Miba - September 2019

(Brent) #1

N


achdem ich zuletzt vor etwa fünf-
zehn Jahren eine „Kiste“ gebaut
hatte, verspürte ich mal wieder Lust
auf ein neues Projekt. Es sollte über-
schaubar, bei meinem wahnsinnig
schnellen Bauen und meinem Hang
zum Detail aber nicht zu lange dauern.
Da ich als Lehrer an einer Ganztags-
schule während der Schulzeit selten
die innere Ruhe finde, mich intensiv
auf solche Arbeiten
zu stürzen, blieben
mir in der Hauptsa-
che die Ferienzei-
ten. Als überzeug-
ter N-Bahner kam
für mich natürlich
nur die Neun-Milli-
meter-Spur in Fra-
ge.
Ich wollte etwas
in der Epoche III
oder IV bauen, das
transportabel ist
und auch gut in ei-
nen Kombi passt.
Zudem sollten nur
Reste und lange
nicht genutzte Dinge verwertet wer-
den. Als Schienenmaterial entschied
ich mich deshalb für meine älteren
Schienen von Roco und Minitrix. Auch
ansonsten wollte ich ganz normale und
alt hergebrachte Modellbaumaterialien
verwenden. Der Anspruch war, daraus
trotzdem Ansehnliches zu fertigen.
Wie aber sollte die Anlage aussehen?
Gute Frage. Klein? – Ja! Eine Kiste, so-
zusagen ein Kasperltheater für Schie-
nenfahrzeuge? – Ja. Aber der Rest? –
Keine Ahnung. Modellbahnanlagen in
einer Kiste verstehe ich eher als 3D-
Bild, welches man auch ruhig im
Wohnzimmer aufstellen kann.
Es sollte hoch und runter gehen. Tun-
nel gehören auch drauf. Und auf jeden
Fall mindestens eine Weiche. Damit
konnte ich etwas anfangen. Ich habe
dann den Kreis, den ich nicht wollte, zu
einer Acht weitergedacht und dort
noch zwei Weichen mit kurzen An-
schlüssen hinzugefügt. Das Ganze wur-
de anschließend in den PC gehackt und
heraus kam ein brauchbarer Gleisplan.
Statt der im Plan verzeichneten ein-
zelnen Gleise habe ich beim Bau aller-
dings fast ausschließlich Flexgleise
benutzt. Von der Kreuzungsweiche
ausgehend führen die links und rechts
abgehenden Gleise durch Tunnel eine
halbe Ebene hinunter. Die schräg nach
oben und unten abgehenden Gleise
der DKW gehen eine halbe Ebene hin-


auf und werden durch zwei Anschluss-
gleise ergänzt. Somit bilden beide
Ebenen für sich je einen Kreis und
ergänzen sich durch die Kreuzungs-
weiche zu einer Acht. Um den Spiel-
kreischarakter des oberen Gleises zu
kaschieren, stand von vorne herein
fest, dass dieses durch die Land-
schaftsgestaltung teilweise verdeckt
werden musste.

Gebäude sollten nur ganz dezent ein-
gesetzt werden, denn auch hier galt der
Leitspruch „Reste verwenden“. Ein al-
ter Bahnhof, den ich mal bei Ebay er-
steigert hatte, war dafür genau richtig.
Von Pola standen bei mir seit dem letz-
ten Jahrtausend neben vielen anderen
Dingen noch eine kleine Fabrikhalle
und das bekannte Sägewerk herum. Es
gibt diese Bausätze zwar immer noch,
allerdings bei Faller.
Der nächste Planungspunkt war die
Elektrik. Strippenziehen geht ja noch,
aber Elektrotechnik habe ich schon im
Studium gehasst wie die Pest. Lichtsig-
nale fand ich unpassend und Formsig-
nale wollte ich nicht verwenden. Aber
das Problem kann man bei kleinen Sta-
tionen auf der Nebenbahn realitätsnah
mit Trapeztafeln umgehen.
Beleuchtung sollte nur ganz dezent
eingesetzt werden, weil die Anlage eine
Innenbeleuchtung besitzt und deshalb
wohl nur sehr selten „dunkel“ benutzt
werden wird. Eine Innenbeleuchtung
für die Gebäude und ein paar Laternen
schienen aber unverzichtbar. Wie gut,
dass sich in einer der vielen Kisten
noch ein paar alte Peitschenleuchten
und eine Holzmastleuchte von Viess-
mann fanden, die von einem früheren
Anlagenrückbau übrig waren.
Im Hintergrund sollte noch ein Bahn-
übergang platziert werden. Eine Warn-
blinkanlage spielte in meiner Überle-

gung zunächst noch eine Rolle, er-
schien mir dann aber als zu aufwendig.
Der Übergang wurde einfach nur mit
Andreaskreuzen gesichert.
Zum Steuern der analogen Anlage –
eine Digitalsteuerung lohnt sich bei
dem überschaubaren Betrieb nicht –
nutze ich ein kleines separates Stell-
pult, welches mit einem Kabelstrang
und über eine einfach lösbare Steck-
verbindung mit der
Anlage verbunden
ist. Der Gleisplan ist
darauf abge bildet,
sodass die Elemen-
te mit Tastern be-
dient werden kön-
nen. Die Gebäude-
beleuchtungen und
die Straßenlaternen
können gemeinsam
mit einem Schalter
bedient werden.

Gleise


Als Gleismaterial
verwendete ich alte
Roco- und Minitrix-Schienen. Aller-
dings nutzte ich noch vorhandene
Flexgleise, weil das dem Stromfluss
dienlicher ist. Trotzdem baute ich si-
cherheitshalber diverse Stromeinspei-
sungen ein. Der hintere verdeckte Be-
reich des unteren Kreises ist jedoch mit
zwei Isolierschienenverbindern und
einer eigenen Stromeinspeisung dafür
vorbereitet, dort einen Abstellbereich
für den Analogbetrieb einzurichten.
Damit könnte dann eine zweite Lok be-
nutzt werden.
Die beiden Weichen sind von Roco
mit den bekannten Überflurantrieben.
Diese habe ich später mit Büschen ge-
tarnt. Die Doppelkreuzungsweiche ist
von Minitrix. Ich habe ihren Antrieb
umgedreht und in einer Aussparung
versenkt. Die Schienen habe ich (fre-
velhafterweise) direkt auf das Holz ge-
klebt, weil ich keinen Kork und auch
keine Trittschalldämmung mehr hatte.
Das wäre zwar wesentlich leiser gewe-
sen, hätte aber meiner Idee einer
Reste verwertung widersprochen.
Nach der Verlegung der Gleise wur-
den diese nach altbekannter Methode
mit braunem Schotter und dem be-
kannten Wasser-Weißleim-Gemisch
eingeschottert. Im letzten Schritt habe
ich die Gleise noch rostfarben mit
Humbrol- bzw. Revell-Farben angemalt
und anschließend den Schienenkopf
wieder sauber gewischt.

MODELLBAHN-ANLAGE

Der verschlungene Gleisplan entstand am PC. Erst die mit Bleistift skizzierte Andeutung
der Landschaftsgestaltung hilft der Vorstellungskraft des Betrachters auf die Sprünge.
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