Der Überfall auf Polen war ein Krieg, der
vom erstenTag an auchgegendie Zivilbe-
völkerung geführt wurde. Nicht nur
SS-Einsatzgruppen, auchWehrmachtssol-
daten ermordeten zahllose unbewaffnete
Polen und Juden, etwa als sie am 3. Sep-
tember 1939 Tschenstochau eroberten.
Einen Tag später kam es unter nicht völ-
lig geklärten Umständen zu Schieße-
reien, die die Soldaten des 42. Infanterie-
regiments alsFreischärlerangriffinterpre-
tierten. Was folgte, war ein Massaker auf
dem Marktplatz: Dort wurden etwa
10000 Einwohner der Stadt zusammen-
getrieben und gezwungen, sich mit dem
Gesicht auf den Boden zu legen. Männer,
bei denen die deutschen Soldaten Rasier-
oder Taschenmesser fanden, wurden bei-
seitegeführt und erschossen.
Nach deutschen Angaben starben an
diesem 4. September, der als „blutiger
Montag“ in die Stadtgeschichte eingegan-
gen ist, drei Frauen und 96 Männer. Bei
einer von den Besatzern im Februar 1940
veranlassten Exhu-
mierungjedochwur-
den Leichenvon ins-
gesamt 227 Perso-
nen gefunden.
Das Geschehen in
Tschenstochauist ei-
nes von vielen Bei-
spielen für die deut-
schen Verbrechen
bei der Eroberung
Polens, mit der ab
dem 1. September
1939 der Zweite Weltkrieg begann. Die
Propaganda hatte den Deutschen einge-
trichtert, die Polen als hinterhältig zu se-
hen.Dementsprechend waren viele Land-
ser nur allzu gerne bereit, ohne wirkli-
chen Anlass um sich zu schießen. Nicht
zuletzt, weil man vorgeblich einen ge-
rechten Krieg gegen einen feigen und ge-
fährlichen Feind führte, der Deutschland
viel Schaden zugefügt habe. Immer wie-
der wurden deshalb kriegsgefangene pol-
nische Soldaten ermordet, also Männer,
die sich bereits ergeben hatten. Als
„Grund“ dafür galt deren angebliches
Kämpfen hinter der Front. Letzteres war
durch die Landkriegsordnung sehr wohl
erlaubt, aber dieWehrmacht hatte dieDe-
vise ausgegeben, alle Soldaten hinter der
Front als irreguläre Kämpfer und daher
als Freiwild zu betrachten.
Die Angreifer ermordeten in jenen ers-
tenKriegswochenannähernd 70000Zivi-
listen. Das gezielte Vorgehen gegen die
polnischeElite,gegenIntellektuelle,Poli-
tiker und Priester, richtete sich gegen die
Staatlichkeit unseres Nachbarlands. Tat-
sächlich waren 1939 die Kriterien einer
genozidalen Politik, wie sie 1948 die Ver-
einten Nationen definierten, erfüllt: aber
eben in Bezug auf ethnische Polen und –
noch – nicht auf Juden. Diese Einsicht in
denverbrecherischenCharakter der deut-
schen Kriegsführung schon seit 1939,
von Anfang an, ist in Deutschland spät
gereift – wenn überhaupt. Deshalb ist
nach wie vor die Rede vom „Polenfeld-
zug“, was dem nationalsozialistischen
Sprachgebrauch entspricht.
Die Initialzündung für eine öffentliche
Debatte über die Morde ganz normaler
Soldaten im Krieg gegen die Sowjetunion
lieferte Ende der 1990er Jahre die soge-
nannte Wehrmachtsausstellung. In zwei
Fassungen präsentierte sie zahllose Foto-
grafien von Landsern, die die Taten gese-
hen und dokumentiert hatten, und löste
damit eine gesellschaftliche Debatte aus.
An diese Außenwirkung konnte die Aus-
stellung „Größte Härte“, in der Jochen
Böhler2005VerbrechenausdemKriegge-
gen Polen präsentierte, trotz aller Erfolge
nicht heranreichen. Das lag auch daran,
dass viel weniger Bilder vorlagen und der
unmittelbare Eindruck ein andererwar.
