Schon als ich meine Wohnung suchte,
habe ich trotz der günstigen Zeit die
aberwitzigsten Angebote gesehen: In
einer Wohnung ging das Schlafzim-
merfenster in den Aufzugschacht, in
einer anderen gab es in der Küche
nur zwei mobile Kochplatten und kei-
ne Klimaanlage im Dachgeschoss – fa-
tal bei 40 Grad im Sommer.Mithilfe
einer Maklerin fand ich schließlich
meine Bleibe. Sie handelte den Preis
noch etwas herunter. Die Vermittler
machen dabei ein gutes Geschäft: Die
Maklerin kassierte von mir eine Mo-
natsmiete und ihr Kollege aus dersel-
ben Agentur den gleichen Betrag von
den Vermietern, weil auch er für sie
auf der Suche gewesen war.
Wohnen auf Zeit
Zwar kann man seine Wohnung auch
auf eigene Faust suchen: In den On-
lineportalen Idealista und Fotocasa
sind die meisten Angebote aufgelis-
tet. Nur ein Bruchteil davon wird al-
lerdings direkt von den Vermietern
angeboten. Die meisten Eigentümer
schalten einen Makler ein, und den
muss in der Regel der Mieter zahlen.
Nur in manchen Regionen, wie Ma-
drid, zahlen Mieter und Vermieter.
Anders als in Deutschland sind in
Spanien die Mietverträge zeitlich
befristet. Während der Laufzeit wird
die Miete meist um die Inflationsra-
te angehoben. Den Vermietern gibt
das deutlich mehr Freiheit als in
Deutschland, wo es kaum möglich
ist, einen Mieter ohne dessen Ein-
verständnis wieder aus der Woh-
nung herauszubekommen. Doch
auch in Spanien ändern sich die Zei-
ten: Seit vergangenem März gibt es
ein neues Gesetz, das bei einer Neu-
vermietung eine Mindestmietdauer
von fünf statt wie bisher drei Jahren
vorschreibt. Hintergrund war unter
anderem der Versuch, die Mieter
stärker gegen die stetig steigenden
Preise abzusichern.
Der Mieter hat zwar das Recht, vor-
zeitig zu kündigen. Doch dann muss
er eine Strafe zahlen. Die beträgt eine
Monatsmiete für jedes Jahr, das er
vor Ablauf des Mietvertrags auszieht.
Verlässt er die Wohnung nur Monate
früher, wird sie entsprechend auf
den Zeitraum umgerechnet.
Umzüge in Spanien sind einfacher
als in Deutschland, weil alle Wohnun-
gen eine eingerichtete Küche samt
Elektrogeräten besitzen. Schränke
sind in der Regel fest verbaut. Für
den Vermieter hat das den Nachteil,
dass er verantwortlich ist, wenn etwa
der Elektroherd kaputtgeht.
Zeitraubender Nahverkehr
Mit Nachbarn hat man in Spanien
wenig zu schaffen: Die offenen und
redseligen Spanier bewahren dort ei-
ne merkwürdige Distanz. Der Fri-
seur, der im Erdgeschoss meines
Hauses seinen Laden hat, erklärt das
so: „Das ist kein Desinteresse, son-
dern eine Form der Höflichkeit: Man
kriegt in einem Haus so viel von sei-
nen Nachbarn mit, dass man beim
Treffen auf dem Flur lieber auf Ab-
stand geht und dem anderen damit
ein Stück seiner Privatsphäre lässt.“
Im Laufe der vier Jahre, die ich
hier lebe, hat sich das etwas geän-
dert, weil sich schließlich doch Situa-
tionen ergeben, in denen man mitei-
nander spricht. Aber meist begrenzt
sich das auf ein höfliches Minimum.
Die einzige Ausnahme bildete ein
Nachbar, den meine Mutter im ersten
Jahr an Weihnachten aussperrte und
mit dem sich danach eine Art
Freundschaft entwickelte.
Das kam so: In Spanien lässt sich
die Tür zur Straße nur öffnen, wenn
man vorher einen Knopf betätigt, der
das Schloss aufschnappen lässt. Meine
Mutter wusste das nicht und zerrte in
ihrer Not an allen Hebeln und Haken,
die sie an der alten, schmiedeeisernen
Tür finden konnte. Dabei verstellte sie
eine Fußbremse so weit, dass die Tür
sich auch dann keinen Millimeter be-
wegte, als der besagte Nachbar mit sei-
nen Brötchen nach Hause kam und sie
aufsperren wollte. Ich kam schließlich
dazu, und wir brauchten zu dritt eine
ganze Weile, bis wir auf den unschein-
baren Fußhebel kamen. Ich lud den
geduldigen Nachbarn zum Café ein,
und seitdem halten wir Kontakt, ob-
wohl er inzwischen in Brüssel lebt.
Auf dem Land mag das Verhältnis
zur Nachbarschaft enger sein. Ich selbst
habe mit einem Umzug dorthin gelieb-
äugelt, weil die Mieten schon 20 oder
30 Kilometer von Madrid entfernt viel
billiger sind – und zwar nicht nur im
Vergleich zur Innenstadt, sondern auch
im Vergleich zu deutschen Vororten.
Spanien ist weit weniger dicht be-
siedelt als Deutschland. Wer aus der
Hauptstadt raus in Richtung Norden
fährt, findet kleine Örtchen, in denen
ein Haus mit Pool und Garten für
1200 Euro im Monat zu haben ist. Or-
te wie El Molar oder San Augustín de
Guadalix liegen zudem am Fuß der
malerischen Sierra von Madrid, die
nur eine Autostunde von der Haupt-
stadt entfernt liegt.
Das Problem aber ist der Verkehr in
die Stadt hinein und dort die Suche
nach einem bezahlbaren Parkplatz.
Park-and-Ride-Systeme gibt es in Ma-
drid nicht. Die meisten Ortschaften
sind nur schlecht mit öffentlichen
Verkehrsmitteln angebunden. Ins
Zentrum gelangt man von dort nur
mit einer zeitraubenden Kombination
aus Metro und Bus. Rechnet man die
Zeit, Umweltbelastung und Trans-
portkosten hinzu, macht der Weg
aufs Land nicht mehr viel Sinn.
Einen kleinen Trost haben Exper-
ten für Mieter in der Mega-City Ma-
drid aber: Sie sehen erste Anzeichen
dafür, dass der starke Preisanstieg
sich zumindest verlangsamt.
Wohnungsmarkt Madrid
*Autonome Gemeinschaft • HANDELSBLATT
Quellen: Ayuntamiento de Madrid,
Eurostat, INE, idealista
Ausgewählte Kennzahlen
Zahl der Einwohner
1,5 Millionen
76,3 %
Durchschnittliche Monatsmiete
in Euro pro Quadratmeter
Zentrum: 18,00 €
Außerhalb: 16,20 €
Stadt: 3,27 Mio.
Region*: 6,58 Mio.
3 846 €
Durchschnittlicher
Kaufpreis in Euro
pro Quadratmeter
Wohneinheiten
Eigentümer-
quote
Sandra Louven
berichtet seit 2015
für das Handels-
blatt aus Spanien.
Überrascht hat sie,
dass die offenen
Spanier unter
Nachbarn eher
reserviert sind.
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