SEITE 34·SAMSTAG, 7. SEPTEMBER 2019·NR. 208 Sport FRANKFURTER ALLGEMEINE ZEITUNG
Tischtennisherren im Halbfinale
Die deutsche Tischtennis-National-
mannschaft der Männer hat bei der
Team-EM in Nantes das Halbfinale er-
reicht. Der Titelverteidiger und Top-
favorit gewann am Freitagvormittag
sein Viertelfinale gegen Slowenien 3:0.
Im ersten Einzel holte Dimitrij Ovtcha-
rov gegen den Bundesligaprofi Darko
Jorgic vom 1. FC Saarbrücken einen
0:2-Satzrückstand auf und siegte noch
in 3:2 Sätzen. Die weiteren Punkte hol-
ten Einzel-Europameister Timo Boll
gegen Bojan Tokic (3:0) sowie Patrick
Franziska gegen Deni Kozul vom TTC
Jülich (3:0). Ausgeschieden sind hinge-
gen die deutschen Frauen nach dem
2:3 gegen Portugal. (dpa)
Krawietz/Mies verpassen Finale
Die French-Open-Sieger Kevin Kra-
wietz und Andreas Mies haben bei den
US Open den Einzug ins Finale ver-
passt. Das deutsche Tennis-Doppel ver-
lor am Donnerstag (Ortszeit) in New
York gegen den Spanier Marcel Granol-
lers und den Argentinier Horacio Ze-
ballos 6:7 (2:7), 6:7 (5:7). Trotz einer
ordentlichen Leistung mussten sich
Krawietz und Mies nach 1:41 Stunden
geschlagen geben. Dennoch machte
das Duo einen großen Schritt in Rich-
tung Qualifikation für die ATP Finals
in London Mitte November. (dpa)
Russische Fußballprofis frei
Die russischen Fußballprofis Alex-
anderKokorin und Pawel Mamajew
werden wegen guter Führung vorzeitig
aus der Haft entlassen. Das bestätigte
das Bezirksgericht von Alexejewka, wo
sich das Straflager befindet, in dem die
beiden einsitzen. Der Anwalt der bei-
den Fußballspieler hatte den Antrag
auf vorzeitige Entlassung gestellt. Ko-
korin und Mamajew waren im Mai zu
18 und 17 Monaten Haft verurteilt wor-
den, nachdem sie im vergangenen Ok-
tober in einem Moskauer Café hohe Be-
amte des russischen Handelsministeri-
ums angegriffen hatten. Einer der Offi-
ziellen wurde mit einem Stuhl atta-
ckiert. Zuvor hatten sie den Fahrer ei-
nes Fernsehmoderators auf offener
Straße angegriffen. (sid)
Bochum holt Reis als Trainer
Der VfL Bochum hat als Nachfolger
des beurlaubten Cheftrainers Robin
Dutt den ehemaligen Profi Thomas
Reis verpflichtet. Reis trainierte seit
2016 die U 19 des VfL Wolfsburg. Sein
Vertrag dort lief noch bis Mitte 2022.
Der 45 Jahre alte Reis spielte von 1995
bis 2003 für den VfL Bochum in der
Bundesliga und der zweiten Liga, von
2011 an sammelte er dort erste Erfah-
rungen als Coach. (dpa)
In Kürze
Basketball,WM in China, Hauptrunde, Grup-
pe I, 1. Spieltag: Polen – Russland 79:74, Ar-
gentinien – Venezuela 87:67. – Gruppe J: Ser-
bien – Puerto Rico 90:47. – Gruppe M: Nige-
ria – Elfenbeinküste 83:66, China – Südkorea
77:73. – Gruppe N: Angola – Iran 62:71, Tune-
sien – Philippinen 86:67.
