Blickpunkt Film - 09.09.2019

(coco) #1
Für den Film haben Sie Ihre eigene
Gamewelt erschaffen, wie erfolgte die
Umsetzung?
HB: Inhaltlich wie technisch haben wir
im Grunde ein eigenes Game. Wir haben
unser Avalonia-Spiel letztlich aber nicht
mit einer Games-Firma gemacht, haben
jedoch auf eine Game-Technik zurück-
gegriffen, die in der deutschen Game-
Industrie verwendet wird, in unserem
Fall die Game Engine von Unreal. Dabei
haben wir mit der Firma Trixter zusam-
mengearbeitet.
CS: Die hat als eines der ersten deut-
schen VFX Studios für Spielfilme einen
eigenen Workflow aufgebaut, bei dem
eine Game Engine mit klassischer Film-
animation kombiniert wird. Trixter ist
meines Erachtens die erste Firma, die
mit einem solchen Animationsprodukt,
wie es im Film zu sehen ist, für deut-
sches Primetime-Fernsehen auf den
Markt kommt.
HB: Der entscheidende Hinweis für uns
war, dass in der Games-Branche mit
Game Engines gearbeitet wird. Da gibt es
Spiele wie Horizon Zero Dawn, das sieht
in den Cut Scenes aus wie Fotorealismus.
Man denkt man ist in Avengers: End-
game. Außerhalb von Deutschland arbei-
ten bereits Filmfirmen bei aufwändigen
Produktionen wie der neuen Star Wars-
Serie schon länger auch fürs Fernsehen
mit Game Engines. Das ist die Zu-
kunftstechnologie, allein schon aus
Kostengründen.
CS: Neben der technischen Umsetzung
dieser Welten wird auch ein Fokus auf
die Vorproduktion mit den ganzen Previ-
sualisierungen gelegt, weil man in den
Game Engines so kurze Render-Zeiten
hat. Gegenüber gezeichneten Story-
boards kann man vieles einfach und ef-
fektiv in 3D darstellen und ich in Echtzeit
auflösen.

Gab es ein »reales« Vorbild, ein Game, an
dem Sie sich orientiert haben?
HB: Es gab viele inspirierende Spiele,
aber wir mussten unser eigenes Ding he-
rausfinden. Da war unser VFX-Supervi-
sor Jan Stolz von Trixter sehr hilfreich,
der auch selbst im Animationsbereich
Regieerfahrung hat. Er war ein toller
Spiegel für Philip Koch und uns.
CS: Von Anfang an war jedoch klar, dass
es sich um ein Fantasy-Game handeln
sollte, um diese bunte Welt mit den Orks
und Elfen als Kontrast zum Alltag zu zei-

man spürbar machen will, warum man
in den Bann eines Spiels gezogen wird,
scheidet Over-The-Shoulder aus. VR war
2013 noch kein Thema. Dass sich das in
den folgenden Jahren in Richtung Virtual
Reality entwickelt hat, kam uns natürlich
sehr entgegen.

Hatten Sie noch zusätzlich Game-Exper-
ten an Bord?
HB: Ja. Für die Umsetzung war klar, dass
wir jemanden brauchen, der sich auf
Produktionsebene in der Games-Welt
auskennt. In meinem Studienjahrgang
gab es 2000 an der HFF München schon
Leute, die sich mit Gaming auseinander-
gesetzt haben. Einer davon war Philipp
Schall. Er hat schon seit langem die Brü-
cke von Gaming zu Film geschlagen und
ist über seinen Verein Transmedia Bay-
ern mit der Gamesbranche vernetzt. Ihn
habe ich als Berater hinzugeholt, um
auch für unser Projekt die Brücke zur
Gamewirtschaft zu schlagen.
CS: Auch als Philipp Schall dann Ge-
schäftsführer bei Tellux Next wurde,
blieb er trotzdem bei unserem Projekt,
und so kam dann auch die Koproduktion
mit Tellux Next zustande.

mals noch nicht in der Mitte angekom-
men, aber ich hatte das Gefühl, dass es
brodelte. Ich habe überlegt, mit wem ich
einen Film über einen spielsüchtigen
jungen Menschen und die Auswirkungen
auf seine Familie machen könnte und
bin dabei auf Philip Koch gekommen.
Wir kannten uns einerseits aus dem
Filmstudium an der HFF, aber auch aus
der Bavaria, wo er bei Uschi Reich in der
Drehbuchwerkstatt war. Übrigens war
auch Christoph damals bei Uschi Reich.
Bei unserem ersten Treffen hat Philip
nach einer Minute gesagt, er finde die
Filmidee super. Dabei kam auch raus,
dass er selbst spielte. Das hatte ich gar
nicht gewusst. Nach eineinhalb Stunden
Treffen wussten wir genau, was wir ma-
chen wollten. Da war zum Beispiel schon
klar, dass die Hauptfigur eine Teenagerin
wird, obwohl die Gameswelt 2013 noch
eindeutig eine Jungsdomäne war.


Visionär...
HB: Wir hatten gleich sehr konkrete
Vorstellungen. Ich hatte damals schon
den Mittwochsendeplatz in der ARD im
Kopf. Es war auch klar, dass es um ein
PC-Game gehen würde, dass wir bildfül-
lend würden umsetzen müssen. Wenn


HAMID BAROUA
(LINKS)
Gründer und ge-
schäftsführender
Gesellschafter der
Sappralot Produc-
tions. Der HFF-Ab-
solvent arbeitete
nach seinem Pro-
duktionsstudium
von 2007 bis 2013
als Producer für die
Bavaria Film, an-
schließend als freier
Producer.

CHRISTOPH
SZONN
Produzent und Ge-
schäftsführer. Zuvor
arbeitete der stu-
dierte Dipl.-Be-
triebswirt (FH)
lange Jahre in der
Bavaria Film Finan-
zierungsabteilung
und für die Produ-
zentin Uschi Reich,
bis er 2011 in das
Filmteam der LfA
Förderbank Bayern
wechselte.
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