14 SCHWEIZ Mittwoch, 21. August 2019
Der ehemalige griechischeVerteidigungsminister Akis Tsochatzopoulos soll mit der Hilfe des angeklagten ZürcherBankers
Bestechungsgelder gewaschen haben. Er selbst wurde 2013wegen Korruption verurteilt. ALKIS KONSTANTINIDIS / EPA
Ehemaliger Topbanker von der Goldküste
steht wegen Geldwäschereivor Gericht
DieBundesanwaltschaft hat einen Bankier angeklagt, der in rund100 Operationen schmutziges Geld neu investiert haben soll
Der Deutsche soll für einen
früheren griechischen
Verteidigungsminister
24 MillionenFranken gewaschen
und die Herkunft der Gelder
verschleiert haben.Am Mittwoch
beginnt der Prozess am
Bundesstrafgericht in Bellinzona.
KATHRIN ALDER
Die Anklageschrift umfasst 68 Seiten und
liest sich wie ein Krimi. Es geht um wich-
tige Männer, Macht, Gier, haufenweise
kriminelle Energie und schliesslich, wie
meist in solchenFällen, umBankkonti
in der Schweiz. Die Bundesanwaltschaft
wirft einem ehemaligenTopbanker, der
unter anderem für Morgan Stanley und
die UBS tätig war, qualifizierte Geld-
wäscherei vor. Er soll während seiner
Zeit bei Morgan Stanley für den dama-
ligen griechischenVerteidigungsminis-
ter Tsochatzopoulos überJahre hinweg
Geld gewaschen haben. Letzterer wurde
in Griechenland 2013 zu einerFreiheits-
strafevon zwanzigJahren verurteilt.
Konkret gehtes um Bestechungsgel-
der in Höhe von umgerechnet rund 24
MillionenFranken, die derBanker in
verschiedene Projekte investiert haben
soll. Darüber hinaus soll er dafürgesorgt
haben,dassTsochatzopoulos und dessen
Umfeld in Griechenland ungestört an
Bargeld gelangenkonnten.Weiter wirft
ihm die Bundesanwaltschaft vor, von
den Bestechungsgeldern, die er verwal-
tet hat, rund eine MillionFranken ver-
untreut zu haben.Der Banker bestreitet
die Vorwürfe vollumfänglich,sein An-
walt richtet auf Anfrage aus, man werde
sich imRahmen der Hauptverhandlung
einlässlich zu denVorwürfen der An-
klage äussern.
KrummerRüstungsdeal
Voraus ging dem Ganzen ein krum-
merRüstungsdeal.Während der Amts-
zeit von Tsochatzopoulos, einem Mit-
glied der LinksparteiPasok, begann laut
Anklageschrift «eine massiveAufrüs-
tung der griechischen Armee mit aus-
ländischenRüstungsgütern». Griechen-
land bestellte während dieser Zeit unter
anderem Flugabwehrrake tensysteme
eines russischen Staatsunternehmens, die
den griechischen Staat rund 800 Millio-
nen Dollarkosteten.Allein: Die 21 Flug-
abwehrraketen waren untauglich, das er-
gab ein entsprechender Bericht imVor-
feld. Tsochatzopoulos kaufte sie trotz-
dem. Immerhin schaute für ihn etwas
dabei heraus. Über einen als Intermediär
eingesetztensyrischenWaffenhändler
flossen nämlich insgesamt 80 Millionen
Dollar in seineeigene Tasche.Der inzwi-
schen verstorbeneWaffenhändler wurde
2015 in Griechenland wegen Bestechung
zu lebenslanger Haft verurteilt.