Rad,UCI WorldTour, Vuelta á España in Torre-
vieja, Männer (3290,70 km), 13. Etappe Bil-
bao (166,40 km): 1. Pogacar (Slowenien) -
UAE Team Emirates 4:28:26 Std., 2. Roglic (Slo-
wenien) - Team Jumbo + 0 Sek., 3. Latour
(Frankreich) - AG2R La Mondiale + 27, 4. Val-
verde Belmonte (Spanien) - Movistar Team,
- Quintana (Kolumbien) - Movistar Team, ...
- Degenkolb (Oberursel) - Trek - Segafre-
do + 22:51, 123. Martin (Kreuzlingen) - Team
Jumbo + 24:14.
Gesamtwertung Einzel, Stand nach der 13.
Etappe: 1. Roglic 49:20:28 Std., 2. Valverde Bel-
monte + 2:25 Min., 3. Pogacar + 3:01.
Tennis,US Open in New York (57,239 Mio.
US-Dollar), Damen, Einzel, Halbfinale: Serena
Williams (USA) – Switolina (Ukraine) 6:3, 6:1,
Andreescu (Kanada) – Bencic (Schweiz) 7:6
(7:3), 7:5. – Herren, Doppel, Halbfinale: Gra-
nollers/Zeballos (Spanien/Argentinien) – Kra-
wietz/Mies (Coburg/Köln) 7:6 (7:2), 7:6 (7:5).
- Finale: Cabal/Farah (Kolumbien) – Granol-
lers/Zeballos 6:4, 7:5.
Tischtennis, Europameisterschaft, Mann-
schaft, Herren, in Nantes/Frankreich, Viertelfi-
nale: Deutschland – Slowenien 3:0.
LSamstag
ARD:18 Uhr: Handball, Bundesliga: SC Magde-
burg – THW Kiel.
RTL:14 Uhr: Motor, Formel 1, Großer Preis von
Italien in Monza, freies Training und Qualifika-
tion.
SERVUS TV:14.50 Uhr: Motorrad, Superbike-
WMin Portimao/Portugal.
PRO7 MAXX:17.45 Uhr: American Football,
NCAA College Football: Ohio State Buckeyes –
Cincinnati Bearcats.
EUROSPORT1:12 Uhr: Kanu, Slalom-Weltcup in
Prag/Tschechien. 15 Uhr: Rad, Spanien-Rund-
fahrt, 14. Etappe von San Vincente de la Barque-
ra nach Oviedo. 18 Uhr und 22 Uhr: Tennis, US
Open in New York, Mixed, Finale und Damen,
Einzel, Finale.
SPORT1:15.55 Uhr und 18.25 Uhr: Volleyball,
EMder Frauen, Halbfinale in Ankara/Türkei: Ser-
bien – Italien und Türkei – Polen. 20.30 Uhr: Eis-
hockey, Champions League, Gruppe G: HC Am-
bri-Piotta/Schweiz – EHC Red Bull München.
LSonntag
DRITTE PROGRAMME:NDR, 13 Uhr: Rudern, Ka-
nal-Cupin Rendsburg.
RTL:15 Uhr: Motor, Formel 1, Großer Preis von
Italien in Monza, das Rennen.
SERVUS TV:14.15 Uhr: Motorrad, Superbike-
WMin Portimão.
PRO7 MAXX:18.55 Uhr: American Football,
NFL,Season Opening: Carolina Panthers – Los
Angeles Rams.
EUROSPORT1:11.55 Uhr: Motor, Porsche Super-
cupin Monza. 12.55 Uhr: Rad, Spanien-Rund-
fahrt, 15. Etappe von Tineo nach Santuario del
Acebo. 19 Uhr und 22 Uhr: Tennis, US Open in
New York, Damen, Doppel, Finale und Herren,
Einzel, Finale.
SPORT1:13 Uhr: Fußball, Benefizspiel in Geislin-
gen: Team Schwaben – Team Rest der Welt.
15.55 Uhr: Eishockey, Champions League, Grup-
pe C: Adler Mannheim – Vienna Capitals. 18.25
Uhr: Volleyball, EM der Frauen, Finale in Ankara.
(Durch kurzfristige Absagen oder Verschiebun-
gen können sich Übertragungszeiten ändern.)
