Miba - September 2019

(Brent) #1

B


ereits Anfang der 2000er-Jahre be-
gann die Deutschen Bahn an einen
Nachfolger für ihre IC-/EC-Flotte zu
denken. Damals waren noch etwa 1500
Wagen vorhanden, von denen ein
Großteil bereits am Ende ihrer wirt-
schaftlichen Lebensdauer war. Die
Überlegungen beschäftigten sich sei-
nerzeit ausschließlich mit lokbespann-
ten Wendezügen. Es war bereits eine
Ausschreibung über 1000 IC-Wagen
erarbeitet worden, die aber aus ver-
schiedensten Gründen nicht veröffent-
licht wurde. Erst 2008 wurde dann
unter dem Arbeitstitel ICx, der Name
ICE 4 wurde erst Mitte 2015 eingeführt,
eine umfangreiche, europaweite Aus-
schreibung veröffentlicht. Das neue
Zugsystem ICx sollte nun nicht nur die
IC-/EC-Flotte, sondern danach auch


den ICE 1 und ICE 2 ablösen. Das lang-
fristige Ziel von DB Fernverkehr war,
mit dem ICx über ein universelles und
einheitliches Zugsystem zu verfügen,
mit dem 70 % der Fernverkehrsflotte
gebildet werden kann.
Diese „Einheitsbaureihe“ bietet hin-
sichtlich Instandhaltung, Ersatzteilbe-
vorratung, Personalschulung viele Vor-
teile. Daher waren die Eckpunkte dieser
Ausschreibung die Forderungen nach
universellen Eigenschaften des Zugsys-
tems wie anpassbare Zuglängen zwi-
schen 150 und 400 Metern sowie nach
einer Vielzahl von konfigurierbaren Ei-
genschaften wie z.B. die Höchstge-
schwindigkeit (und somit die Antriebs-
leistung) sowie die Ausstattung für einen
Einsatz in den europäischen Nachbar-
ländern. Bewusst ließ die DB verschie-

dene Eigenschaften – Antriebskonzept
(konzentriert/verteilt), Wagenkonzept
(Einzelwagen/Gliederzug), Instandhal-
tungssystem sowie Wagen- und Zuglän-
ge – offen, um die Zahl möglicher Be-
werber nicht einzugrenzen.
Aus dem sehr zeitintensiven Verga-
beprozesses ging schließlich Siemens
als Gewinner hervor, der Ende Januar
2010 zum „preferred bidder“ benannt
wurde. Es sollte aber noch bis zum 9.
Mai 2011 dauern, bis die Vorstände der
DB AG und der Siemens AG den Rah-
menvertrag über die Beschaffung von
bis zu 300 Zügen unterzeichneten, wo-
bei 130 Züge (85 Zehnteiler und 45 Sie-
benteiler mit einer Höchstgeschwindig-
keit von 250 bzw. 230 km/h) sofort
bestellt wurden.
Siemens beteiligte Bombardier als
Unterlieferant an diesem Auftrag. Bom-
bardier fertigt alle Rohbauwagenkäs-
ten, die in lasergeschweißter Stahl-
leichtbauweise ausgeführt sind, alle
Laufdrehgestelle und führt die End-
montage von drei Wagenbauarten aus.
Siemens hatte in der Tat ein sehr in-
novatives und überzeugendes Konzept
angeboten: Als Erstes seien die langen
Wagenkästen erwähnt: Bei einer Länge
von 28 Metern (Endwagen: 28,6 m,
Mittelwagen: 27,75 m) war es möglich,
einen 200-m-Zug mit sieben, anstatt

Die Triebwagen der BR 412 – ICE der vierten Generation


Der flexible Renner


Zum Fahrplanwechsel im Dezember 2017 nahmen die ersten


zwölfteiligen Triebzüge der Baureihe 412 offiziell und zum


vereinbarten Termin den Fahrgastbetrieb auf. Der ICE 4 soll in


Zukunft das Rückgrat des Fernverkehrs in Deutschland werden.


Matthias Maier erläutert Werdegang und Bauart der Züge.

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