FRANKFURTER ALLGEMEINE ZEITUNG Feuilleton MITTWOCH, 4. SEPTEMBER 2019·NR. 205·SEITE 11
O
b es in der Kunst den weiblichen
Blick gibt und in der Fotografie
die weibliche Perspektive, dar-
über wird seit Jahr und Tag de-
battiert, ohne je zu überzeugenden Ant-
worten zu gelangen. Zwei Ausstellungen
der Pinakothek der Moderne in München
gäben nun Anlass, der Frage neuerlich
nachzugehen. Aber das führt zu nichts.
„Re-Visons“ ist die eine: ein Quer-
schnitt durch die private Fotografiesamm-
lung der Galeristin Ann Wilde anlässlich
ihres achtzigsten Geburtstags, für die sie
Arbeiten von knapp zwanzig Fotokünstle-
rinnen ausgewählt hat, von den zwanziger
Jahren bis in die Gegenwart und über alle
Gattungsgrenzen hinweg. Die andere,
„Vertrautheit mit den Dingen“, ist Aenne
Biermann gewidmet, einer Hobbyfotogra-
fin, die von Ende der zwanziger bis An-
fang der dreißiger Jahre auch internatio-
nal erstaunliche Erfolge feierte, aber
durch ihren frühen Tod im Jahr 1933 und
den Verlust ihres Archivs wegen der
Flucht der Familie ins Exil ins Abseits
rückte. Es waren nicht zuletzt Ann Wilde
und ihr Mann Jürgen, die mit viel Geduld
im Laufe von Jahren 73 Originalabzüge zu-
sammengetragen haben – von heute insge-
samt vermutlich 400 erhaltenen Aufnah-
men. Einige dieser Bilder hängen auch in
der Schau „Re-Visions“. So gehen die bei-
den Ausstellungen nahtlos ineinander
über, obwohl sie an entgegensetzen Orten
des Hauses präsentiert werden.
Aenne Biermann ist in der deutschen
Fotografiegeschichte eine womöglich sin-
guläre Erscheinung. Aufgewachsen als
„höhere Tochter“ in den behüteten Ver-
hältnissen einer Fabrikantenfamilie, hat-
te sie über eine Berufsausbildung nie
nachdenken müssen und zur Kamera erst
nach der Hochzeit, dem Umzug nach
Gera und der Geburt ihrer beiden Kinder
Anfang der zwanziger Jahre gegriffen.
Ihre ersten Motive waren die Kinder,
nichts Außergewöhnliches in einer Zeit,
da die Technik der Fotografie immer we-
niger Probleme bereitete. Es waren Bil-
der fürs Erinnerungsalbum. Doch spätes-
tens als die Kinder zur Schule gingen,
wurden sie ihr mehr Modell für visuelle
Ideen, als dass sie Sohn und Tochter als
Mitglieder der Familie zeigten. Aufgebla-
sen zum riesigen Format, lässt sie keinen
Zweifel daran, dass sie das Bild des ver-
sonnen blickenden Mädchens aus küh-
ner Untersicht für die Museumswand ge-
schaffen hat.
In der Ästhetik folgt Aenne Biermann
der Mode der Zeit. Viel Neue Sachlichkeit,
ein wenig Neues Sehen, aber Experimente
mit verwegenen Perspektiven bleiben die
Ausnahme gegenüber dem kühlen, biswei-
len distanzierten Blick selbst auf ihre pri-
vate Umgebung. Die Blätter des Gummi-
baums im Wohnzimmer, die Tasten des
Klaviers, Birnen in einem Obstkorb tastet
sie mit geradezu analytischem Blick ab
und verleiht den Dingen durch raffiniert
gesetztes Licht nicht nur eine fast haptisch
spürbare Plastizität, sondern auch eine
Oberfläche von irritierender Künstlich-
keit. Die Ausstellung schließt von diesen
teils extremen Nahsichten auf eine „Ver-
trautheit mit den Dingen“.
