politikerin liefert keinen Nach-
weis, dass die Alternativen zu den vor-
eilig verpönten Tragetüten für die Um-
welt schonender sind. Wissenschaft-
lich belastbare Studien sehen im Ge-
genteil Papierersatz oder Stoffbeutel
im Nachteil.
Die Ministerin belegt auch nicht
glaubhaft, dass sie alle weniger frei-
heitsschädlichen Instrumente zur Ver-
meidung von Plastikmüll in der Natur
ausgeschöpft hat. Die erst vor drei Jah-
ren zwischen Regierung und Einzel-
handel getroffene „freiwillige Selbst-
verpflichtung“ wirkt. Kunden müssen
nun zumeist zahlen, wenn sie Plastiktü-
ten haben wollen. Zugleich strengt

sich der Handel seither stärker an, den
Einsatz von Plastikverpackungen dort
zu verringern, wo es ökonomisch und
ökologisch sinnvoll ist. Die Ministerin
zerstört mit ihrem Verbot den Wert
der Selbstverpflichtung, über die ein
für Wirtschaft und Kunden gleicher-
maßen schonender Wandel in Gang ge-
kommen ist, der nicht zu Ende ist.
Künftig werden sich Unternehmen
dreimal überlegen, ob sie der Politik
freiwillig entgegenkommen, wenn die-
se keine Geduld hat, die Wirkung ei-
nes solchen Paktes abzuwarten.
Die Ministerin stößt die Wirtschaft
ausgerechnet zu einem Zeitpunkt vor
den Kopf, an dem sie auf deren Hilfe
besonders angewiesen ist. Für die un-
gleich wichtigeren Klimaschutzvorha-
ben braucht die große Koalition Ver-
trauen und freiwilliges Mitziehen aller
Unternehmen, allein mit Gesetzen
wird die Politik die Klimaziele nicht er-
reichen. Auch die Bürger sollte man
nicht ohne Not verprellen, das Tüten-
Verbot wird viele an die fragwürdige
Verbannung der Glühbirne erinnern.
Die Union muss sich gut überlegen, ob
sie dem wahltaktisch motivierten Tü-
ten-Tamtam einer bislang nicht recht
reüssierenden SPD-Ministerin folgt.
So verspielt man den guten Willen von
Wirtschaft und Verbrauchern, ohne
den der Klimaschutz nicht funktionie-
ren wird.
Wiederentdeckt– Während sich die Politik gerade erschro-
cken jenen ländlichen Gebieten zuwendet, in denen Wirts-
häuser, Schulen und Lebensmittelläden schließen und das
schnelle Internet meilenweit entfernt ist, ist die deutschspra-
chige Literatur schon auf dem Dorf angekommen, wo sie ein

großes Spielfeld für allerlei Suchen nach sich selbst, nach
Wurzeln und den Spuren von Entwurzelungen gefunden hat.
Ohne jene Texte, die in dünnbesiedelte Räume führen, so
erfährt man aufSeite 11, wäre der Bücherherbst so öde, wie
sich eingefleischte Städter das platte Land vorstellen. Foto Visum

Die Macht der Erbsenzähler


Wir haben Mr. Hyde in uns


Sorgenkind FDP


Zwischen Trauer und Ritual


boe./elo.PEKING, 6. September. Bundes-
kanzlerin Angela Merkel hat an die chinesi-
sche Regierung appelliert, den Hongkon-
ger Bürgern „die Rechte und Freiheiten“
zu gewährleisten, die ihnen im chinesisch-
britischen Abkommen von 1984 für 50 Jah-
re zugesichert wurden. „Das Abkommen
gilt weiter“, sagte sie am Freitag bei einer
Pressekonferenz mit Ministerpräsident Li
Keqiang in Peking. Es müsse alles darange-
setzt werden, Gewalt zu vermeiden. Mer-
kel würdigte die Ankündigung der Hong-
konger Regierung, das umstrittene Auslie-
ferungsgesetz zurückzuziehen, als „wichti-
gen Schritt“. Sie hoffe, dass der angekün-
digte Dialog auch diejenigen einschließe,
die an den Protesten teilgenommen haben.
Regierungschef Li wich der Frage aus, ob
China eine militärische Intervention in

