Focus Money - 21.08.2019

(Frankie) #1

FOCUS-MONEY 35/2019 29


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Coherent Euro


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wirklich durchgesetzt. Die Analysten der Berenberg Bank
meinen jedoch, dass die nächste Display-Generation vor
dem Durchbruch steht. Sie rechnen mit immer mehr Ge-
räten, die mit OLED-Technologie ausgestattet sind und
herkömmliche Bildschirme ersetzen. Wachstumstreiber
sind vor allem die mobilen Endgeräte, also insbesonde-
re Tab lets und Smartphones. Nach der Prognose von Be-
renberg und dem Marktforschungsinstitut IHS wird allein
hier der OLED-Umsatz von rund 22 Milliarden Dollar in
diesem Jahr bis 2023 auf 34 Milliarden Dollar wachsen.
Die Berenberg-Analysten meinen, dass vor allem falt-
bare und biegsame OLED-Displays den Markt aufmi-
schen werden. Demnach sollen ähnliche Geräte wie das
iPhone X oder das Samsung Galaxy Fold den Markt für
Laptops und Tablets einer technologischen Disruption un-
terziehen, also, vereinfacht ausgedrückt, auf links drehen.
Zwar wurde das iPhone X schon wieder vom Markt ge-
nommen, und das Samsung Galaxy Fold floppte erst ein-
mal technologisch. Samsung entwickelte sein Klapphan-
dy übereilt, da Konkurrenz durch das Huawei Mate X
befürchtet wurde. Doch die Koreaner haben einen Neu-
start mit einem Gerät ohne Kinderkrankheiten angekün-
digt. Dieser soll schon im September erfolgen.
Bislang dominieren die beiden koreanischen Hersteller
Samsung Display und LG Display den OLED-Markt, was
in der Lieferkette zu teilweise stärkeren Schwankungen
geführt hat. Jetzt fahren aber auch chinesische Hersteller,
unterstützt durch staatliche Subventionen, ihre Produkti-

on hoch. So plant unter anderem BOE Display, bisher ein
führender chinesischer Hersteller von LCD-Bildschirmen,
den Bau von vier separaten OLED-Fabriken, die zusam-
men über eine größere Produktionskapazität als Samsung
verfügen sollen. Die Erfahrung zeigt: Chinesische Firmen
achten weniger auf ihre Profitabilität. Für sie zählen vor
allem Marktanteile.
Während die Koreaner insbesondere Premium-Pro-
duzenten von Unterhaltungselektronik wie Apple oder
Samsung im Visier haben, adressieren die Chinesen eher
die Hersteller von preiswerter Massenware. Dazu zählen
vor allem Unternehmen, die ebenfalls aus China stammen


  • zum Beispiel Huawei, Xiaomi, Vivo oder Meizu.
    The Road to El Dorado. Bezeichnenderweise haben die
    Berenberger ihre OLED-Studie mit dem Titel „Die Straße
    ins goldene Land“ versehen. Analog zur Goldgräberzeit,
    in der weniger die Goldschürfer selbst, sondern mehr die
    Verkäufer von Schaufeln und Sieben gutes Geld verdient
    haben, kommen sie zu dem Schluss, dass vor allem die
    Hersteller von Produktionsequipment für die OLED-Her-
    stellung aussichtsreich sind. Dazu zählt nach ihrer Ein-
    schätzung vor allem der amerikanische Laserspe zialist
    Coherent. In Deutschland beschäftigt sich neben dem
    Pharma- und Chemiekonzern Merck insbesondere der
    Spezialmaschinen-Hersteller Aixtron mit der OLED-Tech-
    nologie.


LUDWIG BÖHM

Die Anleger straften die Aktie für die enttäuschen-
den Ergebnisse im dritten Quartal mit einem Minus
von gut 15 Prozent ab. Wenn Coherent jetzt unter
Beweis stellt, dass die Restrukturierung greift,
dürfte es mit dem Kurs genauso steil wieder berg-
auf gehen.

Deutlicher Kursabschlag


Breites Produktportfolio


Der Laserspezialist aus Palo Alto ist für die Berenberg-Banker der be-


vorzugte Wert aus dem OLED-Bereich. Zum einen ist Coherent aus-
gesprochen breit aufgestellt. Die Produkte der Kalifornier kommen


in der Industrie, in der Forschung und in der medizinischen Diagnos-
tik zum Einsatz. Darüber hinaus verfügt Coherent über die Schlüssel-


technologie zur Herstellung von OLEDs. Zum anderen ist die Aktie
vergleichsweise moderat bewertet. Außerdem spricht für Coherent,


dass das Unternehmen in China nur überschaubar engagiert ist. Das
könnte sich angesichts der Eskalation des Handelsstreits zwischen


den USA und der Volksrepublik als entscheidender Vorteil erweisen.
Die Berenberg-Experten weisen allerdings auch auf Risiken hin. So


ist das Unternehmen von den Zyklen der industriellen Fertigung und
der Halbleiterproduktion abhängig. Spätestens wenn es zu einer Re-


zession kommt, ist es ein Manko, Kunden aus konjunktursensiblen
Branchen zu haben. Außerdem bezeichnen die Unternehmensana-


lysten die Umsätze als „in der Regel lumpig“, was zu einer höheren
Volatilität der Aktie führen könnte.


Tatsächlich schwanken die Ergebnisse von Coherent stark. So be-
trug der Umsatz im dritten Geschäftsjahresquartal, das im Juni ende-


te, 339 Millionen Dollar (minus neun Prozent zum Vorquartal, knapp
30 Prozent Minus im Jahresvergleich). Außerdem rutschte das Unter-


nehmen in die roten Zahlen. Für den Verlust von 3,1 Millionen Dollar
machte das Management vor allem Restrukturierungskosten von 20,9


Millionen Dollar verantwortlich, die für Abfindungen und Abschrei-
bungen fällig wurden. Dabei handelt es sich jedoch um typische Ein-


maleffekte, die sich so nicht wiederholen werden. e = erwartet


Quellen: Berenberg Bank, eigene Schätzungen

WKN/ISIN: 864089/US1924791031
Börsenwert: 2,9 Milliarden Euro
Gewinn je Aktie 2018/19 // 2019/20e: 6,82 // 10,18 Euro
Kurs-Gewinn-Verhältnis 2018/19 // 2019/20: 17,8 // 12,0
Dividendenrendite 2019/20e: – / –
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