Die Gedenkstätte Haus der Wann-
see-Konferenz hat anlässlich des bevor-
stehenden 80. Jahrestags des Angriffs auf
Polen mit einem groß angelegten Aufruf
zahlreiche Fotoalben und -konvolute
überdie Kämpfe von 1939zusammentra-
gen können, die sich noch bei Kindern
und Enkelkindern der damaligen Solda-
ten befanden. Für heutige Historiker*in-
nen sind das unschätzbare Quellen. Be-
reits für sich ist jedes Foto immer eine
subjektive Aussage, indem das Gezeigte
und das Nichtgezeigte miteinander kor-
respondieren. Perspektive, Motiv und
Bildausschnitt ermöglichten damals
höchstsuggestive,teils manipulativeAus-
sagen – ganz ohne Retusche oder Photo-
shop.
Noch spannender wird all das, wenn
Beschriftungen hinzukommen und bei-
spielsweise ein Toter zu einem polni-
schen Heckenschützen erklärt wird. Die-
ses Motiv des irregulären Kämpfers
taucht immer wieder in den Sammlungen
auf und zeigt eine Selbstrechtfertigung
für das Ermorden von Zivilisten oder
auch sich ergebenden Soldaten, denen
teils fürs Foto extra die Uniform ausgezo-
gen wurde: Nur wer ohne Uniform zur
Waffegriff, verwirkteden Schutz derHaa-
ger Landkriegsordnung und durfte tat-
sächlich mit dem Tode bestraft werden.
Inder Häufigkeit, wie derartigeExekutio-
nen von den Landsern selbst dokumen-
tiert werden, gab es aber keine irregulä-
ren Kämpfer. Polnische Quellen belegen
dann beispielsweise die Erschießungen
einesPriesters,weil angeblichvomKirch-
turm aus auf Wehrmachtseinheiten ge-
schossen worden sei.
Gleichzeitig sollen die Fotos der Legiti-
mation des Angriffskrieges dienen, in-
dem sie immer wieder Angehörige der
vorgeblich von den Polen schikanierten
und unterdrückten deutschen Minder-
heit abbilden. Sie kontrastieren „volks-
deutsche“ Siedlungen und Lebensweise
mit denen der „dreckigen“ und „faulen“
Polen oder Juden. Nicht selten bilden die
Wehrmachtsangehörigen damit direkt
Stereotype der nationalsozialistischen
Propaganda nach, die sich sogar in ähnli-
chen Motiven und Perspektiven nieder-
schlagen. Dazu gehört nicht zuletzt die
eigene moderne KriegstechnikimGegen-
satz zu polnischer Kavallerie und ande-
ren weniger avancierten Waffenformen:
dieDeutschen alsgewissermaßennatürli-
che Herren im Osten.
Die Zuschreibungen, die die Bildbe-
schriftungenvornehmen, lassenes indie-
ser Hinsicht noch weniger an Deutlich-
keit fehlen. Das gilt etwa für Bilder von
ärmlichen Holzhäusern oder schlechten
Straßen, die vorgeblich ein west-östli-
ches Kulturgefälle widerspiegeln. Immer
wiederführendie Besatzerauch Schmutz
undKrankheiten als Ausdruckihrer Über-
legenheit an, wobeisiegeflissentlich igno-
rieren, dass die teils desaströsen Lebens-
umstände direkt auf
ihre Zerstörungen
und Plünderungen
zurückzuführen wa-
ren. Derauch beiein-
fachen Soldaten zu
beobachtende Hygie-
nediskurs führte in
einem nächsten
Schritt zur Gleichset-
zung von Menschen
mit Krankheiten –
und weil Letztere zu
bekämpfen und auszurotten waren, erga-
ben sich daraus bald auch Argumente für
die Vernichtung von Menschen.
Die von der Gedenkstätte Haus der
Wannsee-Konferenz zusammengetrage-
nen Alben und Sammlungen stammen
von allen Waffengattungen. Die Soldaten
sahendiesenersten,kurzenAbschnittdes
Zweiten Weltkriegs offensichtlich noch
als eine Art Abenteuer, gewissermaßen
noch nicht als „richtigen“ Krieg. Freizeit-
aktivitäten und Spaß mit den Kameraden
dominieren inder Mehrzahl derFotos.
