Süddeutsche Zeitung - 27.08.2019

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:

W


ennesFlorianBieberbach,46,
einbisschenzuvielwird,stehter
vonseinemSchreibtischaufund
schautandieWand.Untenlinks:Bilder
vonEulen,dieseinebeidenKindergemalt
haben.Obenrechts:eineListemitZitaten.
UndinderMitteeinBlattPapier:„Eskon
heitnixsowichtigsei,dass‘nedmorgen
schowidawurschtwaar...“–also:Eskann
heutenichtssowichtigsein,dassesmor-
gennichtschonwiederegalist.Inletzter
ZeitschautBieberbachimmermalwieder
andieWand.

SZ:HerrBieberbach,IhrBüroistüberra-
schendkleinfürdaseinesStadtwerke-
Chefs...
FlorianBieberbach:Ja,20Quadratmeter
ungefähr.DasBürohabeichmirausge-
sucht,alsich2013indensechstenStockge-
zogenbin.MirreichtdieGröße,ichbinja
oftauchnichtda.DieBürosaufderande-
renSeitehabeneineschönereAussicht,
weilmandieAlpensehenkann,aberdas
lenktnatürlichauchab.

StattdessenhabenSieeinPlakatvonden
AlpenimBüro.Dasisteinbisschenwi-
dersprüchlich.

DashabenmirmeineKollegenzurAuf-
munterunggeschenkt.Ichbinbegeister-
terBergsteiger.

WannbrauchenSiedennAufmunte-
rung?

DieEnergiewendeoderdieVerkehrswen-
destellenunsschonhäufigvorgrößere
Herausforderungen.DabeigehörtdieDis-
kussionumdenSteinkohleblockimHeiz-
kraftwerkNordnichtgeradezumeinen
Lieblingsthemen.Hierwirdsehrvielemo-

tionalisiertundzumTeilfalschdarge-
stellt.ZumBeispiel,wirhättengelogen
überdieKapazitätunsererHeizwerke.Ha-
benwirnatürlichnicht.Abermandringt
dakaumnochdurchmitArgumenten.Das
istschade.

WennSievoneinerhitzigenDiskussion
imStadtratzurückkommen,wasmachen
SieinIhremBüro,umsichabzuregen?
Ichregemicheigentlichnichtsoleichtauf.
Undwenndoch,dannschauichaufmeine
Pinnwand.DahängtderSpruch„Eskon
heitnixsowichtigsei,dass‘nedmorgen
schowidawurschtwaar...“.Oderich
schaueaufmeineZitatensammlung,daste-
henziemlichschlaueAphorismendrin.

WassinddasdennsofürZitate?
AllesMögliche:Lichtenberg,Nietzsche,
Keynes–einesehrbunteMischung.
BieberbachgehtandiePinnwandundblät-
tertineinerListe.Titel:„FloriansLieblings-
aphorismenund-zitate“).
Oderhier,derSatzistvoneinemMitarbei-
ter:„DieWeltistinFamilienorganisiert.“
DashateinMitarbeiter2016gesagt,und
denSatzfindeichsuper.Dastecktviel
drin,vorallemdieFrage,wieGesellschaft
funktioniert.

UndwozusinddiebuntenStempelaufIh-
remSchreibtisch?
DiebenutzeichfürdieEinladungen,die
meistnochinPapierformbeimirlanden.
FrüherhabeichdiePosthandschriftlich
kommentiertfürmeineAssistentin.Heute
stempleichsieeinfachnurnoch.Gehtviel
schneller!

WelchenStempelbenutzenSiedennam
häufigsten?
„Leidernichtmöglich!“Aberdasbekom-

mendieAbsendernichtzusehen,den
Stempelnutzeichnatürlichnurintern.

WelcherGegenstandbegleitetSiedenn
schonamlängsten?
Ichglaube,derkleineDagobertaufmei-
nemSchreibtisch.FürmichisterderInbe-
griffeineskaufmännischenGeschäftsfüh-
rers.

ErpasstalsoaufdasGeldauf?
Ja,genauwieich.

DienächsteFolgeerscheintamDonnerstag,29.Au-
gust.