Doch wohin mit dem ganzen schmut-
zigenGeld? Und vor allem:Wie konnte
Tsochatzopoulos das Bestechungsgeld
unentdeckt behändigen? Er brauchte
Helfer. Und die hatte er. Ein zyprioti-
scherFreund und Minister sowieein
wenig begüterter Cousin fungierten in
der Schweiz als Strohmänner und er-
öffneten die Bankbeziehungen.Vor
allem aber brauchte er einen zuverlässi-
gen Banker. Den fand Tsochatzopoulos
lau t Bundesanwaltschaft im nun ange-
klagten ehemaligenTopbanker von der
Goldküste. Der deutsche Staatsangehö-
rige mitWurzeln in Griechenland soll
das Bestechungsgeld entgegengenom-
men und gewaschen haben. Dreizehn
Jahre lang.
Laut Anklageschrift waren es insge-
samt «nahezu 100 Geldwäschereiopera-
tionen», die derBanker in dieser Zeit
zugunsten von Tsochatzopoulos durch-
geführt hat. Die Bundesanwaltschaft
ist sich sicher, dass derBanker um die
verbrecherische Herkunft der Gelder
wusste und sie gezielt verschleierte, in-
dem er jeweils verschiedenePersonen
und Unternehmen vorschob.Auch habe
er bewusstregelmässig falsche Angaben
zur Herkunft der Gelder gemacht und
damit die bankinterne Compliance ge-
täuscht.Verantworten muss sich der
Banker deshalb wegen qualifizierter
Geldwäscherei. Die Bundesanwalt-
schaft wirft ihm eine bandenmässige
Begehung vor.
Auf die Spur desBankers, der erstin
Zürich, später in London tätig war, ge-
lan gten die Schweizer Ermittler durch
Medienberichte in Griechenland. 2010
erschienen erste Artikel, die enthüllten,
dass Tsochatzopoulos’ Cousin in der
Schweiz überKonti bei derBank Mor-
gan Stanley verfügt. Ab diesem Zeit-
punkt war demBanker in der Schweiz
laut Anklage klar, dass die entsprechen-
den Bankbeziehungen nun Gegenstand
von Ermittlungen sind. Im April 2012
wurden Tsochatzopoulos und sein Cou-
sin verhaftet, was weiteres Medienecho
auslöste.
Retten, was zu rettenist
Gemäss Anklageschrift versuchte der
Banker nun, aus der Situation Profit zu
schlagen. Er begann, Tsochatzopoulos’
schmutziges Geld in siebenTranchen
nach London zu seinem bestenFreund
zu verschieben.Von da aus wurde es an
die «Rotorflug Anstalt» bei der UBS
weitergeleitet, eine Gesellschaft, die
wiederum demBanker gehörte. Als
Zahlungsgrund wurde jeweils derVer-
kauf vonKunst griechisch-amerikani-
scherKünstler angegeben, wobei es sich
dabei lautAnklage um fiktiveVerkäufe
handelte. Der Banker lieferte dieWerke
nie aus, vielmehr befinden sie sich wei-
terhin in seinem Besitz und Eigentum
im Haus an der Goldküste. Insgesamt
gelangte derBanker so an eine Million
Franken, die er sich mit seinemFreund
in London teilte.
Die Ermittlungen in der Schweiz
brachten die steile Karriere des Bankers
zu einem jähen Ende. 2013 hatte dieser
zur UBS gewechselt. Docham 1. Juli
2014 um 6Uhr früh holte ihn seineVer-
gangenheit ein: DiePolizei führte eine
erste Hausdurchsuchung bei ihm durch,
zwei weitere sollten folgen. Im Dezem-
ber 2014 wurde er schliesslich am Flug-
hafen Zürich verhaftet und in Unter-
suchungshaft überführt,wo er fast ein
Jahr verbrachte.Am Mittwoch beginnt
in Bellinzona der Prozess gegen ihn.Das
beantragte Strafmass gibt die Bundes-
anwaltschaft erst in der Hauptverhand-
lung bekannt.
Keine Schweizer Extrawurst bei Autos
Ständeräte wollenImporteuren nicht mehr Zeit geben, sichdem Klimaziel anzupassen
CHRISTOF FORSTER, BERN
BeimVerkehr besteht die grösste Lücke
zum gesetzten Ziel. Bis 2020 soll der
CO 2 -Ausstoss auf Benzin und Diesel um
20 Prozent abnehmen gegenüber1990.
So schreibt es das Gesetz vor. Doch
2018 lagen die Emissionen rund 3 Pro-
zent über demWert von1990. Dafür gibt
es zwei Gründe: Die Leute fahren mehr,
und sie tun dies in grösserenAutos, die
mehr CO 2 ausstossen.