I
n manchen Momenten sieht Bianca
Andreescu so aus, als könnte sie die
nächsten drei Minuten nicht über-
stehen; das Gesicht gerötet, fla-
ckernder Blick, und oft genug ist irgend-
ein Teil ihres Körpers bandagiert. Doch
dann beginnt der nächste Ballwechsel,
die eben noch scheinbar schweren Beine
spielen prächtig mit, bis deren doch nicht
so müde Besitzerin den Punkt gewonnen
hat und dann umgehend wieder so aus-
sieht, als könnte sie nicht mehr. So war
es auch, als sie am Donnerstag das Halbfi-
nale der US Open gegen Belinda Bencic
7:6, 7:5 gewann. Zu den Standardweishei-
ten des Tennis gehört es, möglichst nicht
zu oft auf die andere Seite des Netzes zu
schielen und ganz bei sich zu bleiben,
aber das ist leichter gesagt als getan.
Bianca wer? Das wird sich das breite
Publikum fragen, wenn an diesem Sams-
tagabend in Flushing Meadows das Frau-
enfinale der US Open beginnt. Auf der ei-
nen Seite die schillerndste und erfolg-
reichste Spielerin der Geschichte, Serena
Williams, auf der anderen eine ver-
gleichsweise kaum bekannte junge Frau
aus Kanada, die noch nicht geboren war,
als Williams vor genau 20 Jahren in die-
sem Stadion ihren ersten großen Titel ge-
wann. Vor einem Jahr stand Andreescu
in der Weltrangliste auf Platz 208, bei
den US Open verlor sie in der ersten Run-
de der Qualifikation, und in ihrem Leben
passte nicht allzu viel zusammen damals.
Doch beim ersten Turnier des Jahres
2019 bog sie in eine andere Richtung ab.
In Auckland/Neuseeland landete sie als
Qualifikantin im Finale, besiegte auf
dem Weg dorthin zum ersten Mal in ihrer
Karriere eine Top-Ten-Spielerin, Caroli-
ne Wozniacki, danach Venus Williams,
und alles, was in den Monaten danach
passierte, wäre ohne jene Tage vielleicht
nicht möglich gewesen. Es war die Wo-
che, in der sie einen großen Schluck aus
der Pulle mit dem Elixier Zuversicht
nahm. Damals in Neuseeland trug sie üb-
rigens zum erstem Mal ein schwarzes,
elastisches Plastik-Haarband am Arm, zu-
erst am Handgelenk, später weiter oben,
das seither so etwas wie ihr Glücksbrin-
ger geworden ist.
Spätestens zwei Monate später zeich-
nete sich ab, dass es eine ziemlich große
Geschichte werden könnte mit Bianca
Andreescu, deren Eltern fünf Jahre vor
ihrer Geburt mit zwei Koffern aus Rumä-
nien in Kanada eingewandert waren,
weil sie sich dort ein besseres Leben er-
hofften. Beim traditionell erstklassig be-
setzten Turnier in Indian Wells Anfang
März gewann sie sieben Spiele, zuletzt
auch das Finale gegen Angelique Kerber.
Und es war nicht nur eine Freude, ihr zu-
zusehen, wie sie frech, abwechslungs-
reich und unberechenbar spielt, es mach-
te auch Spaß, ihr nach den Siegen zuzuhö-
ren. Nach dem Finale erinnerte sie an die
komplizierte Zeit zwölf Monate zuvor
und prustete los: „Hey, das ist verrückt,
was in einem Jahr alles passieren kann.
Vor einem Jahr hab ich bei einem kleinen
Turnier in Japan gespielt, jetzt bin ich der
verdammte Champion in Indian Wells.