MÜNCHNER


CHEFZIMMER


EinBesuchbei


FlorianBieberbach


ChefderStadtwerkeMünchen


SZ-Serie·Folge4


Unterhaching–AmneuntenTagsteht
JürgenSchmückle,51,ganzoben.Keilbach-
joch,2883MeterüberdemMeeresspiegel.
EsistderÜbergangüberdenHauptkamm
derZillertalerAlpenvonMayerhofeninÖs-
terreichüberdieKasslerHüttenachStein-
hausinSüdtirol.Eineanspruchsvolle
Tour,eineanstrengendeWanderungauch
fürgutTrainierte.FürSchmückleausUn-
terhachingistsiediewichtigsteEtappebei
derErfüllungeinesgroßenTraums:dieAl-
penüberquerung.EineUnternehmung,die
fürihnetwasganzBesonderesist,wahr-
scheinlichbedeutsameralsfürdiemeisten
anderenBergwanderer.JürgenSchmückle
istDialysepatient.
VorachtJahrenbekamSchmückledie
Diagnose:Nierenversagen.„Manwilldas
erstnichtwahrhaben“,sagter.Schoneini-
geZeitzuvorwarklar,dassirgendetwas
nichtstimmte.Er,dersportlicheTyp,Aero-
bictrainer,Tennisspieler,unddannplötz-
lichdieserhoheBlutdruck.Medikamente
dagegenhalfennicht.BisdieÄrztedarauf
kamen,dassseineNierennichtmehrrich-
tigarbeiteten.IGA-Nephritislautetder
Fachbegriff,beideNierensindbetroffen,
dieDialyseunvermeidlich.
NungibteszweiverschiedeneFormen
diesesTherapieverfahrens.JürgenSchmü-
ckleversuchteeszunächstmitdersoge-
nanntenPeritonealdialyse,dieschonende-

reVariante,beiderdasBauchfelldieReini-
gungsaufgabenderfunktionsgestörten
Niereübernimmt.Dashießdamalsfürihn
auch:möglichstvieltrinken.Rückblickend
sagtSchmückle:„DieseBehandlungwar
keinProblem.“Eswaraberauchklar,dass
sieirgendwannnichtmehrausreichen
wird,dasserdannumsteigenmussaufdie
„Hämodialyse“,beiderSchlackenstoffe
undüberschüssigeFlüssigkeitimBlutma-
schinelldemKörperentzogenwerden,die
Aufgabeeben,diesonsteinegesundeNie-
reübernimmt.Füreinesolche„Blutwä-
sche“mussderPatientinderRegeldrei-
maldieWochefünfStundenineinambu-
lantesDialysezentrum.„DieUmstellung
warextrem“,sagtSchmückle.2013war
das.

Esgingihmdamalsextremschlecht.Er
erinnertsich:„BeimEinkaufenmussteich
michzwischendurchimmerwiederhinset-
zen.“SchließlichhatteersogarWasserin
derLungeundkamindieKliniknachHar-
laching.DortwurdeervieleStundenlang
dialysiert,„zehnLiterWasserholtensie
ausmeinemKörper“,erzähltSchmückle.

ZweiJahrehatesgedauert,sagter,bisalles
soeingestelltwar,dassesihmgutgeht,
undvorallem,dasserseineKrankheitund
dieUmstellungseinesLebensselbstakzep-
tierthat.
Andersalszuvorhießesnun,dasTrin-
kenvonWasserexaktzukontrollieren.Zu
vieldarfesnichtsein,dennSchmücklever-
liertseitherFlüssigkeitalleindurchSchwit-
zen.BeiderDialysejedenzweitenTagwer-
denihminderRegelvierLiterWasserent-
zogen.Ermusspenibelaufsein„Trocken-
gewicht“von74Kiloachten,auchman-
chesEssenisttabu.WennersicheinSchnit-
zelbestellt,darfesaufkeineFallgesalzen
sein.„AmAnfangstandichständigaufder
Waage“,sagter,inzwischenwisseerge-
nau,wievielWassererauchmitderNah-
rungschonzusichgenommenhat.Eine
ApphilftihmetwabeimWandernzube-
rechnen,welcheMengeanFlüssigkeiter
durchSchwitzenverliert.
Irgendwann,alsesihmdannbesser
ging,wollteSchmückeauchwiederSport
machen.Erfingan,Tenniszuspielen,
dannsaherdurchZufalleineDokumentati-
onübereineAlpenüberquerung.Erdachte
sich:„Daswillichauchmalmachen.“Die
üblichengeführtenTourenvonHüttezu
HüttekamenfürihnnichtinFrage.Denn
jedenzweitenTagmusserinsTalzurDialy-
se.IhmwarvonAnfanganklar,alserüber

diesePlänenachdachte:Ichbraucheeinen
Profi,dermireineindividuelleTourzusam-
menstelltundmichbegleitet.
Umsichersteinmalfitfüreinesolch
strapaziöseUnternehmungzumachen,be-
gannSchmücklemitTourenimAchensee-
Gebiet.VonJunivergangenenJahresan
warerjedesWochenendeindenBergen.
ErsteinmaldenForstwegraufzurBlau-
bergalm,späterauchaufdieGipfel.

