Psychologie Heute - 09.2019

(coco) #1

TITEL


Die attention restoration theory von Rachel und
Stephen Kaplan gibt ihm recht. Die Psychologen
zeigten in den 1980ern, dass Leute, die in den Wald
gingen oder auch nur Landschaftsbilder ansahen,
danach konzentrierter waren.
Das Problem ist jedoch, dass sich die meisten Men-
schen erst dann eine Auszeit gönnen, wenn sie er-
schöpft sind, und im Grunde ist es dann zu spät:
„Wenn man die Pausen früher macht, kann man die
Leistungsfähigkeit länger aufrechterhalten“, sagt Ar-
beitspsychologe Rigotti und empfiehlt regelmäßige
Kurzpausen. Gerade weil es so zehrend ist, sich rich-
tig zu fokussieren, steckt hinter der Kunst der Kon-
zentration die des Entspannens. Nicht zuletzt im
Sport gilt laut Darko Jekauc: „Ein guter Sportler kann
sich in Pausen gut erholen.“

Emotionen bedingen Konzentration
Für Sportler ist Konzentration essenziell, ihr größter
Feind sind starke Gefühle. Wenn man zu aufgeregt,
zu leichtsinnig, zu ängstlich, zu gut oder zu schlecht
gestimmt ist, nagt das direkt an der Fähigkeit, sich
zu fokussieren. „Emotionen und Konzentration bil-
den eine Einheit“, nennt Jekauc das. Athleten müssen
sich gut kennen und regulieren können, was sie im
jungen Alter oft noch nicht so gut beherrschen und
im Laufe der Karriere lernen. In Studien hat Jekauc

beobachtet, dass ihnen dabei auch Achtsamkeits-
übungen helfen können, denn sie lehren einen, die
Gefühle zu registrieren, statt sich von ihnen treiben
zu lassen. Eine weitere vielversprechende Methode
sind Selbstinstruktionen, die man sich am besten vor
einer brenzligen Situation zurechtlegt und in dieser
dann vorsagt, beispielsweise: „Bleib dran!“
Am Sport wird vieles deutlich, was Konzentration
ausmacht. Etwa wie wichtig es ist, mit dieser Res-
source klug zu wirtschaften (siehe Kasten unten):
„Als Trainer fragt man sich beispielsweise: Wie sehr
soll ich jemanden aufputschen? Man kann sagen, dass
wer unter leichtem Stress steht und in Kampf bereit-
schaft ist, sehr stark auf eine Sache fokussiert ist, aber
diese Konzentration lässt dann schnell wieder nach“,
sagt Jekauc. Will man sich länger konzentrieren, müs-
se man dabei entspannt bleiben. Darum gingen es
Fußballteams in der zweiten Halbzeit oft zunächst
einmal locker an, erst kurz vor Schluss mobilisierten
sie alle Energien. Allgemein, sagt Jekauc, sei für Sport-
ler eine neutrale bis leicht positive Stimmung gut.
Negative Stimmung sei hinderlich, „dann fängt man
an zu grübeln und ist nicht mehr im Moment“.

Störende Gefühle auslagern
Störende Impulse gibt es auch am Schreibtisch. Eine
Unlust etwa, die sich in „Prokrastination“, also im

WAS WIRKLICH WICHTIG IST
Wir können sie trainieren – und dennoch bleibt Konzentration eine limitierte, kostbare Ressource.
Statt sie zu optimieren ist es oft sinnvoller, bewusst zu entscheiden, für was man sie verbraucht.
Diese Überlegungen und Tipps helfen dabei

Mittel- und langfristig gesehen, für
den nächsten Monat wie für die
kommenden zehn Jahre: Was sind
Ihre Ziele und Wünsche, wer und
wie möchten Sie sein?
Wie viel Zeit und Energie wollen
Sie den verschiedenen Bereichen
des Lebens widmen? Familie und
Freunden etwa, Gesundheit, Beruf
oder Hobbys und anderen Interes-
sen?
Fragen Sie sich innerhalb dieser
Dimensionen: Was ist mir am
wichtigsten? Und auf was kann ich
verzichten? Legen Sie dafür eine

Not-to-do-Liste an. Wenn Sie nichts
aufgeben wollen, fragen Sie sich:
Was ist mir noch wichtiger als all
das?
Unterscheiden Sie zwischen
wichtig und dringend. Einen klas-
sische Zeitmanagementtechnik
empfiehlt, die anfallenden Aufga-
ben und Ziele in eine Vierfelder tafel
einzutragen, die folgende Kästchen
enthält:


  • wichtig und dringend

  • wichtig, aber nicht dringend

  • dringend, aber nicht wichtig

  • nicht dringend und nicht wichtig


Fragen Sie sich, was die Gewich-
tung der verschiedenen Ziele
und Tätigkeiten konkret für Ihren
Alltag bedeutet und was Ihnen
helfen würde, diese umzusetzen.
Sie können etwa Freunde oder
Familienmitglieder bitten, Sie darin
zu unterstützen, oder Regeln fassen
wie: Egal wie stressig die Arbeit
war, danach nehme ich mir die Zeit
für eine halbe Stunde Bewegung.
AK

QUELLE
Verena Steiner: Konzentration leicht gemacht.
Piper, München 2013, € 9,99
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