Echt verrückt; das ist mein Wort des Tur-
niers.“
Die nächste Begegnung mit Angelique
Kerber gab es gleich danach beim Tur-
nier in Miami, sie endete mit einem wei-
teren Sieg von Andreescu und mit ziem-
lich schlechter Laune von Kerber, die sie
nach dem Spiel wissen ließ: „Du bist die
größte Drama-Queen überhaupt.“ Im
nächsten Spiel gab die Kanadierin wegen
einer Schulterverletzung auf, danach fiel
sie ein paar Wochen aus, spielte kurz in
Paris, aber nicht in Wimbledon und kehr-
te erst Anfang August beim Turnier in ih-
rer Heimatstadt Toronto zurück.
Und wie in Indian Wells war sie auch
in Kanada nicht zu bremsen, selbst in
den längsten, komplizierten Spielen
nicht, in denen sie immer wieder so aus-
sah, als wäre sie am Ende. Im Finale traf
sie auf Serena Williams, doch das währte
nicht lange, denn die gab wegen einer Rü-
ckenverletzung auf. Williams outete sich
danach als Fan der jungen Gegnerin, die
ihre Tochter sein könnte, und sie wieder-
holte die Einschätzung in New York nach
deren ungefährdeten Sieg im Halbfinale
über Elina Switolina (6:3, 6:1). „Sie ist
eine tolle Spielerin; du weißt nie, was du
von ihr zu erwarten hast. Sie schlägt gut
auf, bewegt sich gut, hat eine Menge
Kraft. Es ist aufregend, ihr zuzusehen.
Aber vor allem mag ich sie als Person; sie
ist toll.“
Und irgendwie ist es ziemlich cool,
dass die beiden das abgebrochene Finale
von Toronto nun gewissermaßen auf al-
lerhöchster Ebene nachholen können –
im entscheidenden Spiel der US Open.
Es ist der vierte Versuch von Serena Wil-
liams, den verdammten 24. Grand-Slam-
Titel zu gewinnen, den sie nach der Ge-
burt ihrer Tochter Olympia vor zwei Jah-
ren jagt. In drei Versuchen scheiterte sie
an Gegnerinnen, die am Tag des Finales
besser spielten als sie: vor einem Jahr in
Wimbledon an Angelique Kerber, ein
paar Wochen später bei den US Open im
berüchtigten Spiel an Naomi Osaka, und
vor ein paar Wochen wieder in Wimble-
don an Simona Halep.
Natürlich ist sie die Favoritin – das ist
sie ja prinzipiell immer –, aber es gibt da
eine Geschichte, die sich vielleicht wie-
derholen könnte, und sie beginnt in Indi-
an Wells. Im vergangenen Jahr gewann
dort eine junge Frau den Titel, die über-
zeugte und überraschte und der man für
die Zukunft das Beste prophezeite: Nao-
mi Osaka; sechs Monate später gewann
sie auch in New York. Warum sollte Bian-
ca Andreescu nicht ein ähnlicher Coup
gelingen? In einem Jahr, das sie das bis-
her beste ihres Lebens nennt und mit ei-
ner Einstellung, über die sie sagt: „Ich
war noch nie so zuversichtlich wie im Mo-
ment.“ New York ist bereit für ein beson-
deres Spiel, das vielleicht zur Farbe der
Sonnenuntergänge dieser Tage in der gro-
ßen Stadt passt; die sind leuchtend rot.
BRÜSSEL (sid). Kurzarbeiterin Malai-
ka Mihambo ist auch beim WM-Härte-
test allen davon gesprungen und hat
sich den Diamond-League-Jackpot gesi-
chert, während Konstanze Klosterhal-
fen die nächste Topzeit gelaufen ist.
Drei Wochen vor dem Saisonhöhe-
punkt in Doha haben Deutschlands
Spitzen-Leichtathleten beim Königs-
klassen-Finale in Brüssel noch einmal
für Aufsehen gesorgt. „Das war eine
saubere Serie. Ich habe mein Bestes ge-
geben, und es hat gereicht“, sagte Euro-
pameisterin Malaika Mihambo, nach-
dem sie sich mit 7,03 Metern als erste
deutsche Weitspringerin den Disziplin-
sieg in der Diamond League und
50 000 Dollar Siegprämie gesichert hat-
te. Die 25-Jährige, die mit 7,16 Meter
die Jahresweltbestenliste anführt, lag
am Freitagabend deutlich vor der vier-
maligen amerikanischen Weltmeiste-
rin Brittney Reese (6,85) und der Britin
Katarina Johnson-Thompson (6,73).