Die Schrecken des „Russlandfeldzugs“
mit seinen Millionen Toten auch in den
eigenen Reihen erlebten die Landser in
Polennoch nicht. GanzimGegenteil illus-
trieren die Bilder ein geordnetes Leben
auch unter den widrigen Bedingungen ei-
nes Krieges; sie zeigen Kameradschaft,
immerwieder Körperpflege – auchim Ge-
gensatz zu den abgebildeten Einheimi-
schen – sowie idyllisch fotografierte
Landschaften und Szenerien. Die „deut-
sche Welt“ war in Polen noch in Ord-
nung.
— Der Autor ist Professor für Holo-
caust-Studien am Touro College Berlin.
Stephan Lehnstaedt ist gemeinsam mit
Svea Hammerle und Hans-Christian
Jasch Mitherausgeber eines Buches zum
Thema: 80 Jahre danach. Bilder und Ta-
gebücher vom deutschen Überfall auf Po-
len 1939. Metropol-Verlag, Berlin 2019.
208 Seiten, 19 Euro.
Die nüchterne Frage, warum sich etwa
zwei bis zehn Prozent der Menschen zum
gleichen Geschlecht hingezogen fühlen,
während sich der Rest eher Partner ande-
ren Geschlechts sucht, ist im Kern eine
verhaltensbiologische. Doch obwohl
gleichgeschlechtliche Partnerschaften
und Ehen inzwischen gesellschaftlich ak-
zeptiert sind, wird noch immer heftig da-
rüber gestritten, ob sich Forscher dieser
Frage überhaupt widmen sollten. Wird
da etwa nach einem „Defekt“ im Erbgut,
nach einem „Fehler“ in der Entwicklung
gesucht und damit womöglich pathologi-
siert, was die Gesellschaft hierzulande
erst nach langemRingenals zur Vielfältig-
keit des Menschseins gehörend akzep-
tierthat? Oderwürde es eher mehr gesell-
schaftliche Anerkennung und Verständ-
nis für Schwule und Lesben stiften, wenn
ForscherUrsachen fürden kleinenUnter-
schied im Lieben fänden?
Auch um die jüngste und bislang
größte Studie, präsentiert im Fachblatt
„Science“, wird es diese Diskussion ge-
ben. Anhand von Erbgutinformationen
und Angaben zur Partnerwahl von
477522 Menschen überprüfte ein Wis-
senschaftlerteam um Andrea Ganna vom
Broad Institute in Cambridge, Massachu-
setts, ob es Genvarianten gibt, die mit
gleichgeschlechtlicher Partnerwahl ein-
hergehen. Die gesellschaftliche Debatte
um ihr Projekt vorausahnend, entwickel-
ten die Forscher eine eigene Website, um
die Ergebnisse zu präsentieren und zu er-
klären (https://geneticsexbehavior.info).
Kurz zusammengefasst: Ja, es gibt fünf
Genabschnitte im Erbgut des Menschen,
die einen Einfluss auf gleichgeschlechtli-
che Partnerwahl haben. Zwei davon sind
etwaan derRegulationvonSexualhormo-
nen wie Testosteron und Östrogen betei-
ligt. Aber der Einfluss dieser Genvarian-
ten – zwei finden sich nur bei Männern,
zwei bei beiden Geschlechtern und eine
nur bei Frauen – ist sehr gering. Zusam-
mengenommen erklären die fünf Gene
kaum ein Prozent des gleichgeschlechtli-
chen Verhaltens in der Bevölkerung. Der
Effekt ist sogar so marginal, dass die For-
scher ausdrücklich betonen, dass anhand
dieserGenekeineVorhersageüber die se-
xuelleOrientierungeines Menschenmög-
lich ist – etwa per Gentest bei der Geburt.
