Pro-Europäerin Davidson: Ihr Rückzug ist ein
herber Verlust für die britischen Konservativen.
AFP
Ruth Davidson
Rücktritt wegen
Baby und Brexit
LONDON Für die
Wahlchancen der bri-
tischen Tories ist es
ein herber Schlag: Die
Chefin der schotti-
schen Konservativen,
Ruth Davidson, tritt
zurück. Als Haupt-
grund nannte die
40-Jährige, dass sie
mehr Zeit mit ihrer
Frau Jen und dem im
Oktober geborenen
Sohn Finn verbringen
wolle. Aber auch ihre
Haltung zum Brexit
habe eine Rolle ge-
spielt. Die leidenschaft-
liche Proeuropäerin
hadert seit Langem mit
dem Regierungskurs in
London. Sie ist auch
eine scharfe Kritikerin
des neuen Premiermi-
nisters Boris Johnson.
Am Donnerstag stellte
sie sich allerdings
hinter den Regie-
rungschef. Er wolle ei-
nen geregelten Brexit,
sagte Davidson. Das
Parlament müsse ihn
dabei unterstützen.
Die frühere BBC-Jour-
nalistin zählt zum
liberalen Flügel der
Partei. Ihr Rücktritt
kommt Johnson höchst
ungelegen. Denn in
ihren acht Jahren als
Parteivorsitzende hat
sie es geschafft, die in
Schottland einst ver-
rufenen Tories wieder
wählbar zu machen.
Die Partei wurde zur
zweitstärksten Kraft
im schottischen Parla-
ment und gewann
ein Dutzend Sitze im
Unterhaus. Bei einer
Neuwahl drohen
nun Stimmverluste.
cvo
Christian Wermke Düsseldorf
E
s waren drei ziemlich ruhige Jahre
für den einstigen Adidas-Chef. Klar,
Herbert Hainer sitzt noch in den
Aufsichtsräten von Lufthansa und
Allianz, kontrolliert auch die irische
Unternehmensberatung Accenture mit. Doch
zurück in die großen Schlagzeilen schaffte es
der 65-Jährige erst, seit er für die höchsten Äm-
ter des deutschen Fußballs gehandelt wird. Im-
mer wieder fiel sein Name bei der Suche nach
einem DFB-Präsidenten. Auch als Nachfolger
für FC-Bayern-Legende Uli Hoeneß ist er schon
länger im Gespräch.
Seit dieser Woche weiß Fußballdeutschland:
Hainer wird Hoeneß beerben – als Bayern-Präsi-
dent und an der Spitze des Aufsichtsrats. Zu-
mindest, wenn es nach dem 67-jährigen Amts-
inhaber geht. Abgestimmt wird auf der Jahres-
hauptversammlung im November, nötig ist
mehr als die Hälfte der Stimmen. Bislang gibt es
keinen Gegenkandidaten.
Auf den ersten Blick wirken sie wie Gegensät-
ze. Hier der emotionale Hoeneß, der mit rotem
Kopf auf der Tribüne zetert. Dort der ausgegli-
chene Hainer, ein Kopfmensch, ruhig, sachlich.
Auch optisch trennen die beiden Welten. Hoe-
neß, der leicht untersetzte Wurstfabrikant. Hai-
ner, der asketische Dauerläufer, der kein Des-
sert anrührt. Aber es gibt Gemeinsamkeiten
und Sympathien. Beide sind die Söhne von
Metzgern, kennen sich seit 20 Jahren und sind
eng befreundet. Im Jahr 2006, als eine von Hai-
ners zwei Töchtern mit 23 Jahren an einer Lun-
genembolie starb, waren Hoeneß und seine
Frau bei der Trauerfeier. „Da haben wir ge-
spürt: Es kann kommen, was mag, zwischen
uns kann nichts mehr passieren“, erzählte Hoe-
neß vor knapp einem Jahr im „FAZ“-Doppelin-
terview mit Hainer. Der legte nach: „Ein
Freund, mit dem du weinen kannst, ist ein Ge-
schenk.“ Kein Wunder, dass Hainer einer der
ersten Besucher im Landsberger Gefängnis war,
in dem Hoeneß 2014 seine Haftstrafe wegen
Steuerhinterziehung absaß.
Hainer wollte einst selbst Profikicker werden.
Das schaffte aber nur sein jüngerer Bruder Wal-
ter – ausgerechnet beim Münchener Lokalriva-
len 1860. Hainer studierte stattdessen BWL,
führte eine Kneipe in seiner niederbayerischen
Heimat und stieg später ins Marketing beim
Konsumgüterriesen Procter & Gamble ein. 1987
kam er zu Adidas, wo er sich bis an die Spitze
arbeitete. 15 Jahre lang führte er den Sportarti-
kelkonzern aus Herzogenaurach. Er setzte auf
Wachstum in China und Russland, kaufte in
den USA die Marke Reebok, um Dauerkonkur-
rent Nike näher zu rücken. Als er Adidas 2016
an Kasper Rorsted übergab, hatte er den Um-
satz verdreifacht, der Börsenwert stieg um das
Zwölffache.