Aber klingt das nicht nach Heim und
Heimchen, als käme die fotografierende
Hausfrau nicht vor die Tür und müsse mit
der Einrichtung ihres Zuhauses vorlieb-
nehmen? Oder steckt hinter der hyperprä-
zisen Abbildung der Objekte nicht womög-
lich der Wunsch, die Dinge gespenstisch
aufzuladen und in eine magische Sphäre
zu rücken? Ein Ei fotografiert sie auf der
Kante von weißem und schwarzem Hinter-
grund so, dass es zu schweben scheint. Für
die Aufnahme von Eisenbahnschienen
wiederum kippt sie 1932 die Kamera, und
nun sieht es aus, als gerate die Welt aus
den Fugen. Das könnte man mit etwas gu-
tem Willen als Kommentar zur politi-
schen Situation der Zeit interpretieren.
Der Kunsthistoriker und Kritiker Franz
Roh, ein Freund der Familie, hatte das Ta-
lent Aenne Biermanns früh erkannt, ihr
zu Ausstellungen und Veröffentlichungen
verholfen und ihr in seiner anspruchsvol-
len Buchreihe Fototek 1930 nach Moho-
ly-Nagy den zweiten Band gewidmet, wo-
durch er ihren Ruf als großartige Künstle-
rin der Avantgarde endgültig zementier-
te. Umfassender als in der Ausstellung rei-
chen die Motive dort von geologischen
Details und aufgeschnittenem Gemüse
bis zu bäuerlicher Architektur und Schat-
tenspielen am Strand, worin sich eine ge-
radezu absichtslose Lust widerspiegelt,
die Welt zu zerlegen und im Sucher der
Kamera neu zu gestalten. Es ist, als brin-
ge die Vertreterin eines kultivierten Groß-
bürgertums ihre Freude an Formen in
ihre eigene Form.
Das ist bei den Fotografinnen der zwei-
ten Ausstellung anders. „Re-Visions“ wid-
met sich einer kopflastigen Kunst. Die
akademische Herkunft der Fotografin-
nen ist nicht zu übersehen. Viele Bilder
sind kühl und streng, einerlei ob Mode,
Stillleben oder Porträts. Und prompt lan-
det man im Klischee, wenn man zu über-
legen beginnt, welchen Erwartungen die-
se Fotokünstlerinnen folgen oder ob sie
gegen Konventionen rebellieren, um sich
in einem lange Zeit und wohl noch im-
mer von Männern dominierten Feld
durchzusetzen. Dabei sind ihre präzisen
Kompositionen und die kalten Farben
nicht ungewöhnlich für die Ästhetik von
den Jahren um den Jahrtausendwechsel
bis heute. Am Ende denkt jeder mit sei-
nem eigenen Kopf – und entkommt doch
nicht seiner Zeit. FREDDY LANGER
Re-Visions,Pinakothek der Moderne, München; bis
- November. Aenne Biermann –Vertrautheit mit
den Dingen,ebendort; bis 13.Oktober, der Katalog
kostet 16 Euro. Anlässlich der Ausstellung ist im
Klinkhardt & Biermann Verlag ein Nachdruck des
Buchs „Aenne Biermann – 60 Fotos“ erschienen,
22 Euro.
Das Thema des diesjährigen Lucerne
Festivals, Herr Haefliger, lautet
schlicht „Macht“. Der Ausgangspunkt
dafür war, so haben Sie durchblicken
lassen, der Zyklus mit Wolfgang Ama-
deus Mozarts drei Da-Ponte-Opern,
der am 12. September beginnen wird.
Natürlich hat es Machtausübung im-
mer gegeben, aber während der Aufklä-
rung wurde sie in einer Weise themati-
siert und hinterfragt wie nie vorher.
Und so eben auch bei Da Ponte und Mo-
zart: feudale Ständevorrechte im „Figa-
ro“, Don Giovanni als Personalisierung
eines permanenten Machtmissbrauchs –
das sind tragende Leitlinien; und in al-
len drei Opern auch das Machtgefälle
zwischen Männern und Frauen.
An ein mögliches Machtgefälle zwi-
schen Teodor Currentzis und seinem
musicAeterna-Orchester, die diese Auf-
führungen tragen werden und in deren
Binnenverhältnis manche Beobachter
sektenhafte Züge konstatieren, haben
Sie weniger gedacht?
