AD Architectural Digest - September 2019

(Ron) #1
Panorama
Kunst

Fotos:


Jørn


Hagen


/Nordenfjeldske


Kunstindustrimuseum,


Trondheim;


Ute

Freia

Beer

/Nordenfjeldske

Kunstindustrimuseum,

Trondheim;

Porträt:

Collection

of NTNU

University

Library,

Trondheim

„Webe. Webe!“


ZehnJahrebrauchtedieMalerinHannahRyggen,bissiesichdasSpinnen,
FärbenundWebenbeigebrachthatte.Dannschufsieaufeiner
norwegischen Halbinsel tagesaktuelle Teppiche von ewiger Gültigkeit.

Tex t Barbara Gärtner

S


ienennensieHannah,woimmermanhin­
kommt,hier am Trondheimfjord; vorna­
mensvertraut,vornamensberühmt.Hannah
also,dieSüdschwedin,diedenmittelnor­
wegischenMalerHansRyggenbeimStu­
dienaufenthalt inDresden kennenlernte.
Sieverliebtesich,heirateteundfolgteihm
1924 nachØrland,auf diesekargeHalb­
insel,einewindumtosteFährschiffstunde
vonTrondheimentfernt.Dorthatteerden
HofderElterngeerbt,dortwurdesiezur
wichtigstenKünstlerinNorwegens.
DieKunstgeschichteistvollvonPaaren,
erstarbeitenvieleSeiteanSeite,dochbald
istesderMann,derdieAusstellungenbe­
kommt–unddieFraudasAttribut„Muse“.
JohanBörjessonlachtvergnügt,alsfreueer
sichaufseinePointe.„NichtbeiHansund
Hannah!ErhatsichumdenHofgeküm­
mert.Undwährend Hannah dieWeltge­
schichte inihre Teppiche webte, hat er
BildervonihramWebstuhlgemalt.“Welt­
geschichteinTeppicheweben–dasklingt
wie einer dieser schnittigen Marketingsät­

EinBildderLiebesolltedasepochale
„WirlebenaufeinemStern“(linksSeite,
1958)sein,dasHannahRyggen(oben,
1922 anihrererstenWebarbeit,nochin
Malmö)fürdenRegierungssitzin
Osloschuf.AusProtestgegendieNazi-
BesatzungTrondheimswebte
sie„6.Oktober 1942“(unten, 1943).

ze, die man auf Buchrücken und Flyer
druckt.Unddoch,esstimmt:Hitler,Mus­
solini,CarlvonOssietzky,LyndonB.John­
sonsogarmitHund–mancheMotiveent­
nahmsieZeitungsfotosundwebtedaraus
allegorischeSzenen.Tagespolitikfürdie
Ewigkeit,geschaffenam dünn besiedelten
RandNorwegens.
JohanBörjessonsteigtdieTreppenhi­
nab,öffnetBrandschutztüren,streiftvorbei
anRestauratoren­Tischenundstehtdann
ineinemDepottiefimKellerdesTrond­
heim Kunstmuseums.Hier bewahrt der
DirektordiegrößteSammlunganGemäl­
denvonHansRyggenauf,nunentrollter
ganzsachteinenrotleuchtendenTeppich
vonHannah:„Grini“,geradefrischzurück
vomRestaurator.Erstrahlt.Baldwirder
ihnnachFrankfurtschicken,wodieSchirn
einegroßeRyggen­Ausstellungzeigt.
EsistnichtdasersteMal,dassdieAr­
beitenderKünstlerindieganzgroßeBüh­
nebekommen,sienahmanderWeltaus­
stellungundderVenedig­Biennaleteil,galt
alsGenie–und wurdenachihrem Tod
1970 dochfastvergessen.EinBuchführte
sie später nur nochals „Frau des Malers

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