DassHomosexualität inmanchen Fami-
lien häufiger als in anderen vorkommt
und neben Umweltfaktoren auch Verer-
bung eine Rolle spielt, haben bereits eine
Reihe von Untersuchungen gezeigt – da-
runter auch Zwillingsstudien. Allerdings
konnten Forscher bis dato keine Hin-
weise finden, welche der 23000 Gene
des Menschen beteiligt sein könnten. Als
Grund hielt der Hinweis auf die zu ge-
ringe Anzahl der Untersuchten her. Mit
der vorliegenden Studie ist dieses Argu-
ment nun vom Tisch. Gannas Team
nutzte Datensätze von 408995 Men-
schen, die der UK Biobank zu einer Erb-
gutprobe auch die Frage beantworteten,
„Mit wem hatten Sie in der Vergangen-
heit Sex?“, und aus sechs verschiedenen
Antwortmöglichkeiten von „ausschließ-
lich mit dem gleichen Geschlecht“ bis hin
zu „meist mit dem anderen Geschlecht“
wählen konnten. Die Daten weiterer
68527 Studienteilnehmer steuerte die
US-Firma „23andMe“ bei. Dort kann je-
dermannsein Erbgut zurAnalyse einschi-
cken und für Studienzwecke freigeben.
„Diese Studie zeigt deutlich, dass die
Erblichkeit sexueller Orientierungen ge-
ring ist und man anhand des Erbguts ei-
ner Person diesbezüglich nichts ‚ablesen‘
kann“, sagt Jan Korbel vom „European
Molecular BiologyLaboratory“inHeidel-
berg. „Es gibt kein einzelnes Gen, was die
sexuelle Orientierung bestimmt.“ Das
Erbgut eigne sich nicht zur Diskriminie-
rung von Menschen verschiedener Ge-
schlechtsneigung.
Auch Markus Nöthen von derUniversi-
tät Bonn stuft die Ergebnisse als „Meilen-
stein der Erforschung biologischer Ursa-
chen homosexuellen Verhaltens“ ein.
Der Humangenetiker hält allerdings die
„oberflächliche Erfassung der überaus
komplexen Verhaltensdimension sexuel-
ler Orientierung“ für problematisch.
Vermutlich gibt esohnehin vieleFakto-
ren, die gleichgeschlechtliche Orientie-
rung prägen. Ray Blanchard etwa hat er-
forscht, obhinter der statistischen Auffäl-
ligkeit, dass homosexuelle Männer häufi-
ger ältere Brüder haben als der Bevölke-
rungsdurchschnitt, ein Schlüssel zum
Verständnis gleichgeschlechtlicher Ori-
entierung stecken könnte. Demnach
könnten etwa 15 bis 29 Prozent der ho-
mosexuellen Männer schwul sein, weil
ihre Gehirnentwicklung in der Schwan-
gerschaft einer Immunreaktion der Mut-
ter gegen bestimmte, fürdie Hirnentwick-
lung wichtige Proteine des Embryos aus-
gesetzt war. Diese Immunreaktion wird
während der vorherigen Schwanger-
schaft ausgelöst, wirkt sich dann aber auf
den jüngeren Bruder aus. „Die Ergeb-
nisse von Andrea Ganna widersprechen
dem nicht“, sagte Blanchard dem Tages-
spiegel. Es sei sogar wahrscheinlich, dass
Homosexualität sowohl durch genetische
als auch solche vorgeburtlichen Umwelt-
faktoren beeinflusst werde.
Wie das Erforschen der Homosexuali-
tät in der Öffentlichkeit aufgenommen
werde, sei eine Frage der „Mode“, meint
Blanchard. „Es gab eine Zeit, in der Akti-
visten das als beleidigend und ausgren-
zend interpretierten“. Dochdashabe sich
geändert, alsForschungen, diedieUnver-
änderlichkeit von Homosexualität beleg-
ten, ein gutes Argument für gleichge-
schlechtliche Partnerschaften und Ehe-
schließungen waren. „Sicher sollten Wis-
senschaftler keine Forschung betreiben,
die der Menschheit oder bestimmten
Gruppen Schaden zufügt“, sagt
Blanchard. Aber es sei nicht erstrebens-
wert, Forschung an der derzeitigen Mei-
nungslage auszurichten.
