Studie
Mobilitätswende stresst die Autozulieferer
Die Investmentbank Lazard
und die Berater von Roland
Berger haben die Bilanzen
von 600 Autozulieferern
weltweit ausgewertet. Das
Ergebnis ist ernüchternd.
Franz Hubik München
S
chaeffler plant Kurzarbeit,
Bosch will Stellen streichen,
und Continental erwägt sogar,
ganze Werke zu schließen. Die Lage
bei den Automobilzulieferern spitzt
sich immer mehr zu. Und es betrifft
längst nicht nur die Großen der Bran-
che. Die Investmentbank Lazard und
die Berater von Roland Berger haben
die Bilanzen von 600 Zulieferern welt-
weit ausgewertet. Ihr Fazit: Der Bran-
che droht 2019 eine „Vollbremsung“.
Der Sektor befinde sich im „Sturm
der Mobilitätswende“, schreiben die
Experten der beiden Unternehmen in
einer neuen Studie, die dem Handels-
blatt vorliegt. Nach sieben Jahren mit
hohem Wachstum brechen nun Um-
sätze und Gewinne der globalen Zulie-
ferer erstmals erheblich ein. Konkret
dürften die Erlöse der 600 führenden
Unternehmen dieses Jahr um fünf
Prozent schrumpfen.
Mehr noch als die Einnahmenseite
leidet die Profitabilität. Die durch-
schnittliche Marge vor Zinsen und
Steuern (Ebit) der Zulieferer sinkt von
7,2 Prozent im vergangenen Jahr auf
im schlimmsten Fall nur noch 6,0 Pro-
zent im Jahr 2019, prognostizieren La-
zard und Roland Berger. Damit würde
die Umsatzrendite der Zulieferer auf
den niedrigsten Wert seit 2012 fallen.
„Auf den ersten Blick sehen die
rund sechs Prozent noch nach einer
üppigen Marge aus“, schreiben die
Autoren der Studie. „Doch der Schein
trügt: Mit sechs Prozent nähern sich
die Zulieferer einer Grenze, bei der so-
wohl die Eigenfinanzierung als auch
die Refinanzierung am Kapitalmarkt
schwieriger wird.“
Das Kernproblem der Branche: Die
globale Pkw-Produktion schrumpft.
Im ersten Halbjahr wurden rund um
den Globus nur noch 46 Millionen
Neuwagen produziert. Das sind 2,
Millionen Fahrzeuge weniger als noch
im Vorjahreszeitraum. Und Besserung
ist nicht in Sicht. Der Abwärtstrend
dürfte sich fortsetzen. Insbesondere
der Einbruch des chinesischen Auto-
markts belastet die Industrie. Die Ver-
käufe im Reich der Mitte sanken zwei-
stellig.
Viele Zulieferer haben allerdings in
Erwartung weiteren Wachstums in
den vergangenen Jahren zusätzliche
Fabriken in Fernost aufgebaut. „Jetzt
bleiben bei manchen Zulieferern 60
bis 70 Prozent der neuen Kapazitäten
ungenutzt“, konstatiert Felix Mogge,
Autoexperte von Roland Berger. Alter-
nativen zu China gibt es de facto kei-
ne. Der Pkw-Markt in Nordamerika
stagniert, in Europa ist das Geschäft
sogar rückläufig.
Die Autohersteller reichen den
Druck infolge des Absatzschwunds an
ihre Zulieferer weiter. Die internatio-
nalen Handelskonflikte verschärfen
die Situation. Die Zulieferer stecken
nun in einem Dilemma: Einerseits
müssen sie ihre Kosten drastisch sen-
ken, andererseits kommen sie nicht
darum herum, viel Geld in neue Pro-
dukte und Zukunftstechnologien wie
Elektromobilität und autonomes Fah-
ren zu investieren, um auch künftig
noch Wachstum generieren zu kön-
nen.
Gerade für viele kleinere Unterneh-
men mit schwächerer Kapitaldecke
werde dieser Wandel „sehr an-
spruchsvoll“, schreiben die Studien-
autoren. Zur Lösung des Zielkonflikts
gebe es kein Patentrezept. Jeder Zulie-
ferer müsse auf Basis seiner individu-
ellen Situation und seiner Stärken und
Schwächen die passende strategische
Antwort finden.
Wichtig dabei sei aktives Portfolio-
management. „Zulieferer müssen ent-
scheiden, ob sie in langfristig stagnie-
renden Bereichen die Marktführer-
schaft erlangen beziehungsweise
verteidigen können. Wenn dem so ist,
sollte das Geschäft ausgebaut sowie
konsequent auf Ertragssteigerung und
Cashflow-Maximierung ausgerichtet
werden“, rät Christof Söndermann
von Lazard.
Andernfalls empfiehlt der Banker
den Ausstieg aus bestimmten Ge-
schäftsfeldern. „Das freigesetzte Kapi-
tal sollte in Bereiche investiert wer-
den, in denen profitables Wachstum
realistisch ist“, sagt Söndermann.
Entwicklung bei
Schaeffler: Der
Sektor befinde
sich im „Sturm der
Mobilitätswende“,
schreiben die
Experten.
Bloomberg
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WOCHENENDE 30./31. AUGUST / 1. SEPTEMBER 2019, NR. 167^19
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