Hongkong ausschließe. Er sagte, Peking
unterstützte die Regierung der Sonderver-
waltungsregion dabei, „im Einklang mit
dem Gesetz Gewalt und Chaos zu beenden
und die öffentliche Ordnung wiederherzu-
stellen“. Er fügte hinzu: „Vertrauen Sie dar-
auf, dass das chinesische Volk die Fähig-
keit und die Weisheit hat, unsere eigenen
Angelegenheiten zu managen.“ Es war das
erste Mal, dass sich der Regierungschef of-
fiziell zu Hongkong geäußert hat.
Merkel hob die „Dringlichkeit eines In-
vestitionsschutzabkommens mit der EU“
hervor. Deutschland wolle ein solches
während seiner Ratspräsidentschaft zum
Schwerpunkt machen. Nachdem kürzlich
China-Reisen zweier Bundestagsausschüs-
se am Widerstand Pekings gescheitert wa-
ren, äußerte Merkel den Wunsch, dass

wieder „mehr Parlamentarier China besu-
chen können“.
Li verteidigte das geplante Sozialkredit-
system für Firmen, das in deutschen Wirt-
schaftskreisen Besorgnis hervorruft. Ziel
sei es, ein faires und regelbasiertes Umfeld
für Wettbewerb zu schaffen. Genehmi-
gungsverfahren könnten beschleunigt wer-
den. Die Sorge um Geschäftsgeheimnisse
sei unbegründet. Er lobte die „gesunden
und stabilen Beziehungen“ zwischen Chi-
na und Deutschland. Am Abend traf Mer-
kel mit Staatspräsident Xi Jinping zusam-
men. Eine große Wirtschaftsdelegation be-
gleitet die Kanzlerin in China. Chinesi-
sche und deutsche Unternehmen unter-
zeichneten am Freitag zahlreiche Koopera-
tionsabkommen.(Siehe Seite 2 und Wirt-
schaft, Seite 19; Kommentar Seite 10.)

N


ach den heutigen Maßstäben
der Political Correctness, sagte
zuletzt Harald Schmidt, hätte man
ihm seine Show nach einer Woche
abgenommen. Doch ist wirklich die
politische Korrektheit das Neue?
Zweifel sind angebracht. Jan Böh-
mermann hat die Grenzen ja auch
noch ausgelotet, etwa mit seinem Er-
dogan-Gedicht. Der Unterschied zu
Schmidt: Dieser hat seine Späße
nicht so hoch aufgehängt, nie redete
er von der Uneigentlichkeit künstle-
rischen Sprechens auf der Bühne,
nie erwartete er wohl, dass halb
Deutschland inklusive der Kanzlerin
die Subtilität seines Humors erken-
nen müsse.
Viele Satiriker nehmen sich und
ihr Tun heute wahnsinnig ernst. Sie
beanspruchen, eine „Haltung“ zu ha-
ben. Selbst Oliver Pocher hat sich ge-
gen die AfD positioniert – der kleins-
te gemeinsame Nenner der Branche.
Es gibt viele gute Gründe, das zu
tun. Einer davon: Man kann so das ei-
gene Schaffen veredeln: moralisch,
intellektuell. Letzteres tut oft not.
Der klassische Bildungskanon, den
Leute wie Gerhard Polt oder Bruno
Jonas spielerisch beherrschen, ist
aus der Satire weitgehend ver-
schwunden. Schmidt hat Hamlet
oder 150 Jahre SPD mit Playmobil-
Figuren nachgespielt. Dass seine
Zeit im Fernsehen zu Ende gegan-
gen ist, hat nicht nur mit politischer
Korrektheit zu tun, sondern auch da-
mit, dass selbst Meinungsmacher
wie Rezo heutzutage erklärterma-
ßen keine Bücher mehr lesen.
Haltung – oder die Simulation da-
von – hat der Neugier den Rang abge-
laufen. Das Credo lautet: Die Welt
sei aus den Fugen geraten, dagegen
müsse man was tun. Da ist was dran