Sascha Karberg (mit smc)
An den Berliner Universitäten fallen
durch den Tarifstreit Hunderte von Stel-
len für studentische Hilfskräfte zumin-
dest vorläufig weg. An der Technischen
Universität Berlin sind es 150 Stellen, an
der Humboldt-Universität 166. Die Freie
Universität rechnet mit dem vorläufigen
Verlust von rund 175 Stellen. Das geht
aus der Antwort der Senatskanzlei Wis-
senschaft aufdie Anfrage der CDU-Abge-
ordneten Adrian Grasse und Hans-Chris-
tian Hausmann hervor, die dem Tages-
spiegel vorliegt.
Hintergrund des Tarifstreits ist ein Ur-
teil des Landesarbeitsgerichts vom Juni
2018, nach dem nicht-wissenschaftliche
studentische Hilfstätigkeiten an Hoch-
schulen, wie die Arbeit in Bibliotheken
oder in der IT, nicht dem Tarifvertrag der
studentischen Beschäftigten (TVStud),
sondern dem Tarifvertrag der Länder
(TV-L) unterliegen. Die meisten der be-
troffenen Tätigkeitsfelder würden im
TV-L besser bezahlt werden als im
TVStud. Die TU sei bereits dabei, viele
Hilfskraftstellen in TV-L Stellen umzu-
wandeln,heißtesaufAnfrageausderUni.
Man habe sich dagegen entschieden, die
studentischen Arbeitsplätze externen
Dienstleistern anzubieten. Vielmehr
werdemaneinenGroßteilderStellenneu
ausschreiben, teilweise sei das schon ge-
schehen. Aufgrund der deutlichen Mehr-
kosten, die die Vergütung nach TV-L be-
deute,seiesjedochnichtmöglich,sämtli-
cheStellennachzubesetzen.WievieleAr-
beitsplätze letztendlich erhalten bleiben
werden, sei derzeit noch unklar.
Die Hochschulen hatten einen Zu-
schussdes Senats inHöhe von fünf Millio-
nen Euro gefordert, um die Umwandlung
der Stellen finanzieren zu können. Der
Senat willigte ein, die Mehrkosten der
Hochschulen mit vier Millionen Euro zu
bezuschussen. Dies reiche jedoch nicht,
um die schwierige Situation im Sinne al-
ler Beteiligten zu lösen, erklärt der Abge-
ordnete Grasse in einer Stellungnahme
zu seiner Anfrage an den Senat. Die Leid-
tragenden der Veränderungen seien ne-
ben den studentischen Hilfskräften auch
die Studierenden, denen nun der Zugang
zu vielen Serviceangeboten verwehrt
bleibe.
Durch auslaufende Verträge von Hilfs-
kräften, die zu dem Zeitpunkt nicht in
den TV-L überführt werden konnten,
kam es bereits im Sommer des vergange-
nenJahres –wenige Wochennach derUr-
teilsverkündung – zu Engpässen im
Grimmzentrum der HU. Die größte Uni-
bibliothek Berlins stellte für einige Zeit
den Sonntagsbetrieb ein. Die Öffnung an
Sonntagen wurdedann durch einenexter-
nen Dienstleister wieder ermöglicht. Der
Antwort auf die Anfrage zufolge kam es
neben verkürzten Öffnungszeiten in vie-
len Bibliotheken zur einer Einschrän-
kung des technischen Supports und des
Beratungsangebots.
An den meisten Hochschulen sind der
IT-Service und Angebote der Studienbe-
ratung eingeschränkt. An der Alice-Salo-
mon-Hochschule waren auch die Kinder-
betreuung und die Organisation von Ein-
führungsveranstaltungen für Erstsemes-
ter von dem akuten Personalmangel be-
troffen. Annika Reiss
DieEuropa-UniversitätViadrinainFrank-
furt(Oder)erfindetsichneu–mitderEu-
ropean New School for Digital Studies
(ENS). Die künftige Fakultät rund um das
ThemaDigitalisierungsollbis2023mitei-
nem jährlichen Millionenzuschuss des
Landes Brandenburg neben der juristi-
schen, der kulturwissenschaftlichen und
der wirtschaftswissenschaftlichen Fakul-
tät aufgebaut werden. Wissenschaftsmi-
nisterin Martina Münch (SPD) und Via-
drina-Präsidentin Julia von Blumenthal
unterzeichnetenamDonnerstageineent-
sprechendeVereinbarung.Insgesamtför-
dertdas Landdas Projekt der ENS mit zu-
nächst4,16 Millionen Euro.