Lassen Sie es mich so sagen: Auch die
Ausübung künstlerischer Macht inner-
halb von Ensemblestrukturen ist eine
der thematischen Facetten, die uns inter-
essiert haben – und ebenso natürlich die
Macht der Musik selbst in ihrer Wirkung
auf die Hörer.
Ausweislich Ihrer eigenen Statistik
wird das Festival zu fünfzig Prozent
über Sponsoren und Freundeskreise
finanziert. Darf man auch da an das
Wort „Macht“ denken?
Ich fange lieber andersherum an: Die
öffentlichen Subventionen für unsere
Veranstaltungen betragen fünf Prozent,
die restlichen 95 müssen wir selbst er-
wirtschaften. Natürlich sind das fast
amerikanische Verhältnisse, und ich
werde nicht so tun, als müssten wir das
nicht berücksichtigen. Ein Gutteil mei-
ner Tätigkeit besteht aus Kontaktpflege
und Überzeugungsarbeit, aber genau
darum geht es: Wenn es uns gelingt, hier
Begeisterung an den richtigen Stellen,
für Projekte und Ideen auch abseits des
Mainstreams zu wecken...
... und gelingt es?
Das würde ich im einundzwanzigsten
Jahr meiner Intendanz und auch mit
Blick auf die vielen Veränderungen, die
es dabei gegeben hat, schon in An-
spruch nehmen; viele dieser Partner-
schaften halten ja bereits so lange, dass
man sie als strategisch bezeichnen darf.
Die Credit Suisse beispielsweise enga-
giert sich seit Beginn des Jahrtausends
mit zwei hoch dotierten Preisen für die
Förderung hochbegabter junger Solis-
ten, die sich dann bei unseren Konzer-
ten vorstellen; eine Künstlerin wie Sol
Gabetta hat auf diesem Weg ihre Welt-
karriere gestartet. Das Pharmaunterneh-
men Roche wiederum fördert kontinu-
ierlich unsere Festival Academy und da-
mit auch das zeitgenössische Schaffen,
das bei diesen jungen Musikern im Mit-
telpunkt steht – dieses Jahr unter ande-
rem mit zwei Uraufführungen von Mari-
anna Liik und Josep Planells Schiaffino,
wo sie dann neben Werken von George
Benjamin, Wolfgang Rihm und Dieter
Ammann stehen, die alle drei auch in un-
serem „Composer Seminar“ ihre Erfah-
rungen weitergeben.
Sie haben eben das Wort „Veränderun-
gen“ gebraucht. Aktuell stehen beson-
ders einschneidende an, nachdem Sie
angekündigt haben, auf das Oster- und
Klavierfestival – Letzteres verabschie-
det sich im November – zu verzichten.
Ja, mit schwerem Herzen, aber guten
Gründen. Sie müssen dabei im Blick ha-
ben, dass diese beiden Spartenfestivals
bereits existierten, als das Sommerfesti-
val mit der Gründung des Lucerne Festi-
val Orchestra durch Claudio Abbado
2003 und der Festival Academy durch
Pierre Boulez ein Jahr später ein völlig
neues Profil erhielt: weg von der bloßen
Reise-Leistungsschau internationaler
Spitzenensembles und hin zu einem zu-
nehmend selbst produzierenden Unter-
nehmen, das die Möglichkeiten moder-
ner Orchesterkultur nicht nur klangtech-
nisch, sondern auch programmatisch,
mit der Erschließung und Darbietung
neuer Inhalte vor allem in unseren eige-
nen Produktionen, in den Mittelpunkt
stellen will. Dieser Weg ist, wenn ich
vom Hörerzuspruch ausgehe, eine Er-
folgsgeschichte geworden, an deren Fort-
gang wir jetzt noch konzentrierter arbei-
ten wollen, zumal sie mittlerweile durch
die Auslandstourneen des Festivalorches-
ters und seit 2014 auch durch unsere
„Festival Alumni“ – ausgewählte Musi-
ker aus den mittlerweile weit über tau-
send ehemaligen Akademisten, die sich
mit eigenen Programmen bis hin nach
New York und Peking als Botschafter un-
seres Festivals präsentieren – weit über
Luzern hinauswirken. Wir haben also
jetzt drei festivaleigene Ensembles, und
eine der Entwicklungslinien wird sein,
sie noch stärker als bisher interagieren
zu lassen. Wenn Riccardo Chailly am
- September erstmals die Alumni diri-
giert – in einem herausfordernden Pro-
gramm mit Mossolow, Maderna, Schön-
berg und Rihm, das dann einen Tag spä-
ter in der Hamburger Elbphilharmonie
zu hören sein wird –, ist das auch ein Be-
kenntnis zu der von mir genannten Ent-
wicklungsrichtung...
