Die Welt Kompakt am Sonntag - 25.08.2019

(nextflipdebug2) #1

WELT AM SONNTAG NR.34 25.AUGUST2019 KULTUR 37


JETZT im KiNO

VOM REGISSEUR VON
EIN FLIEHENDES PFERD
UND DEM AUTOR VON FAMILIENFEST

„Über diesen Film sprechen (Ehe-)Paare in ganz Deutschland!“

#1


DER
ARTHOUSE-CHARTS

Martina Gedeck
ULricH TUkUR

Meister der
Collage
KKKurturt
Schwitters,
The Doctor
(((1919)1919)

Die Weimarer Republik wurde im November 1918 ausgerufen, die Reichsverfassung trat im


August 1919 in Kraft. Und was machte die Kultur? Zusammengestellt von Richard Kämmerlings


Schaubühne als geistig-moralische
Anstalt, als Seelenfieberthermome-
ter der Kulturnation. Das wichtigs-
te Theaterereignis in Berlin war am


  1. September die Uraufführung
    von Ernst Tollers expressionisti-
    schem Stationendrama „Die Wand-
    lung“ durch Karl-Heinz Martin.


Toller saß nach seiner Beteiligung
an der Münchner Räterepublik als
Märtyrer in Festungshaft. Starkriti-
ker Alfred Kerr feiert das Stück und
die „Sprachwucht, verschweißt mit
Gefühl“ von Hauptdarsteller Fritz
Kortner. Sein Resümee: „Schönheit
ist auch im gehämmerten Ethos.“

THEATER

Schönheit im gehämmerten Ethos


Der Kaiser ist gestürzt, das Kino
bekommt ein Schloss. In der Berli-
ner Hardenbergstraße eröffnet am


  1. September der Ufa-Palast am
    Zoo, mit 1740 hufeisenförmig ange-
    ordneten Sitzplätzen: ein Tempel
    der neuen Massenkunst. Als erster
    Film wird Ernst Lubitschs „Ma-


dame Dubarry“ uraufgeführt, ein
Historiendrama über die Französi-
sche Revolution mit Pola Negri in
der Titelrolle und Emil Jannings als
Ludwig XV. Verglichen mit der Er-
stürmung der Bastille wirkt die ge-
rade erlebte deutsche Revolution
doch eher unglamourös.

KINO

Auf der Leinwand ist es viel schöner


Im Herbst 1919 erhielt Fritz Haber
für sein Verfahren zur Ammoniak-
synthese den Nobelpreis für Che-
mie. Eine skandalöse Entscheidung
ein Jahr nach Ende eines Kriegs, in
dem Haber durch seine Planung
des deutschen Giftgaseinsatzes zu
Prominenz gekommen war. Ammo-
niak braucht man zur Herstellung
von Kunstdünger – und Spreng-

stoff. Der Philosoph Martin Hei-
degger, der gegen Kriegsende noch
an der Westfront als – auch für
Giftgaseinsätze unverzichtbarer –
Frontwetterwart gedient hatte, las
im Wintersemester als Privatdo-
zent in Freiburg über „Grundpro-
bleme der Phänomenologie“ – ein
Schritt auf dem Weg zu seinem
Jahrhundertwerk „Sein und Zeit“.

WISSENSCHAFT

Nobelpreis als Sprengstoff


Nach dem nicht zuletzt geistig-
weltanschaulichen Schock des
Weltkriegs beginnt in Deutschland
eine neue Epoche moderner Sa-
kralarchitektur, verbunden mit ei-
ner religiösen Aufbruchstimmung.
Otto Bartnings einflussreiche

Schrift „Vom neuen Kirchenbau“
erscheint. Dominikus Böhm, der ei-
ner der bedeutendsten Kirchen-
architekten des 20. Jahrhunderts
werden wird, baut 1919 sein erstes
Gotteshaus: St. Josef in Offenbach,
eine „Notkirche“ aus Holz.

ARCHITEKTUR

In religiöser Aufbruchstimmung


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