Die New School wurde gemeinsam mit
der Universität Poznan konzipiert, mit
der die Viadrina seit 1998 das Collegium
PolonicuminFrankfurtsNachbarstadtSlu-
bicebetreibt.UmdieNeuausrichtungwar
zuvor jahrelang gestritten worden. Unter
demfrüherenViadrina-ChefGunterPleu-
ger entstand der Plan für eine gemein-
sameFakultätmitPoznanzumThemader
europäischenEinigung.PleugersNachfol-
ger Alexander Wöll jedoch setzte auf das
ZukunftsthemaderDigitalStudies,wasin-
haltlich allerdings Neuland für die Via-
drina bedeutete. Zunächst war das Wis-
senschaftsministerium auch keineswegs
überzeugt; WölltratEnde2017zurück.
Julia von Blumenthal, die neue Via-
drina-Präsidentin,bekanntesichsogleich
zum Digitalisierungs-Schwerpunkt als
„Zukunftsthema, das alle europäischen
Gesellschaften und Ökonomien verän-
dern wird“. Am Donnerstag konnte sie
den Beginn der Aufbauphase verkünden,
vierProfessurenfürInformationsmanage-
ment und digitale Transformation, Recht
undEthikderdigitalenGesellschaft,Tech-
niksoziologie sowie Politische Theorie
und digitale Demokratie sollten umge-
hend ausgeschrieben werden. Aus der
einst geplanten gemeinsamen Fakultät
mitPoznanistnun ein „Kooperationspro-
jekt“ geworden. Starten soll die ENS im
Wintersemester2010/21miteinem„Mas-
terof Digital Entrepreneurship“.
Wissenschaftsministerin Münch lobte
das hochaktuelle Thema des neuen Via-
drina-Bereichs. Ministerpräsident Diet-
mar Woidke (SPD), Polenkoordinator
der Bundesregierung, hob die „Stärkung
derdeutsch-polnischenWissenschaftsko-
operation“ hervor, die aufdie Region aus-
strahlen werde. -ry
ANZEIGE
Digitaler Aufbruch an der Viadrina
Land fördert New School for Digital Studies mit gut vier Millionen bis 2023
Aus Großvaters Album. Viele Fotos sollten der Legitimation des Angriffskrieges dienen –
wie dieses von der Gefangennahme zweier angeblicher „Baumschützen“ auf dem Marktplatz
in Drevica. Stereotypen der NS-Propaganda entsprach auch die Szene unten: Ein Soldat gesellt
sich an einem Ruhetag zu „volksdeutschen Frauen“. Fotos: Gedenkstätte Haus der Wannsee-Konferenz
Ermordet
wurden auch
Gefangene,
die sich
ergeben
hatten
Heile Welt?
Gern ließ
man sich mit
„Volks-
deutschen“
fotografieren
Gnadenloser Krieg und Abenteuer
Legitimation des Angriffskriegs: Was Fotos deutscher Soldaten nach dem Überfall auf Polen verraten
Neues Fach. Der Studiengang Digital Entre-
preneurship soll 2020 starten. Foto: Imago
Hunderte verlieren vorerst Uni-Jobs
Berliner Unis müssen Hilfskraftstellen umwandeln. Wie viele bleiben, ist unklar
Von Stephan Lehnstaedt
Homosexualität lässt sich
nicht aus den Genen lesen
Bislang größte Studie findet keine „Homo-Signatur“
22 DER TAGESSPIEGEL WISSEN & FORSCHEN NR. 23 930 / FREITAG, 30. AUGUST 2019
shop.tagesspiegel.de
Anbieter: Verlag Der Tagesspiegel GmbH, Askanischer Platz 3, 10963 BerlinBestellhotline ( 030 ) 290 2 1-5 20
176 Seiten, Paperback,
184 farbige Abb., 14 Karten
16 ,– €| Bestellnr. 1815 5
Versandkostenfrei
Preis inkl. MwSt. und Versand.