Nach drei Versuchen (6,97/6,99/7,03)
beendete sie den Wettkampf vorzeitig.
„Ich hatte die WM im Doha im Blick
und habe daher nur das Nötigste getan.
Jetzt freue ich mich richtig auf die Welt-
meisterschaften“, sagte sie.
Für Malaika Mihambo, die bei ihrer
Siegesweite 14 Zentimeter hinter dem
Brett absprang, war es der schon sechs-
te Wettkampf in der laufenden Saison
über der Sieben-Meter-Marke. Sechs
Sieben-Meter-Wettkämpfe in einem
Jahr waren zuletzt der Russin Tatjana
Kotowa 2002 gelungen. Zur Weltmeis-
terschaft (27. September bis 6. Okto-
ber) fährt Malaika Mihambo als Favori-
tin. Konstanze Klosterhalfen überzeug-
te mit einem dritten Platz über 5000
Meter. Beim Sieg der niederländischen
Europarekordlerin Sifan Hassan
(14:26,26) blieb die 22 Jahre alte Lever-
kusenerin in 14:29,89 Minuten nur
rund drei Sekunden über ihrem einen
Monat alten deutschen Rekord und lief
die zweitbeste Zeit ihrer Karriere.
HAMBURG. Eines will Bennet Wiegert
dem Gespräch vorausschicken: „Wir sind
kein Geheimfavorit. Weder sportlich
noch wirtschaftlich“, sagt der Trainer des
SC Magdeburg – und fügt an: „Da sind
noch zwei bis drei vor uns.“ Wiegert will
nicht bremsen. Er traut seiner Mann-
schaft sehr viel zu. Aber für ihn geht es in
dieser Saison darum, sie vor überzogenen
Erwartungen zu schützen: Da der SCM in
den vergangenen drei Spielzeiten Fünfter,
Vierter und Dritter geworden war und die
Mannschaft weitgehend zusammengeblie-
ben ist, geht die simple Rechnung vieler
Fans und Fachleute so: Platz zwei soll es
mindestens sein für den Handball-Tradi-
tionsklub aus Sachsen-Anhalt. Und am
besten doch gleich die erste deutsche
Meisterschaft seit 2001.
Wiegert lacht. Er kennt diese Rech-
nung und entgegnet: „Letztes Jahr waren
wir nah am Maximum und vielleicht so-
gar drüber. Aber Flensburgs und Kiels
Kontinuität war beeindruckend, fast bru-
tal. Da hatten wir nicht mitzumischen.“
Seine Magdeburger spielten für ihre Ver-
hältnisse eine Saison der Superlative.
Aber weil die SG Flensburg mit vier Mi-
nuspunkten Meister wurde und der THW
Kiel nur zwei Punkte schlechter war, blieb
Wiegerts Team trotz einer beinahe opti-
malen Spielzeit nur Rang drei. „Ich hoffe,
dass es dieses Jahr anders wird“, sagt Wie-
gert zum Titelrennen, „dass wir mehr
Spannung haben und es einen deutschen
Meister mit zehn oder zwölf Minuspunk-
ten geben wird.“ Dass die Magdeburger
von den zehn Verlustpunkten des unange-
fochtenen Spitzenduos sechs verursach-
ten, zeigt das Können seiner Mannschaft
in großen Spielen. Wiegert sagt: „Diese
Ausbeute ist keine Selbstverständlichkeit.
Das bleibt etwas Besonderes.“ Eine sol-
che Entschlossenheit will der SCM an die-
sem Samstag gegen den Meisterschafts-
favoriten aus Kiel aufs Parkett der prall ge-
füllten Magdeburger Arena bringen.