... deren weitere Qualifizierung natür-
lich logistische und finanzielle Konse-
quenzen hat, die – so wäre zumindest
eine naheliegende Vermutung – die bei-
den Satellitenfestivals am Ende ihre
Existenz gekostet hat?
Noch einmal: Das war in erster Linie
eine strategisch-programmatische und
keine unternehmerische Entscheidung;
eine Fokussierung und keine bloße Kür-
zung, was natürlich einschließt, dass wir
Inhalte zum Beispiel des Klavierfesti-
vals organisch in das Sommerfestival in-
tegrieren werden. Außerdem wird es ab
2020 zwei lange Wochenenden geben,
an denen wir zusätzlich zum Hauptfesti-
val konzentriert die Projekte unserer
eigenen Klangkörper vorstellen wollen.
Das erinnert an eine Flurbereinigung
im Weinberg: Nach vollzogener Aktion
wird die Arbeit leichter, und die Erträ-
ge werden höher – nur so schön wie vor-
her sieht’s dann nicht mehr aus.
Natürlich schließt ein solcher Prozess
auch immer Problematisches und Trauri-
ges ein, zum Beispiel mit Sicht auf
Stammhörer, die uns zu Ostern und im
Herbst jahrelang die Treue gehalten ha-
ben. Das wissen wir hier im Team – und
es ist ja nicht so, dass uns ein solcher Um-
bruch nicht auch selbst bewegen würde.
Aber wenn sich beispielsweise – um ein-
mal das Spielfeld zu wechseln – eine
Fluggesellschaft entschließt, aus ökologi-
schen oder anderweitigen Gründen kei-
ne Kurzstreckenflüge mehr anzubieten,
muss sie sich genauso der nicht nur wirt-
schaftlichen, sondern auch emotionalen
Konsequenzen bewusst sein. Wir haben
das intensiv durchdacht und sind hoffent-
lich zum richtigen Ergebnis gekommen –
was für die nächsten Jahre vor allem
heißt, das Sommerfestival noch entschie-
dener in seinen spezifischen Stärken zu
profilieren.
Vielleicht auch mit noch mehr Experi-
mentierfreude in den großen Schwer-
punktkonzerten. Es gibt ja Meinungen,
die da noch zu viel Konventionelles se-
hen?
Das kann ich nicht nachvollziehen.
Zuerst natürlich, weil ich wirklich dafür
plädiere, unser Programm als Gesamt-
angebot zu sehen, zu dem eben beispiels-
weise auch die Academy gehört, die so-
gar ausschließlich modernes Repertoire
spielt. Am dritten Festival-Wochenende
erklangen beispielsweise in sechs Kon-
zerten ganze vier Werke, die vor 1900
entstanden sind – aber demgegenüber
sieben Uraufführungen! Darüber hinaus
gab es am gleichen Wochenende mit
unserem „Erlebnistag“ eine Vielfalt
ungewöhnlicher Aufführungsformate:
eine nächtliche Open-Air-Performance,
heiteres Miniatur-Theater, ein Hörer-
wunschkonzert und sechs Stunden Welt-
musik rund um das KKL Luzern. Und
wenn Sie nun schon von „Schwerpunkt-
konzerten“ sprechen: Für das Festival
Orchestra – zu rund achtzig Prozent üb-
rigens immer noch Musiker, die schon
bei Abbado dabei waren – wurden da in
wenigen Probentagen mit zwei Dirigen-
ten drei Riesenprogramme erarbeitet
und aufgeführt. Das ist ein Marathon-
Parcours, bei dem ich gut verstehe, dass
sich die Künstler dann wirklich auch
gern im Großformat und mit all ihren Fa-
cetten zeigen wollen – und trotzdem
sind ja Stücke wie Rachmaninows dritte
oder Schostakowitschs vierte Sympho-
nie alles andere als Allerweltsliteratur.
