Die Welt Kompakt - 27.08.2019

(Nora) #1

KULTUR DIE WELIE WELIE WELTKOMPAKTTKOMPAKT DIENSTAG,27.AUGUST2019 SEITE 20


FRANKFURT

Theater für Kinder
und Jugendliche

Frankfurt soll ein Kinder-
und Jugendtheater im Zoo-
Gesellschaftshaus bekom-
men. „Das ist ein Meilenstein
für Frankfurts kulturelle
Zukunft“, sagte Kulturdezer-
nentin Ina Hartwig. Die
Spielstätte soll ein offenes
Haus für alle Kinder und
Jugendliche werden, „wo
zeitgemäße und zeitgenössi-
sche darstellende Kunst er-
lebbar wird“. Die Baukosten
wurden mit bis zu 52 Millio-
nen Euro beziffert. Bis zu 38
Millionen würden auf die
ohnehin fällige Sanierung des
Gesellschaftshauses fallen,
weitere 14 Millionen könnte
der Einbau des Theaters
kosten. Die Eröffnung ist für
2025 vorgesehen.

YOUTUBE-REKORD

PewDiePie hat 100
Millionen Follower

Der schwedische Youtuber
PewDiePie hat als erste Ein-
zelperson die Marke von
mehr als 100 Millionen Abon-
nenten durchbrochen.
PewDiePie, der mit bürgerli-
chem Namen Felix Kjellberg
heißt, spielt Videogames und
kommentiert die Aufnahmen.
In jüngster Zeit hat PewDie-
Pie vor allem Videos ver-
öffentlicht, die sich mit dem
Spiel Minecraft beschäftigen.
Der Youtuber ist nicht un-
umstritten. Kritiker warfen
ihm 2017 vor, er habe sich
wiederholt rassistisch und
antisemitisch geäußert. Kjell-
berg sagte damals zu den
Vorwürfen, dass er Antise-
miten und Neonazis „in
keinster Weise“ unterstütze.
Auch YouTube befand, dass
die betroffenen Clips nicht
gegen die Richtlinien des
Unternehmens verstoßen.

FILMKONSUM

Streaming belastet
Videotheken

Die Zahl der Videotheken in
Deutschland ist stark zurück-
gegangen. Dem Interessen-
verband des Video- und Me-
dienfachhandels in Deutsch-
land (IVD) zufolge gab es
hierzulande 2014 noch mehr
als 1500 Videotheken, im
vergangenen Jahr waren es
weniger als 500. Als Grund
sehen Experten vor allem den
Trend zu Streaming-Diens-
ten. Hingegen hat die Anzahl
der Kinoleinwände mit 4889
Sälen den höchsten Stand
seit acht Jahren erreicht. Dies
geht aus der Halbjahresbilanz
der Filmförderanstalt hervor.

KOMPAKT


potenzieller Angriff von oben?
Das war natürlich für sie eine ka-
tastrophale Sicherheitslage.

Haben Sie in der Wolfshagener
Straße den Fall der Mauer er-
lebt?
Der Fall der Mauer, er fand am 9.
November 1989 statt. Da war ich
im Theater an der Volksbühne.
Dann war die Vorstellung zu En-
de, und danach gab es im Fernse-
hen Bilder, dass Leute an der
Bornholmer Straße über die
Grenze gehen. Ich habe es mit
großem Erstaunen registriert,
musste aber gegen 23 Uhr per
Pkw nach Köln abfahren, weil
ich am nächsten Abend dort eine
Vorstellung hatte, wo ich den
Claudius im „Hamlet“ spielte.
Ich hatte einen Arbeitspass.

„Ich bin


so ein


Verharrer“


Ein Besuch


in Pankow


bei dem


Schauspieler


Henry Hübchen,


der im Osten


ein Star war


und es auch


blieb, als der


Westen kam


MARCUS HÖHN

H


enry Hübchen – 1947
in Berlin geboren –
war ein Star in der
DDR, als die Wende
kam. Anders als viele Landsleute
braucht er sich über die vergan-
genen drei Jahrzehnte nicht zu
beschweren. Er blieb ein Star –
auch in dem vereinten Deutsch-
land. Für „Alles auf Zucker“ wur-
de er 2005 mit dem Deutschen
Filmpreis ausgezeichnet und für
den Europäischen Filmpreis als
bester Schauspieler nominiert.
Seine Zusammenarbeit mit dem
Regisseur Frank Castorf an der
Berliner Volksbühne ist legendär.
Ein Gespräch über seinen kurio-
sen Mauerfallabend, seine Tage-
löhnervorfahren und warum er
kein Multimillionär ist.

