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s ist 5.32 Uhr morgens an einem Frei-
tag am Flughafen Athen. Christiane
S. aus Hessen schaut verunsichert auf
die Bildschirme. Gerade hat die Touristin
die Sicherheitskontrolle hinter sich ge-
bracht. Nun wollen sie und ihr Partner zu
ihrer Lufthansa-Maschine nach Frankfurt.
Doch die Monitore zeigen das Gate nicht
an, 83 Minuten vor dem Abflug. »Gate to
be announced« steht dort bloß. Womit die
Zeit totschlagen, bis der Flugsteig bekannt
gegeben wird? Die beiden gehen erst mal
in den Duty-free-Shop. Der liegt gleich hin-
ter der Sicherheitskontrolle. Alle Passagiere,
die zu ihrem Flug wollen, müssen durch
den Laden. Es gibt keinen anderen Weg.
Derweil bereiten die Mitarbeiter der
Lufthansa an Flugsteig B29 bereits das
Boarding des Fluges vor. Sie wissen längst,
dass die Maschine von diesem Ausgang
starten wird. Nur die Passagiere erfahren
davon nichts. Das ist keine Ausnahme und
kein Versehen: Für viele Flughafenbetrei-
ber ist es überlebenswichtig geworden,
Passagiere in Geschäfte und Restaurants
zu locken. Flughäfen haben sich zu Ein-
kaufstempeln mit Verkehrsanschluss ge-
wandelt. Kleinere Airports machen mit
den Einnahmen aus Shopping, Gastrono-
mie und Parkplätzen bereits mehr Umsatz
als mit den Zahlungen der Fluglinien. Und
auch bei größeren Flughäfen stehen die Er-
löse aus Restaurants, Läden und Massage-
lounges an Rang zwei der Einnahmen.
In London-Heathrow gibt jeder Passa-
gier knapp zehn Euro in Geschäften und
für Dienstleistungen am Flughafen aus.
Weil es an Bord vieler Kurzstreckenflüge
inzwischen nicht einmal mehr ein Wasser
kostenlos gibt, wächst vor allem das Ge-
schäft mit Speisen und Getränken.
Das Geschäftsmodell funktioniert fast
überall ähnlich: Statt Miete zu zahlen, müs-
sen Shops und Restaurants oft zwischen
30 und 50 Prozent ihres Umsatzes an den
Flughafenbetreiber abführen. Die Laden-
flächen in Terminals sind bei Händlern be-
liebt, der Kampf um Raum wird hart ge-
führt: Viele Flughäfen stellen Mietverträge
nur für fünf bis zehn Jahre aus – wer zu
wenig Umsatz bringt, muss damit rechnen,
die Fläche danach zu verlieren. Auch Kün-
digungen während der Vertragszeit sind
möglich, wenn die Zahlen nicht stimmen.
Passagiere auf der Langstrecke, gerade
aus Asien, gehen lieber einkaufen als Flug-
gäste, die bloß mal eben von Hamburg
nach München oder Paris düsen. An euro-
päischen Flughäfen aber hat die Zahl der
Kurzstreckenpassagiere stark zugenom-
men. Die Umsätze pro Fluggast sind des-
halb in Europa zwischen 2013 und 2017
um 7,5 Prozent gesunken. Umso mehr An-
strengungen unternehmen die Airports,
Kunden zum Kauf zu verführen.
Hadi Teherani weiß, wie man Menschen
Lust aufs Einkaufen macht. Der Stararchi-
tekt hat die Europa Passage Hamburg ge-
baut, ein Konsumtempel in der Innenstadt,
und einen Teil des Duty-free-Shops am
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OBS / FRAPORT AG
Läden am Flughafen Frankfurt am Main: »Mehr Entertainment pro Quadratmeter«
Flugbetrieb
55,8 %
Quelle: ACI
Doppeltes Geschäft
Umsatzanteile der Flughafenbetreiber
weltweit 2017
Konzessionen für Shops und Gastronomie,
Parkgebühren, Vermietung,
Werbung etc.
39,9 %
Sonstiges 4,3 %
Umsatz
insgesamt
172,2
Milliarden
Dollar
Shoppen statt warten
KonsumViele Airports sind zu Einkaufstempeln mit angeschlossenem
Flugbetrieb geworden. Um Passagiere in Shops und
Restaurants zu locken, setzen die Betreiber auf allerhand Tricks.