Denn auch wenn Wiegert die Meister-
schaft nicht als Saisonziel nennen moch-
te, so soll die Serie 2019/20 doch mit „et-
was Greifbarem“ beendet werden: „Wir
wollen nach außen mutig sein, provozie-
ren, indem wir sagen, wir wollen einen Ti-
tel“, sagt Wiegert, „und an diesen Ansprü-
chen wollen wir gemessen werden.“ Dem-
nach wäre es auch eine gute Saison, holte
seine Mannschaft den DHB-Pokal oder
den im EHF-Wettbewerb.
Aber den Mund will Wiegert eben
nicht zu voll nehmen: „Solange wir es
schaffen, Druck auf die Spitzenteams zu
machen, oben dabeizubleiben, ist alles
gut.“ Dazu gehört neben herausragenden
Leistungen in Spitzenspielen auch, knap-
pe Partien gegen mittelmäßige Gegner zu
gewinnen – damit hat der SCM in den ver-
gangenen Jahren immer mal wieder Pro-
bleme gehabt wie auch damit, in den
Schlusssekunden siegreich die Übersicht
zu behalten: „Du musst das einfach ma-
chen, am Ende zupacken“, sagt Wiegert,
„je öfter du es machst, desto leichter ge-
lingt es.“ Meister Flensburg gewann acht
von 34 Partien mit einem Tor oder zwei
Toren Unterschied.
Vor einem Jahr blieb der SCM in den
ersten sieben Spielen mit begeisterndem
Tempohandball unbesiegt; erst im Novem-
ber folgte ein Leistungsknick. Gegenstoß-
spiel als Markenzeichen: Diese Hand-
schrift hat Wiegert dem Klub verpasst.
Drei Siege gegen allerdings schwächere
Gegner stehen auch jetzt schon wieder
auf der Haben-Seite. Ohne Rechtsaußen
Robert Weber, der jetzt in Nordhorn
spielt, dafür mit seinem Nachfolger Tim
Hornke und Nationalspieler Matthias Mu-
sche hat Wiegert die idealen Akteure für
Konter. Im gebundenen Angriff sind es
Christian O’Sullivan und Marko Bezjak,
die für Torgefahr sorgen. Der Halblinke
Michael Damgaard war einer der besten
Profis der vergangenen Saison. Ein klei-
nes Fragezeichen steht dagegen hinter
dem Torwart-Gespann: Jannick Green ist
einer der fähigsten Keeper der Liga. Aber
da sein Partner Dario Quenstedt Rich-
tung Kiel zog und Zugang Tobias Thulin
noch aufholen muss, wird es Green zu-
nächst weitgehend allein richten müssen.
Bei den weiteren Neuen wie Erik
Schmidt (Kreis) und Christoph Steinert
(Rückraum) haben Wiegert und sein Assis-
tent Yves Grafenhorst darauf geschaut,
dass sie die Bundesliga kennen, nachdem
es mit ausländischen Spielern zuletzt zwei-
mal nicht gepasst hatte (Molina und Kala-
rasch). „Es reicht, wenn ich neuen Spie-
lern meine Philosophie erklären muss,
und nicht noch die Liga“, sagt Wiegert. Al-
les in allem hat er eine Gruppe beisam-
men, die sich vor Flensburg, Kiel und den
Löwen nicht verstecken muss. Einzig in
der Breite wirkt sie noch etwas schwächer.