VON EBERHARD GÖRNER

WELT: Wie lange leben Sie
schon in der Wolfshagener
Straße, in dieser schönen Berli-
ner Ecke, nahe dem grünen
Pankower Schlosspark?
HENRY HÜBCHEN:Ich dachte,
Sie fragen, wie lange ich schon le-
be! Also leben, ich sage mal lieber
wohnen, denn ich habe ja auch an
anderen Orten gelebt. Hier, im
Steglitz des Ostens, bin ich seit
1981 zu Hause. Viel Grün, ja, aber
auch Einflugschneise für Tegel.
Vielleicht sind deshalb die Ge-
nossen vom Pankower Maja-
kowskiring, von ihrem einge-
zäunten Städtchen, nach Wand-
litz umgezogen. Ein ständiger

Hatten Sie nach dem Fall der
Mauer Sorge um Ihre Existenz?
Da war kein Gedanke. Ich bin
vielleicht doch einer von den Pri-
vilegierten, die nicht von Exis-
tenzängsten geplagt waren, weil
fest am Theater engagiert. Thea-
ter stellen nichts her. Das ist eine
Kunst, die immer gebraucht wird
oder überhaupt nicht. Ich war ja
vor dem Fall der Mauer nicht nur
in Köln, sondern auch in Ham-
burg Gast am Theater.

Da waren Sie schon ein gesamt-
deutscher Schauspieler?
Ja, einer, der auch im Westen ge-
arbeitet hat.

Kam Ihnen jemals die Idee, die
DDR zu verlassen?
Das ist ja das Problem der Mauer
überhaupt gewesen. Wenn du die
Freiheit hast, hinzufahren, wohin
du willst, vorausgesetzt, dass du
es dir ökonomisch leisten kannst.
Meine Großmutter, sie lebte in
West-Berlin, war nie an der Ost-
see. In ihrem ganzen Leben hat
sie die Ostsee nicht gesehen.
Spandau war ihrs. Es spielen ja
andere Sachen eine Rolle. Wo
sind deine Freunde? Wo sind die
Leute, mit denen du gerne arbei-
test? Da war natürlich Ost-Berlin
meine Heimat. Ich wollte auch
nicht nach Hollywood.

Wie lange waren Sie Schauspie-
ler an der Volksbühne?
Im Grunde doch sehr, sehr lange.
Ich bin so ein Verharrer, das se-

hen Sie ja hier an der Wohnung.
Ich wollte immer ausziehen, aber
es wird nichts. Komischerweise,
wenn du immer auf dem Sofa sit-
zen bleibst, geht es dir wie einem
Jäger auf dem Hochstand – es
gibt Zeiten, wo nichts vorbei-
kommt und dann wieder kapitale
Böcke! Also, ohne mich zu bewe-
gen, habe ich in zwei Staaten ge-
lebt, wenn nicht sogar in drei.
Denn meine ersten zwei Jahre
bin ich im französisch besetzten
Sektor von Berlin aufgewachsen.
Dabei bin ich, wenn es nach mei-
nen Eltern geht, gar kein Urberli-
ner. Sie sind zugewandert mit ih-
ren Eltern. Meine Großmutter
mütterlicherseits und mein
Großvater kamen aus Pommern,
einer armen polnischen Gegend.

Da gibt es in Ihrer Familie gar
keine Theater-Gene?
Überhaupt nicht. Oder vielleicht
doch? Meine Vorfahren waren
Tagelöhner.

Was glauben Sie, wo Ihr Talent
hergekommen ist?
Ach was, Talent. Irgendein Talent
hat doch jeder. Talent hat sogar
der kleine Muck. Wenn dein Va-
ter Arzt ist, heißt das doch noch
lange nicht, dass du auch diese
wunderbaren Gynäkologenhände
hast. Talent reicht nicht aus. Es
hat viel mit Leidenschaft zu tun.
Mich hat es so reingeschwemmt.
Die Schauspielerei habe ich erst
durch die Schauspielschule lie-
ben gelernt. Ich bin doch vorher
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