UnterderWochearbeitetSchmückleals
IT-SpezialistVollzeit40Stundenbeim
ADAC.AllezweiTagefängterfrühamMor-
genan,damiternachmittagsumdreirecht-
zeitigzurDialysekommt,diejastetsfünf
StundeninAnspruchnimmt.Umabervon
MontagbisFreitagauchetwasfürdieKon-
ditionzutun,lieferimADAC-Hochhaus
mitBergstiefelndieTreppebisinden
24.Stock.
InJuliaZilken,Wanderführerinaus
Schliersee,fandSchmückleschließlich
auchdierichtigeBegleitungfürseingro-
ßesVorhaben.Gemeinsamplantensieeine
TourvonWildbadKreuthüberdieBlau-
bergalmundAchenkirchnachPertisau

undweiterüberdieGramaialmunddas
LamsenjochnachSchwaz.Vondortaus
überdasKellerjochnachHochfügen,May-
erhofenundschließlichhinübernachSüd-
tirol.EinelogistischeHerausforderung:
„DasSchwierigsteistdabei,dieDialyse-
plätzezufinden“,sagtSchmückle.Schwaz
warkeinProblem,hierkonnteergleich
dreiTerminevereinbaren.Nurjenseitsdes
Hauptalpenkammswurdeeskompliziert.
„WederBrunecknochBrixen,nochBozen
hattePlätze.DienehmenkeineGäste“,sagt
Schmückle.Sobliebihmnichtsandersüb-
rig,alsvonSteinhausausnachLienzinOst-
tirolzufahren,etwa100Kilometerein-
fach.ZumGlück,sagtSchmückle,habe
seinVatersichbereiterklärt,dasBegleitau-
tozufahren,fürdasschwereGepäckund
dieWegeinsDialysezentrum.
ElfTagewarenJürgenSchmückleund
JuliaZilkeninsgesamtunterwegs:sechs
Etappen,davoneinezweitägige,undvier
Dialysetage.122,55Kilometer,39Stunden
Laufzeit,8067Höhenmeteraufwärtsund
8426abwärts.EslagnochvielSchnee,
abersiehattengroßesGlückmitdemWet-
ter.Erwürdeeswiedermachen,sagt
Schmückle,„abererst,wennichvergessen
habe,wieverdammtanstrengendderAb-
stiegvomKeilbachjochinsAhrntalwar“,
sagterundlacht.LängsthaterneuePläne
fürBergtouren. 

DiePlanungderRoute


erwiessichalslogistische
Herausforderung

„DieWeltistinFamilien


organisiert.“DenSatz


findetBieberbach„super“


Strom,Wasser,NahverkehrundSchwimm-
bäder–dieStadtwerkeMünchen(SWM)
sinddasgrößteeuropäischeStadtwerk.
Rund9000Mitarbeitersinddortbeschäf-
tigt.FlorianBieberbachistseit2013Vorsit-
zenderderGeschäftsführungundmöchte
bis2025mitSWM-AnlagensovielÖko-
stromproduzieren,wieganzMünchenbe-
nötigt.
BieberbachstudierteInformatikund
promovierteanschließendanderTechni-
schenUniversitätMüncheninWirtschafts-
wissenschaften.VomJahr2000anwarer
inLondonalsInvestmentbankertätigund
wechselte2002zuderStadtwerkeMün-
chenGmbH.Seit2006isterMitgliedder
SWM-Geschäftsführung.EristVizepräsi-
dentderIHKfürMünchenundOberbay-
ernundHonorarprofessoranderSchool
ofManagementderTU.DanebenisterMit-
gliedinzahlreichenVerbändenundPräsi-
dentdeseuropäischenStadtwerkever-
bandsCEDC. ESCH

ZweiJahrehatesgedauert,


biserseineKrankheit
akzeptierthat

Vita


JürgenSchmücklebeiderAlpenüberque-
rung. FOTO:PRIVAT

DerDagobertvomsechstenStock


FlorianBieberbach,ChefderStadtwerkeMünchen,residiertineinemüberraschendkleinenBüro.Erhatessichselbstausgesucht,sogardieNordseite.


VoneinemBüroaufderanderenSeitehätteerdieAlpensehenkönnen,„aberdaslenktnatürlichauchab“,sagter


Gerademal20QuadratmetergroßistdasBürovonStadtwerke-ChefFlorianBieberbach.ErhätteeinChefzimmermitBerg-
blickhabenkönnen.StattdessenhaterjetzteinPlakatvondenAlpenimZimmerhängen.

Aufstieg,Abstieg,Dialysezentrum


ObwohlseinBlutwegenNierenversagensmaschinellgereinigtwerdenmuss,hatsichJürgenSchmückledenTraumvoneinerAlpenüberquerungerfüllt


„Esmusswohlsein“:
FlorianBieberbach
bekommthäufig
Einladungenzu
Veranstaltungen–der
jeweiligeStempelhilft
seinerAssistentinbeider
Antwort.ImBürohängen
Eulen-Bilderseinerbeiden
Kinder.Amlängsten
begleitetihneinekleine
Dagobert-Figur:„Fürmich
isterderInbegriffeines
kaufmännischen
Geschäftsführers“,sagter.
FOTOS:ALESSANDRASCHELLNEGGER

R4 PGS LEUTE Dienstag, 27. August 2019, Nr. 197 DEFGH


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