Bellevue - September Oktober 2019

(singke) #1
AUTORIN Hedda Möller
KONTAKT [email protected]

TRADITION TRIFFT MODERNE
Klassische Formen modern interpretiert sind das Markenzeichen
des Architekturbüros Patzschke
Das im Jahr 1969 von Jürgen und Rüdiger Patzschke gegründete Architekturbüro unter-
hält zwei Standorte in Berlin und eine Niederlassung in Goa/Indien. Schwerpunkt ist die
Planung und der Bau hochwertiger Hotels, Resorts, Wohn- und Geschäftshäuser sowie
denkmalgerechte Sanierungen im In- und Ausland. Die meisten Entwürfe bedienen sich
aus dem Formenkanon der klassisch-traditionellen Architektur, das Büro setzt darüber
hinaus aber auch qualitativ hochwertige, moderne Bauten um.
Seit 2002 ist auch die zweite Generation im Unternehmen tätig: Robert, Tatjana, Thad-
däus und Till-Jonathan Patzschke leiten die beiden Berliner Ateliers mit 50 Mitarbeitern
gemeinsam mit den Partnern Michael Mohn und Prof. Christoph Schwebel.
Typisch Patzschke: Der großzügige Eingangsbereich (s.o.) in einem Mehrfamilienhaus in
der Lietzenburger Straße strahlt durch seine klassische Geometrie eine ruhige, fast erha-
bene Atmosphäre aus. Fotos unten: Nach dem gleichen Prinzip des „goldenen Schnitts“
gestalteten die Architekten die öffentlichen Bereiche der Klostergärten. Der U-förmige
Gebäudekomplex umfasst 57 Eigentumswohnungen.
Kontakt Patzschke Planungsgesellschaft mbH, Auerbachstraße 2, 14193 Berlin,
Tel: +49 (0)30-2000 929 0, [email protected]

Verbindendes Element über alle Räume
hinweg sind die Spolien – Säulen und Zier­
elemente aus alten Gebäuden oder sogar von
Friedhöfen, die Jürgen Patzschke in seinen
Räumen verbaut hat. Verzierte Rundsäulen
und eine metallbeschichtete, farbenfrohe
Tür – sie führte einst zu einem Mausole­
um  –im Wohnbereich zählen ebenso dazu
wie die vier marmornen Grabbegrenzungen
um die großzügige Duschwanne herum. So
geht Upcycling, Jürgen Patzschke könnte
sich hier als Vorreiter dieser Philosophie
kreativer Nachhaltigkeit fühlen. „Ich konnte
noch nie verstehen, dass Menschen solche
Handwerkskunst der Abrissbirne opfern
oder in den Schuttcontainer entsorgen.“
Jetzt im Sommer spielt sich das Leben
der Familien vorrangig im Garten ab. Die
Gäste des einen Bruders sind automatisch
die des anderen. „Wir essen nach Büro­
schluss oft zusammen und sprechen noch
über laufende Projekte“, so Rüdiger Patzsch­
ke. Als sie das Grundstück damals in Besitz
nahmen, so erinnert er sich, „mussten wir
erst einmal die ,Spontanbewaldungʻ entfer­
nen, die nach dem Krieg alles zugewuchert
hatte.“ Heute geht der Blick unverstellt über
die geschützte Rasenfläche zum See. Das
alte Bootshaus am Steg dient nach dem Um­
bau durch seinen Bruder als Gästehaus.
Die Natur ist für beide Architekten mehr
als eine romantische Kulisse. „Wir haben in
der Nachkriegszeit erlebt, was es heißt, vom
eigenen Acker zu überleben“, berichten die
Brüder. Ohne die Kartoffeln, die ihr Groß­
vater einst vorausschauend gepflanzt hatte,
wären sie verhungert. Erfahrungen wie die­
se hätten sie geprägt und Demut vor dem
Leben gelehrt. Liebe, Respekt und Wert­
schätzung innerhalb der Familie und im
Freundeskreis seien zentrale Werte, die sie
ihren Kindern mitgeben. Das ist ihnen of­
fenbar gelungen. Robert Patzschke: „Ich bin
hier mit meinen Cousins und Cousinen wie
mit Geschwistern aufgewachsen. Dass wir
uns so gut verstehen und auch noch erfolg­
reich zusammenarbeiten, ist ein großes Ge­
schenk, das wir mitunter dem Zwillings­
dasein unserer Väter verdanken.“


FOTOS: M. Löffelhardt (2), M. Brendel (1)

BELLEVUE 5/2019 23

Architekten-Zwillinge HAUSBESUCH
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