  • auch wenn bei vielen Fragen Zwei-
    fel bestehen, was besser ist: ruhig
    Blut bewahren oder aufgebracht
    sein. Die Pose des Widerstandskämp-
    fers ist gerade unter Satirikern sehr
    beliebt. Dazu hat der großartige
    Kabarettist Josef Hader in seiner
    Filmrolle als Stefan Zweig das Nöti-
    ge gesagt: „Jede Widerstandsgeste
    ohne Risiko ist nichts als Geltungs-
    sucht.“
    Über vieles würde man ja hinweg-
    sehen, wären die Satiriker in ihrem
    Kampf bisher erfolgreich gewesen.
    Aber das lässt sich nicht ohne wei-
    teres sagen: Die AfD hat sich immer
    mehr radikalisiert, und Donald
    Trump sitzt fest im Sattel, obwohl
    sich ein ganzer Stoßtrupp von Late-
    Night-Moderatoren in Amerika
    Abend für Abend an ihm aufreibt.
    Die Machtlosigkeit der Humoristen
    ist mit Händen zu greifen. Vielleicht
    versuchen sie deshalb, jemand ande-
    res zu sein. Böhmermann zum Bei-
    spiel absolviert den Stand-up-Teil in
    seiner Show mit sichtlicher Lustlosig-
    keit, vielleicht kann er es auch nicht


besser. Er ist dafür ein wirkmächti-
ger Performancekünstler. Andere
wie Martin Sonneborn oder Nico
Semsrott sind gleich in die Politik ge-
gangen (womit Böhmermann zuletzt
anscheinend auch liebäugelte). Kei-
ner von ihnen konnte bisher aller-
dings deutlich machen, was das soll.
Sonneborn sagte mal über Politiker,
die sich in Satire versuchen, man sol-
le das den Experten überlassen.
Wenn das stimmt – gilt das dann
nicht auch umgekehrt?
Humorfachleute treten heute wie-
der gern mit der Attitüde auf, kein
Pardon zu kennen, klar zu benen-
nen, wie ein früherer Gagschreiber
Harald Schmidts sagt, „wo der Feind
steht“. Das hört sich gefährlich nach
Carl Schmitt an. Wo steht der Feind?

Dass sich das oft gar nicht so genau
sagen lässt, ist eine Binse der Guer-
rillakriegsführung. Davon abgese-
hen, berauben sich Satiriker mit die-
sem Anspruch ihrer schärfsten Waf-
fe: der Unberechenbarkeit. Das Schö-
ne an der Satire ist doch auch, dass
sie alle treffen, dass keiner sich vor
ihr sicher fühlen kann. Im Moment
trifft sie zu oft dieselben – und über-
lässt so die problematischen oder we-
nigstens skurrilen Aspekte von Iden-
titätspolitik, Einwanderung oder Is-
lam den falschen Leuten.
Der Humor derjenigen, die sich im
Besitz der Wahrheit glauben, hat in
Deutschland eine lange, durchaus
große Tradition. Er widerspricht
trotzdem jeder Lebenserfahrung. Au-
ßerdem führt er dazu, dass sich Leu-
te wie Dieter Nuhr ein Geschäftsmo-
dell daraus gemacht haben, gegen
den „Mainstream“ zu bürsten. Das
ist ebenso langweilig.
Zur Satire gehört Chuzpe. Aber
Selbstüberschätzung wird dann schal,
wenn sie nicht nur uneigentliches Ve-
xierspiel ist wie bei Schmidt, sondern
offenbar ernst gemeint und dann nicht
eingelöst wird. Man schaue sich nur
mal Böhmermanns Interviews mit
den Gästen seiner Show an, mit
Rezo oder Marius Müller-Westernha-
gen: vor Übereinstimmung triefend.
Satire soll weh tun dürfen und wir-
ken, irritieren und aufklären zu-
gleich. Wer das sehr gut beherrscht,
sind die Macher von „Die Anstalt“.
Aber das Spezifische an der Satire
im Unterschied zu Journalismus und
Politik ist doch, dass sie im Bewusst-
sein der Fehlbarkeit und potentiel-
len Lächerlichkeit ihrer Schöpfer ei-
nen etwas nachsichtigeren Blick auf
die anderen hat. In diesem Sinne
könnten viele Humoristen ein biss-
chen mehr Humor vertragen.

F.A.Z.FRANKFURT, 6. September. Der
langjährige Präsident Zimbabwes, Robert
Mugabe, ist im Alter von 95 Jahren in ei-
nem Krankenhaus in Singapur gestorben.
Sein Nachfolger Emmerson Mnangagwa
schrieb am Freitag auf Twitter, „mit größ-
ter Traurigkeit“ gebe er den Tod des „Grün-
dungsvaters Zimbabwes“ bekannt. Er wür-
digte Mugabe als „Unabhängigkeitsikone“
und als „Panafrikaner“. Der frühere Guer-
rillakämpfer hatte das südafrikanische
Land 1980 in die Unabhängigkeit geführt
und danach regiert, bis er 2017 vom Mili-
tär zum Rückzug gezwungen wurde. Kriti-
ker werfen Mugabe seine zunehmend auto-
ritäre Herrschaft sowie die Misswirtschaft
vor, die sich unter ihm ausbreitete.(Siehe
Seite 6 und Wirtschaft, Seite 22.)