Was aber die Gastspiele angeht, sind wir
natürlich stolz, wenn die Berliner Phil-
harmoniker wenige Tage nach Petren-
kos Einstand gleich hierher nach Luzern
kommen oder wenn der neunzigjährige
Bernard Haitink bei uns am Pult der
Wiener Philharmoniker das letzte Kon-
zert vor seinem „Sabbatical“ gibt. Das
sind einmalige Erlebnisse und Werte,
die für sich stehen, und man sollte dann
vielleicht nicht verlangen, dass neben
Beethovens „Neunter“, Tschaikowsky,
Bruckner und – immerhin – Schönberg
vielleicht auch noch ein Messiaen oder
Lachenmann ins Programm rücken.
Was ich nach all den Jahren als Inten-
dant weiß, ist vor allem dies: dass man
nicht alles haben kann.
Das Gespräch führteGerald Felber.
Ein Gespräch mit dem Intendanten Michael Haefliger
Wir haben hier fast
amerikanische Verhältnisse
In Luzern wird das Oster- und das Klavierfestival
abgeschafft, das Sommerfestival soll dafür glänzen
Der gespenstische
Aspekt von Hühnerei
und Gummibaum
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Foto Bayerische Staatsgemäldesammlungen, Sibylle Forster /Foto Sammlung Ann Wilde/VG Bild-Kunst Bonn, 2019
Die beiden literarischen Schwergewichte
Margaret Atwood und Salman Rushdie
gehören zu jenen sechs Autoren, die es in
die Endrunde des diesjährigen Rennens
um den britischen Booker-Preis ge-
schafft haben. Dabei erscheint der Ro-
man „The Testaments“ der kanadischen
Schriftstellerin erst in der kommenden
Woche – und zwar im englischsprachigen
Original wie auch in deutscher Überset-
zung von Monika Baark unter dem Titel
„Die Zeuginnen“ (Berlin Verlag) am
- September. Diese heißerwartete Fort-
setzung von Atwoods bekanntestem Ro-
man, „Der Report der Magd“, konkur-
riert mit Salman Rushdies „Quichotte“,
einer aktuellen Aufbereitung des Klassi-
kers von Miguel de Cervantes (auf
Deutsch im Oktober bei C. Bertels-
mann), um die renommierte literarische
Auszeichnung, die dem Sieger 50 000
Pfund einbringt. Neben Lucy Ellmanns
tausend Seiten langem Bewusstseins-
strom „Ducks, Newburyport“ und dem
Roman „10 Minutes 38 Seconds in This
Strange World“ der türkischstämmigen
Schriftstellerin Elif Shafak (auf Deutsch:
„Unerhörte Stimmen“, bereits erschie-
nen bei Kein & Aber) stehen noch der Ni-
gerianier Chigozie Obioma mit „An Or-
chestra of Minorities“ (unter dem Titel
„Das Weinen der Vögel“ im Oktober bei
Piper) und die Britin Bernardine Evaris-
to mit „Girl, Woman, Other“ zur Aus-
wahl. Der Gewinner des Preises, dessen
Finanzierung der Risikokapitalgeber
Michael Moritz kürzlich von der Man-
Gruppe übernommen hat, wird am
- Oktober verkündet. G.T.
Buchschwergewichte
Margaret Atwood und Salman
Rushdie in der Booker-Preis-Auswahl
In München zeigt die Pinakothek der Moderne
zwei Ausstellungen mit Fotografien von Frauen:
von Aenne Biermann und Germaine Krull bis
zu Barbara Probst und Marie-Jo Fontaine.
Doch nicht das Geschlecht steht im Vordergrund,
sondern die Bildästhetik im Wandel zwischen
Weimarer Republik und heute.
Vom Kopf bis zu den Fingern: „Kinderhände“ von
Aenne Biermann aus dem Jahr 1928 (oben) und ein Porträt aus
der Serie „Babylon Babies“ von Marie-Jo Fontaine, 2003
Michael Haefliger Foto Marco Borggreve