Mit dem FC Bayern ist Hainer schon lange
verbandelt. Er fädelte damals den Beteiligungs-
deal mit ein, seit 2001 gehören Adidas Anteile
an der FC Bayern München AG. Zwei Jahre spä-
ter wurde Hainer in den Aufsichtsrat gewählt.
Am 29. November wird er sich nun den Mitglie-
dern und Aktionären stellen.
Mehr als 40 Jahre prägte Hoeneß den FC Bay-
ern. Erst als Ausnahmespieler in den Siebzi-
gern, nach seinem frühen Karriereaus 1979 als
Manager. Er sorgte für den Bau der Allianz-Arena
als Fußballtempel, 2001 holte das Team erst-
mals die Champions League – von den 16 Meis-
tertiteln in seiner Amtszeit ganz zu schweigen.
Unter Hoeneß wurde der FCB zur Weltmarke.
Klar, dass ihn die Mitglieder 2009 zum Vereins-
präsidenten wählten. Überschwänglich be-
grüßten sie ihn selbst nach verbüßter Haft zu-
rück. Mit Sprechchören und 97 Prozent wurde
Hoeneß 2016 erneut Bayern-Präsident. „Ich
werde euch nicht enttäuschen“, versprach er
den Fans.
Doch zuletzt knirschte es an der Säbener
Straße. Hoeneß soll immer wieder Streit mit
Vorstandschef Karl-Heinz Rummenigge gehabt
haben. Auf der Jahreshauptversammlung 2018
gab es harsche Kritik, sogar Buhrufe. Das hat
ihn schwer getroffen: „Dieser Abend geht nicht
spurlos an einem vorüber.“
Es wird Hainer sein, der sich künftig mit
Rummenigge arrangieren muss. Und dann
kommt ja auch bald Oliver Kahn dazu, der eins-
tige Torwart-Titan, der den „Kalle“ bald als Ver-
einsboss beerben soll. Und Hoeneß? Wird wei-
ter am Wochenende auf der Ehrentribüne sit-
zen, wie schon so oft neben seinem Freund
Hainer. Und er wird weiter im Aufsichtsrat wir-
ken, als einfaches Mitglied. Als tatenlosen Rent-
ner am Tegernsee kann man sich Hoeneß ja
auch nicht wirklich vorstellen.
Persönlichkeit der Woche
Metzgersöhne
unter sich
Der ehemalige Adidas-Chef Herbert Hainer wird neuer Präsident des
FC Bayern München – als Nachfolger seines Freundes Uli Hoeneß.
Herbert Hainer:
Seit vielen Jahren
mit dem FCB ver-
bandelt.
Bruno DELESSARD/Challenges-REA/laif
Es kann
kommen, was
mag,
zwischen uns
kann nichts
mehr
passieren.
Uli Hoeneß,
scheidender Präsident
des FC Bayern, über
Herbert Hainer
Lee Jae Yong
Samsung-Erbe droht
erneut Gefängnis
SEOUL Vor eineinhalb
Jahren war Lee Jae
Yong zu einer Bewäh-
rungsstrafe wegen
Korruption verurteilt
worden. Doch wie sich
jetzt zeigt, ist der Fall
damit für den Erben
des Samsung-Firmen-
imperiums noch lange
nicht erledigt: Das
Oberste Gericht in Se-
oul verwarf am Don-
nerstag das Urteil der
Berufungsinstanz in
wichtigen Teilen –
damit droht dem Vize-
vorsitzenden des
Smartphone-Markt-
führers erneut der
Gang ins Gefängnis.
Das Gericht sah es als
erwiesen an, dass von
Samsung weit mehr
Bestechungsgelder
flossen als die, die
noch vom Berufungs-
gericht angeführt wur-
den. Der 51-Jährige
war in erster Instanz
wegen Bestechung,
Untreue und Meineid
zu fünf Jahren Haft
verurteilt worden.
Davor hatte er bereits
in Untersuchungshaft
gesessen. Samsung
Electronics äußerte
sein Bedauern, „dass
dieser Fall in der Ge-
sellschaft so große
Besorgnis verursacht
hat“. Das Unterneh-
men versprach in der
Stellungnahme, die
Fehler der Vergangen-
heit nicht zu wieder-
holen. HB
Namen
des Tages
(^62) WOCHENENDE 30./31. AUGUST / 1. SEPTEMBER 2019, NR. 167
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