Heute


moja. FRANKFURT, 6. September.
Durch den Rücktritt des brandenburgi-
schen CDU-Vorsitzenden Ingo Senftleben
ist fraglich, ob es in dem Land zu der avi-
sierten Kenia-Koalition aus SPD, CDU
und Grünen kommen wird. Die Mitglie-
der des grünen Sondierungsteams Ursula
Nonnemacher und Benjamin Raschke teil-
ten am Freitag mit, dass Senftleben für sie
das Aushängeschild einer liberalen und
weltoffenen CDU gewesen sei. „Ehrlich
gesagt, sind wir ziemlich erschüttert, wie
die innerparteilichen Auseinandersetzun-
gen in der CDU laufen und die Partei mit
ihrem Spitzenpersonal umgeht.“ Es sei
die weltoffene und liberale CDU, mit der
sich die Grünen eine Zusammenarbeit in
einer Kenia-Koalition vorstellen konnten.
„Setzt sich jedoch der Siegeszug des

rechtskonservativen Flügels um Saskia
Ludwig und Frank Bommert fort, und
bleibt es dort bei Spaltung und Chaos,
wäre Kenia für uns erledigt“, sagten Non-
nemacher und Raschke.
Senftleben hatte am Freitag mitgeteilt,
dass er sich von seinen Ämtern als Partei-
und Fraktionsvorsitzender zurückziehen
wolle. Auch wird er nicht mehr Teil des
CDU-Teams sein, das mit SPD und Grü-
nen über eine Koalition verhandelt. Wie
es hieß, will Senftleben so einen innerpar-
teilichen Konflikt entschärfen und die Bil-
dung einer Kenia-Koalition retten. Der
brandenburgische CDU-Bundestagsabge-
ordnete Michael Stübgen wird die Landes-
CDU kommissarisch führen und Verhand-
lungsführer bei den Sondierungen sein,
wie er am Freitag mitteilte. Die CDU wol-

le weiterhin Teil einer zu bildenden Koali-
tion sein. Am Sonntag trifft sich der Lan-
desvorstand zu einer Krisensitzung.
Bei der Landtagswahl am Sonntag hatte
die CDU mit Senftleben als Spitzenkandi-
dat nur 15,6 Prozent erreicht. Unmittelbar
danach war er unter Druck geraten. Die
Abgeordnete Saskia Ludwig hatte am
Dienstag gesagt, dass Senftleben am Wahl-
abend seinen Rücktritt hätte erklären sol-
len. Der Abgeordnete Frank Bommert sag-
te, er stehe bereit, um gegen Senftleben als
Fraktionsvorsitzenden anzutreten. Offen-
bar will am Dienstag nun Jan Redmann
für den Posten kandidieren, der als Ver-
trauter Senftlebens gilt. Seit Mittwoch lau-
fen die Sondierungsgespräche zwischen
SPD, CDU und Grünen. Eine Kenia-Koali-
tion hätte eine Mehrheit von fünf Sitzen.

mawy.STRALSUND, 6. September. Die
beiden Mörder der 18 Jahre alten Maria
aus Zinnowitz auf Usedom sind am Frei-
tag verurteilt worden. Für den 19 Jahre al-
ten Haupttäter ordnete das Landgericht
Stralsund eine Jugendhaftstrafe von zwölf
Jahren sowie die Unterbringung im Maß-
regelvollzug einer Psychiatrie an. Sein 21
Jahre alter Komplize wurde zu einer
lebenslangen Freiheitsstrafe verurteilt.
Zudem wurde die besondere Schwere der
Schuld festgestellt. (Siehe Deutschland
und die Welt.)


