FORSCHUNG AKTUELL
nutzen bereits gewisse Symmetrien,
um den Prozess zu vereinfachen und
handhabbar zu machen.
Ein zweites Problem ist subtiler:
Wellen, die von der Mitte der Linse
zum Fokuspunkt laufen, haben rein
geometrisch einen kürzeren Weg
dorthin als solche, die vom Rand
kommen. Eine Lichtfront, die auf der
Vorderseite einfällt, erreicht den Sam
melpunkt dahinter also nicht gleichzei
tig, sondern in Form kleiner Pakete, bei
denen die Berge und Täler der Wellen
nicht mehr genau übereinanderliegen.
Statt sich wieder auf die ursprüngliche
Intensität zu verstärken, löschen sich
einige nun gegenseitig aus.
Der Wald von Nanosäulen
will nicht wachsen
Um den Effekt auszugleichen, müssen
die Strukturen zusätzlich das Licht
zwischen den äußersten Bereichen bis
zur Mitte insgesamt gerade passend
verzögern. Das können die Wissen
schaftler aber nur in gewissen Grenzen
über die Oberflächeneigenschaften
steuern. Der naheliegendste Weg
wäre, die Metalinsen schlicht dicker zu
machen – mehr zu durchquerendes
Material bedeutet eine größere mögli
che Gesamtverzögerung.
Allerdings ist es schwierig, die
feingliedrigen Säulen immer weiter in
die Höhe wachsen zu lassen. Die
Physiker um Capasso erreichen mittels
Elektronenstrahllithografie 600 Nano
meter. Dänische Nanowissenschaftler
haben 2016 mit einem neuen Verfah
ren und dem gleichen Werkstoff
(Titandioxid) extrem steile, 4500 Nano
meter hohe Strukturen erzeugt, deren
Breite von 90 Nanometern etwa den
typischen Säulendicken auf einer
Metalinse entspricht. Das ist an der
Grenze des Machbaren – und reicht
trotzdem nicht, um in den benötigten
Millimeterbereich vorzustoßen.
Aber womöglich gibt es einfachere
Auswege. Analog zu üblichen, zusam
mengesetzten Linsengruppen, die ihre
optischen Abbildungsfehler gegensei
tig korrigieren, ließen sich mehrere
Metalinsen stapeln. Oder eine Meta
oberfläche könnte mit einer Glaslinse
kombiniert werden. Im Vergleich zu
herkömmlichen Linsensystemen
PALÄOKLIMATOLOGIE
DAS ENDE DER BRONZEZEIT
Radiokarbon- und Keramikdatierungen bestätigen zusammen mit
archäobotanischen Analysen eine lang gehegte Vermutung: Ein
Klimawandel setzte um 1200 v. Chr. eine Kaskade in Gang, an deren
Ende blühende Großreiche kollabierten.
ersparte das zumindest einen Teil der
Dicke und des Gewichts. Eine beson
dere Eigenschaft von Metalinsen
brächte zusätzliche Vorteile: Bei ihnen
sinkt die Brennweite tendenziell mit
zunehmender Wellenlänge, das heißt,
rotes Licht wird näher bei der Meta
linse gebündelt als blaues. Bei klassi
schen Linsen ist es genau umgekehrt.
So könnten darauf abgestimmte
Nano strukturen die typischen Farbfeh
ler einer Glaslinse gerade ausgleichen.
Außerdem kommen beispielsweise in
Smartphones ohnehin bereits Compu
terprogramme zum Einsatz, die Bilder
unmittelbar nach der Aufnahme opti
mieren. Und sind bei einer Metalinse
die Abbildungsfehler im Weißlicht im
Vorhinein bekannt, lassen sie sich
wieder herausrechnen. Das haben
Forscher von der University of Wa
shington 2018 demonstriert.
Vieles spricht dafür, dass Metaober
flächen optische Systeme auf die eine
oder andere Weise noch kompakter
und leistungsfähiger machen werden.
Alles wird davon abhängen, wie
erfolgreich und massenfertigungskom
patibel die Wissenschaftler die Durch
messer aus dem Bereich einiger zehn
Mikrometer in die Millimeterdimension
treiben. So lange bleiben Metalinsen
eine schlagkräftige Armada, die noch
ihr Leuchtturmfeuer sucht.
Mike Beckers ist Physiker und Redak
teur bei Spektrum der Wissenschaft.
QUELLEN
Chen, W. T. et al.: A broadband achro
matic polarizationinsensitive metalens
consisting of anisotropic nanostruc
tures. Nature Communications 10, 2019
Chen, W. T. et al.: Broadband achroma
tic metasurfacerefractive optics. Nano
Letters 18, 2018
Colburn, S. et al.: Metasurface optics
for full color computational imaging.
Science Advances 4, 2018
Wer sich für die nahe Zukunft unse
rer westlichen Kultur interessiert,
sollte vielleicht auch einen Blick in
die ferne Vergangenheit werfen.
Genauer gesagt: auf den als »3.2kaBP
event« bezeichneten Kollaps der Kul
turen des östlichen Mittelmeerraums
um 1200 v. Chr. Eine aktuelle Studie
bestätigt den Verdacht, ein dramati
scher Klimawandel habe maßgeblich
dazu beigetragen, dass die mykeni
schen Paläste in Flammen aufgingen
und das Großreich der Hethiter vom
Erdboden verschwand. Innerhalb
weniger Jahrzehnte war die Bronzezeit
Geschichte; es sollte drei »dunkle
Jahrhunderte« dauern, bis die Region
erneut Hochkulturen hervorbrachte.
Über die Ursachen des jähen Epo
chenendes haben Forscher viel speku
liert. Die verschiedenen Reiche waren
durch ein weit gespanntes Handels
netz miteinander verbunden. Hatten
die Eliten dieses System überreizt?
Lösten wachsende gesellschaftliche
Spannungen zwischen Arm und Reich
womöglich Revolten aus? Welche
Rolle spielten die in altägyptischen
Texten erwähnten Überfälle durch
»Seevölker«, und woher kamen diese?
Seit einigen Jahren mehren sich
allerdings auch Hinweise auf lang
andauernde Kälte und Dürre, die eine
auf Ackerbau basierende Nahrungs
versorgung und Wirtschaft in Schief
lage bringen mussten. Insbesondere
Pollenanalysen aus Bohrkernen von
ehemaligen Seen sprechen eine deutli
che Sprache: Von Italien bis zum Iran,
von Griechenland bis in die Levante
regnete es viel zu wenig, und statt
fruchtbarer Felder breiteten sich Step