DUB UNTERNEHMER-Magazin
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reißig Prozent. Das klingt nicht nach viel. Aber für manche
Unternehmen, die gerade Digitalisierungsprojekte starten,
ist die Zahl womöglich bedrohlich. Denn weniger als ein
Drittel solcher Projekte sind laut einer McKinsey-Studie erfolg-
reich. Die Gründe für das Scheitern sind vielfältig: Mal fehlen die
Qualifikation oder die richtige Herangehensweise, mal fühlen sich
Mitarbeiter nicht ausreichend vom Unternehmen unterstützt.
Die TÜV NORD GROUP wollte es anders machen und hat
die Transformation ganzheitlich von innen heraus gedacht. Wäh-
rend viele andere Unternehmen auf externe Berater, Kooperatio-
nen mit Start-ups oder neue Angestellte mit dem gewünschten
Know-how setzen, verfolgt TÜV NORD einen eigenen Ansatz:
Mitarbeiter werden in der hausinternen Digital Academy zu Di-
gital Experts weitergebildet. „Ausgangspunkt für unser Ausbil-
dungsprogramm waren neue, digitale Anforderungen an unsere
operativen Geschäftsbereiche. Wir haben zudem genau analysiert,
weshalb einige Projekte in der Vergangenheit die Erwartungen
nicht voll erfüllt haben“, sagt Dietmar Schlößer, Leiter des Zen-
tralbereichs Digitalisierung/Innovation bei TÜV NORD. An-
schließend wurden viele Gespräche mit Branchenkennern und
Wissenschaftlern geführt, Technologien kontinuierlich beobach-
tet und bewertet. „Unsere konzernübergreifende HR-Abteilung
hat ein Kompetenzmodell entwickelt, mit dem wir unseren Be-
schäftigten zielgerichtet das benötigte Wissen vermitteln können.“
BESCHÄFTIGTE ALS TREIBER
TÜV NORD bietet Sicherheitsdienstleistungen an, zum Beispiel
Prüfungen und Zertifizierungen für Fahrzeuge, Industrieroboter
und Windräder, aber auch für den Schutz von IT-Systemen und
Daten vor Hackerangriffen. Mitarbeitende stehen täglich im
direkten Austausch mit Kunden, erfahren von deren Bedürfnissen
und versuchen, konkrete Probleme zu identifizieren. Beim Aus-
bildungsprogramm „Digital Expert Training“ erarbeiten die Be-
schäftigten dann eine Lösung für diese Probleme.
Bei der Transformation eines Geschäftsmodells reichen
Kenntnisse über das Programmieren oder darüber, wie Projekte
agil geleitet werden, nicht. Die Ausbildung besteht daher aus vier
Bereichen:
„Innovation und Technologie“ lehrt unter anderem Prototyp-
Entwicklung, Data-Analytics und Foresight.
„Methoden und Tools“ beschäftigt sich beispielsweise mit New
Marketing und digitalem Projektmanagement.
„Persönlichkeit“ umfasst Themen wie Self-Branding, Digital
Leadership und Conflict-Management.
Bei „Ethik, Recht und IT-Security“ bilden sich die Teilnehmer
unter anderem zu Cybersecurity und Corporate Responsibi-
lity weiter.
Das Curriculum umfasst aktuell 31 aufeinander abgestimmte Ein-
zelmodule. 60 Prozent sind der Theorievermittlung gewidmet,
der Rest ist Projektarbeit. Eine Lerngruppe besteht aus zwölf
Mitarbeitern aus mehreren Geschäftsbereichen. „Zum Abschluss
werden die Ergebnisse den Führungskräften in einem Pitch prä-
sentiert“, sagt Stefan Kistler, Head of Digital Academy. „Ziel
dieser Präsentation ist es, die Akzeptanz für die ausgebildeten
Digital Experts zu steigern.“ Sie sollen dann als Multiplikatoren
und Wissensträger in Sachen Digital Awareness agieren und ent-
sprechende Projekte vorantreiben.
Digitale Technologien und webbasierte Programme wandeln
die Weiterbildung grundlegend. Erwerbstätige erwarten, dass sie
ortsungebunden arbeiten und lernen können. „Im Wettbewerb
DIGITAL-EXPERTEN HAUSGEMACHT
DIGITALISIERUNG & TECHNOLOGIE SERIE^ VORDENKER
❱❱❱ Dr. Dietmar Schlößer leitet den Zentralbereich Digitalisierung/
Innovation bei TÜV NORD. In seiner Position ist der promovierte
Physiker für den Aufbau und die Umsetzung der Digital- und
Innovationsstrategie des Konzerns verantwortlich
VORDENKER
DIGITALISIERUNG