Das Auto als


soziale Frage


loe.BERLIN, 6. September. Bundes-
umweltministerin Svenja Schulze
(SPD) plant ein gesetzliches Verbot von
Plastiktüten im deutschen Einzelhan-
del. „Die große Mehrheit der Deut-
schen will dieses Verbot“, sagte Schulze
am Freitag in Berlin. „Ich bin sicher,
dass schon bald kaum einer die Weg-
werftüten vermissen wird.“ Zwar ist
der Verbrauch von Plastiktüten deut-
lich zurückgegangen, seit 2016 eine ent-
sprechende Selbstverpflichtung zwi-
schen Handel und Umweltministerium
in Kraft getreten ist. Damals nutzte je-
der Deutsche statistisch noch 45 Plastik-
tüten pro Jahr. Nach Angaben von
Schulze sind es aktuell nur noch 20.
Dies sei aber immer noch zu viel, sagte
die Ministerin. „Mit einem Verbot kom-
men wir jetzt auf null.“ Scharfe Kritik
kam vom Handelsverband HDE. Des-
sen Geschäftsführer Stefan Genth
sprach von einem Vertrauensbruch.
Auch Naturschützer äußerten sich kri-
tisch. Tüten machten nur einen gerin-
gen Anteil am deutschen Plastikmüll
aus, kommentierte der Umweltverband
WWF. Ein Verbot habe „eher symboli-
sche Bedeutung“. Schulzes Gesetzes-
vorhaben bedarf noch der Zustimmung
der übrigen Ministerien und der des
Bundestags. Als die Ministerin ihre Plä-
ne Mitte August zum ersten Mal vor-
stellte, gab es aus den Reihen der CDU
viel Kritik.(Siehe Wirtschaft, Seite 19.)


Robert Mugabe


gestorben


hor.FRANKFURT, 6. September. Die
deutsche Fußball-Nationalmannschaft
hat in der EM-Qualifikation gegen die
Niederlande den ersten Rückschlag hin-
nehmen müssen. Die DFB-Auswahl unter-
lag dem Oranje-Team am Freitagabend in
Hamburg 2:4 und erlitt damit im vierten
Qualifikationsspiel zur Europameister-
schaft 2020 die erste Niederlage. Die Füh-
rung durch Serge Gnabry in der 9. Minute
und das Handelfmetertor von Toni Kroos
zum 2:2 (73.) genügten der Mannschaft
von Bundestrainer Joachim Löw nicht.
Frenkie de Jong (60.), ein Eigentor von Jo-
nathan Tah (65.), Donyell Malen (79.)
und Georginio Wijnaldum (90.+1) sorg-
ten vor 51 299 Zuschauern für den Sieg
der Niederländer.(Siehe Sport.)

Merkel: China muss Rechte und


Freiheiten Hongkongs garantieren


Bundeskanzlerin fordert in Peking ein Abkommen über Investitionsschutz


job.LONDON, 6. September. Die Opposi-
tionsparteien im britischen Unterhaus ha-
ben sich am Freitag darauf verständigt,
den Antrag der Regierung auf eine rasche
Wahl abermals ins Leere laufen zu lassen.
Zunächst müsste die Verlängerung der Aus-
trittsfrist mit der EU vereinbart sein, hieß
es nach einem Treffen der Oppositionsfüh-
rer. Premierminister Boris Johnson hat für
Montag eine Abstimmung angesetzt, die
eine Wahl am 15. Oktober ermöglichen
soll. Der Antrag muss mit Zweidrittelmehr-
heit angenommen werden. Unterdessen
billigte das Oberhaus das Gesetz zur Ver-
hinderung eines No-Deal-Brexits. Damit
es in Kraft tritt, muss die Queen es noch
unterschreiben.(Siehe Seite 2 und Wirt-
schaft, Seite 20; Kommentar Seite 10.)

Lange Haftstrafen


für Mord auf Usedom


Saftlose Humoristen


Von Timo Frasch


Kenia-Bündnis in Brandenburg nach Rücktritt fraglich


CDU-Chef Senftleben zieht sich zurück / Grüne: Bleibt es bei Chaos, ist Koalition erledigt


Britische Opposition will


gegen Neuwahl stimmen


Briefe an die Herausgeber Seite 8


Schulze will


Plastiktüten


verbieten


Deutschland verliert 2:


gegen die Niederlande


Die Selbstüberschätzung
und Machtlosigkeit
vieler Satiriker ist mit
Händen zu greifen.

Tüten-Tamtam


Von Heike Göbel


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Belgien, Frankreich, Italien, Luxemburg, Österreich, Portugal (Cont.), Slowakei, Slowenien, Spanien 3,90 € / Griechenland, Kanaren, Malta, Niederlande, Zypern 4,00 € / Dänemark 31 dkr / Großbritannien 3,50 £ / Schweiz 5,20 sfrs / Ungarn 1060 Ft

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