Handelsblatt - 30.08.2019 - 01.09.2019

(Jeff_L) #1
Arbeitsmarkt

Minister Heil lässt Kollegen Altmaier auflaufen


Der Arbeitsminister lehnt die
vom Wirtschaftsminister
geforderte Senkung des
Arbeitslosenbeitrags ab. Die
Arbeitsagentur brauche Geld.

Frank Specht Berlin

H


ubertus Heil (SPD) hält sich
nicht lange mit dem Vorstoß
seines Kabinettskollegen Pe-
ter Altmaier (CDU) auf. Die Erfahrung
aus der Finanzkrise lehre doch, dass
es keine verantwortungsvolle Politik
wäre, die Rücklage der Bundesagen-
tur für Arbeit (BA) „zu plündern“,
sagte der Arbeitsminister am Don-
nerstag. Und im Übrigen zählten für
ihn nicht „Ankündigungen oder Pa-
piere“, sondern gemeinsam in der
Koalition erzielte Ergebnisse.
Altmaier hatte als Bestandteil sei-
ner Mittelstandsstrategie eine weitere
Absenkung des Arbeitslosenbeitrags
um 0,3 bis 0,4 Prozentpunkte ins
Spiel gebracht. Die Regierung hatte
den Beitrag erst zum Jahresbeginn
um 0,5 Punkte auf 2,5 Prozent ge-
senkt. Dennoch wachsen wegen des
lang anhaltenden Jobbooms die Re-
serven weiter. Ende vergangenen Jah-
res belief sich die Rücklage der BA
auf 23,5 Milliarden Euro, und in der
ersten Hälfte dieses Jahres erzielte

die Behörde einen Überschuss von
322 Millionen Euro.
Dennoch hält auch Christiane
Schönefeld, die der BA-Verwaltungs-
rat am Donnerstag zur neuen Vor-
standsfrau für Personal und Finan-
zen wählte, nichts von einer Beitrags-
senkung: „Wir tun gut daran,
Beschäftigte für den Strukturwandel
zu rüsten“, sagte die langjährige Lei-
terin der BA-Regionaldirektion Nord-
rhein-Westfalen dem Handelsblatt.
Das gehe nur mit Beratung und Qua-

lifizierung. „Ich sehe deshalb keinen
Spielraum, den sensationell niedri-
gen Arbeitslosenbeitrag weiter zu
senken“, betonte Schönefeld.

Höhere Ausgaben erwartet
Tatsächlich kommen auf die BA ab-
sehbar wieder höhere Ausgaben zu.
Nicht nur, weil sie die neue lebensbe-
gleitende Berufsberatung oder Lohn-
kostenzuschüsse für Weiterbildung
im Rahmen des Qualifizierungschan-
cengesetzes finanzieren muss, son-
dern auch, weil sich die Konjunktur-
abkühlung auf dem Arbeitsmarkt
niederschlägt, wenn auch mit Verzö-
gerung.
Bereinigt um saisonale Einflüsse ist
die Zahl der Arbeitslosen im August
leicht um 4 000 gegenüber dem Vor-
monat gestiegen. Der Anstieg sei da-
bei allein auf die Entwicklung im Be-
reich der Arbeitslosenversicherung
aufgrund der konjunkturellen Eintrü-
bung zurückzuführen, teilte die
Nürnberger Behörde mit. Die Zahl
der Kurzarbeiter ist auf rund 45 000
gestiegen. Im Rezessionsjahr 2009
waren es im Jahresdurchschnitt aber
mehr als 1,1 Millionen.
Der Frühindikator Kurzarbeit liefe-
re bisher keine Anzeichen dafür,
„dass es ganz schwer wird“, sagte BA-
Vorstandschef Detlef Scheele bei der
Präsentation der Arbeitsmarktdaten.

Auch Arbeitsminister Heil betonte, er
sehe „keinen Grund für Alarmismus
oder Weltuntergangsstimmung“. Al-
lerdings gebe es weltkonjunkturelle
Risiken wie den Handelskrieg zwi-
schen den USA und China, die sin-
kende Nachfrage aus der Volksrepu-
blik oder die Gefahr eines ungeregel-
ten Brexits.
BA-Chef Scheele geht davon aus,
dass es in den kommenden Monaten
zu einer „Parallelität“ zwischen ei-
nem verlangsamten Beschäftigungs-
aufbau und weiter steigender kon-
junkturbedingter Arbeitslosigkeit
kommen wird. Das Statistische Bun-
desamt zählte im Juli 45,3 Millionen
Erwerbstätige, 374 000 mehr als im
Vorjahresmonat. Das Plus beruhte
dabei weit überwiegend auf der Zu-
nahme sozialversicherungspflichtiger
Beschäftigung. Heil bekräftigte, im
Herbst einen Entwurf für sein „Ar-
beit von morgen“-Gesetz vorlegen zu
wollen. Der SPD-Politiker plant unter
anderem, die Kurzarbeit noch stärker
mit Qualifizierung zu verknüpfen. Ar-
beitgebern, die nicht mehr benötigte
Beschäftigte für die Dauer einer Qua-
lifizierung weiterbeschäftigen, ver-
spricht Heil Zuschüsse zum Entgelt
und zu den Weiterbildungskosten.

> Porträt Christiane Schönefeld
Seite 63

Arbeitsmarkt in Deutschland
Zahl der Arbeitslosen

2 289 000

HANDELSBLATT

Juli 2016 August 2019
Saisonbereinigt • Quelle: BA

2 800 000

2 600 000

2 00 000

2 200 000

2 000 000

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