Laut CO 2 -Gesetz darf der durch-
schnittlicheAusstoss der Neuwagen seit
2015 noch 130 Gramm pro Kilometer
bet ragen. Im vergangenenJahr waren
es jedoch 138 Gramm. Die Schweizer
Grenzwerte orientieren sich an den
Klimazielen der EU.Wenn dieAuto-
importeure diese Vorgabe nicht er-
reichen, müssen sie Bussen bezahlen.
Laut dem Branchenverband beliefen
sich diese Strafzahlungen 2018 auf rund
30 MillionenFranken. Umgelegt auf die
rund 300000 importierten Neuwagen
ergibt dies proAuto im Schnitt einen
Aufschlag von 100Franken.
Wäre der Bundesrat der Branche
nich t entgegengekommen, wären die
Bussen viel saftiger ausgefallen:Laut
Bundesverwaltung mehrere hundertMil-
lionenFranken proJahr. Die Regierung
hat nämlich aufVerord nungsstufe zwei
Erleichterungen eingeführt.Der CO 2 -
Zielwertgilt zunächst nur für einenTeil
der Flotte.Ausgenommen wurden die
Fahrzeuge mit dem stärkstenVerbrauch.
Zudem zählen emissionsarmeFahrzeuge
mehrfach.Der Bundesrat hat dies damit
begründet, dass die Schweiz von einem
höheren Niveau aus starte als die EU.
NächstesJahr sinkt der Zielwert für
Personenwagen erneut, und zwar mar-
kant– auf noch 95 Gramm pro Kilo-
meter. Und wieder sieht der Bundesrat
in derVerord nung Erleichterungen für
die Importeure vor. Sie folgen dem glei-
chen Muster wie zuvor. 2020 werden für
die CO 2 -Bilanz15 Prozent derFahrzeuge
mit den grösstenTreibhausgasemissio-
nen ausgenommen. 2021 sind es noch 10
Prozent und 2022 schliesslich 5 Prozent.
Emissionsarme Neuwagenkönnen sich
die Importeure 2020 doppelt anrechnen
lassen, 2022 noch 1,33-fach.
Nun gewichtet aber die Mehrheit
der Umweltkommission des Ständerats
(Urek) die Klimaziele höher als die Be-
findlichkeiten derAutoimporteure. Die
Schweiz soll im Gleichschritt mit der
EU den CO 2 -Ausstoss der importierten
Neuwagen senken. In der EU giltledig-
lich 2020 als Übergangsjahr,indem die 5
ProzentFahrzeuge mit dem grösstenVer-
brauch nicht mitgezählt werden. Diesen
Entscheid hat die Urek am vergangenen
Freitag nicht offensivkommuniziert.
Dagegenregt sich nun derWider-
stand derAutoimporteure. «In der vom
Stimmvolk angenommenen Energie-
strategie ist explizit vorgesehen, dass der
Bundesrat Erleichterungen einführen
kann», sagt Andreas Burgener, Direktor
des BranchenverbandsAuto Schweiz.
Er verweist auf die anderenRahmen-
bedingungen der Schweiz.Damit meint
er nicht nur die imVergleich zur EU
höhereKaufkraft, die dazu führt, dass
grössereAutos mit höherem CO 2 -Aus-
stoss gekauft werden.
Die EU muss das Klimaziel laut Bur-
gener nur als Gesamtes erreichen.Das
heisst,Länder wie Italien oder Grie-
chenland mit verbrauchsarmenAutos
könnten die Flotten derreicherenLän-
der wie Deutschlandkompensieren.
Die Schweiz hingegen müsse das glei-
che Ziel bei lediglich 300000 Neuwagen
proJahr erreichen. Dies sei illusorisch.