Er selbst ist mit seinen erst 37 Jahren
schon bald vier Jahre Cheftrainer der
Magdeburger. In der Stadt beliebt und im
Klub respektiert, hat der gebürtige Magde-
burger seinen Traumjob in einem profes-
sionell geführten Klub gefunden, den er
als erster Repräsentant gewitzt und char-
mant ausfüllt. Inzwischen ist Wiegert
auch einer, der sich über den Handball im
großen Ganzen Gedanken macht, wenn
er sagt: „Frankreich ist uns mit seiner Ath-
letik in allen Altersklassen meilenweit
voraus. Da müssen wir alle professionel-
ler werden.“ Einen hauptamtlichen Athle-
tiktrainer wie beim Meister aus Flensburg
sieht Wiegert in Magdeburg als erstre-
benswertes Ziel an. FRANK HEIKE
BERLIN(dpa). Bundestrainer Stefan
Kermas hat zwei Wochen nach dem
verpassten EM-Titel der deutschen Ho-
ckey-Herren und der damit verbunde-
nen verfehlten direkten Olympia-Qua-
lifikation sein Amt als Chefcoach nie-
dergelegt. Dies teilte der Deutsche Ho-
ckey-Bund (DHB) am Freitag mit. „Da
es bisher nicht gelungen ist, die von
uns gesetzten Ziele umzusetzen, habe
ich daraus meine Konsequenzen gezo-
gen“, erläuterte der 40-Jährige. DHB-
Leistungssportdirektor Heino Knuf
sagte: „Eine solche Veränderung auf
der Bundestrainerposition ist in unse-
rem Sport sehr selten, schafft aber viel-
leicht den nötigen Impuls, der elf Mo-
nate vor Olympia wichtig für die Mann-
schaft ist.“ Zuletzt hatte die einstige
Top-Mannschaft 2016 bei dem Ge-
winn der Olympia-Bronzemedaille un-
ter Coach Valentin Altenburg auf ei-
nem Podium gestanden. Mit Kermas’
anschließender Amtsübernahme folg-
ten zwei vierte Plätze bei der EM 2017
und 2019 sowie das Viertelfinal-Aus
bei der WM 2018 und das verpasste
Grand Final in der neuen FIH Pro
League. Das 0:8 in der Vorrunde gegen
Belgien war die höchste Niederlage
der DHB-Herren seit mehr als 100 Jah-
ren. Knuf hatte Kermas nach der
0:4-Niederlage im Spiel um EM-Bron-
ze gegen die Niederlande in Antwer-
pen noch den Rücken gestärkt: „Ich
gehe davon aus, dass Stefan unser Trai-
ner für Tokio ist, aber man muss natür-
lich die Analyse abwarten.“ Nach inten-
siven Gesprächen nahm Knuf das
Rücktrittsangebot des Bundestrainers
an.
Bedingt durch das EM-Abschnei-
den, muss sich der inzwischen nur
noch Weltranglistensechste in zwei
Qualifikationsspielen Anfang Novem-
ber in Mönchengladbach erst die Teil-
nahme an den Olympischen Spielen
2020 erkämpfen. Wer das Herren-
Team dort und auf dem danach fest ein-
geplanten Weg nach Tokio als Bundes-
trainer betreut, ist noch offen. In Frage
kommen Jamilon Mülders, der mit den
Damen die EM 2013 und 2016 Olym-
pia-Bronze gewann. Oder André Hen-
ning, in Rio des Janeiro Mülders’ Ko-
Trainer. Er führte 2013 einen Großteil
des heutigen Herrenteams zum WM-Ti-
tel der Junioren.
Sport live im Fernsehen
Ein verrücktes Jahr
Enorme Entwicklung:Bianca Andreescu trumpft in New York groß auf. Ob das gegen Serena Williams reicht? Fotos AFP
Mihambo
holt Jackpot
Weitspringerin siegt mit
7,03 Metern in Brüssel
Ergebnisse
Druck auf die Spitze
Der Anspruch beim SC Magdeburg ist hoch, aber in der
Liga sieht Trainer Bennet Wiegert „zwei, drei vor uns“
Hockeyteam
sucht Trainer
Herren-Coach
Stefan Kermas gibt auf
Titel Nummer 24?Serena Williams
Idealer Konterspieler:Rechtsaußen Tim Hornke Foto Imago
Vor zwölf Monaten lief
bei Bianca Andreescu
nichts zusammen, jetzt
steht die 19-Jährige im
Finale von New York.
Ein Coup gegen Serena
Williams scheint nicht
ausgeschlossen.
Von Doris Henkel,
New York