Realistisch sei, dass der neue Zielwert
von 95 Gramm pro Kilometer erst 2025
oder 2026 erreicht werde.
Die Zeit spielt indes für Burgener
und seine Branche. Das neue CO 2 -Ge-
setz dürfte frühestens 2021 in Kraft tre-
ten.Wahrscheinlicher ist jedoch 2022
oder noch später. Dann ist auch die
Schonfrist für die Schweizer Importeure
vorbei.Wichtig ist aber auch, was da-
nach passiert.Falls dasVerbot desSwiss
Finish, so wie es die Urek des Ständerats
will , die Parlamentsberatung übersteht,
werden neueForderungen der Branche
nach Erleichterungen nach2022 einen
schweren Stand haben.
Pilotenfehler
führte zu
PC-7-Absturz
Der Verstorbene wendete Sicht-
stattInstrumentenflugan
(sda)·Nun ist klar, weshalb eine PC-
im September 2017 am Schreckhorn ab-
gestürzt ist: Der Pilot flog trotz ungenü-
genden Sichtverhältnissen nach denRe-
geln des Sichtflugs statt im Instrumen-
tenflugverfahren. Dies teilte die Mili-
tärjustiz am Dienstagmorgen mit.Der
Pilot kam ums Leben, als das Flugzeug
vomTypPilatus PC-7Turbo-Trainer am
- September 2017 in dieWestflanke
des Schreckhorns in den Berner Alpen
prallte. Der Untersuchungsrichter der
Militärjustiz hat die vorläufige Beweis-
aufn ahme aufAuftrag desKommandan-
ten der Luftwaffe durchgeführt.
In seinem Schlussbericht hälter fest,
dass sich das Flugzeug der Luftwaffe
zum Zeitpunkt des Unfalls in denWol-
ken befunden habe.Es kollidierte rund
100 Meter unterhalb des Gipfels mit dem
Berg. Der Pilot hätte imRahmen eines
individuellenTrainings vonPayerne VD
nachLocarnoTIundzurückfliegensollen.
Der Untersuchungsrichter kommt
nun zum Schluss, dassder erfahrene Pi-
lot aufgrund der vorherrschendenWet-
terlage bei der Überquerung des Alpen-
hauptkamms das falsche Verfahren ge-
wählt habe. «Somit stellt ein fliegeri-
scher Aspekt die Unfallursache dar»,
schreibt die Militärjustiz.
SRG-Standorte
sind nicht Sache
der Politik
Ständeratskommissionlehnt
parlamentarische Initiativen ab
(sda)·ImParlament ist umstritten, ob
die Politik der SRGVorschriften zu den
Standorten machen soll oder nicht. Der
Nationalrat ist dafür, die Ständerats-
kommission bleibt beim Nein.Auslöser
der Debatten war die Ankündigung der
SRG gewesen, einen grossenTeil des
Radiostudios von Bern nach Zürich zu
verlegen. Die Umzugspläne sorgen von
links bisrechts für Kritik. Der National-
rat wies die SRG in die Schranken. Er
nahm in der Sommersession fünf par-
lamentarische Initiativen an, mit 120 zu
54 Stimmen bei 10 Enthaltungen. Diese
verlangen, dass dieRadio-Informations-
sendungen weiterhin schwergewichtig in
Bern undLausanne und dieTV-Infor-
mationssendungen in Zürich und Genf
produziert werden müssen.
Im Ständerat haben dieVorstösse
geringe Chancen: Die Kommission
für Verkehr undFernmeldewesen des
Ständerates (KVF) hatsich mit 11 zu
1 Stimmen dagegen ausgesprochen, wie
die Parlamentsdienste am Dienstag mit-
teilten. Eine Standesinitiative des Kan-
tons Genf lehnte sie einstimmig ab. Die
Kommission ist derAuffassung, es sei
nichtAufgabe des Gesetzgebers, die
strategischen Entscheide der SRG zu
hinterfragen.