Teddys Kreativ - September-Oktober 2019

(Greg DeLong) #1
1910

Sehr geehrte Frau Töppler,
zunächst einmal auch von dieser Stelle
herzlichen Dank für die tolle Geschichte
rund um Ihren Bären „Micky“ und dass
sie diese mit allen Bärenfreunden tei­
len. Genau solche Geschichten und Er­
innerungen sind die Essenz des Bären­
sammelns und faszinieren jeden echten
Liebhaber historischer Teddybären.


Neben ihrem emotionalen Bericht gibt
es aus der Sicht der Teddyforschung
noch einige Zusatzinformationen. Zu­
nächst einmal ist festzustellen, dass die
von Ihnen berichtete Herkunft völlig mit
dem erhaltenen Bären übereinstimmt,
was nicht immer selbstverständlich ist.
Oberflächlich betrachtet hat er zunächst
größere Ähnlichkeit mit den Produkten
der Firma Clemens. Ihr Teddy stammt
jedoch eindeutig aus einem der vielen
volkseigenen Betriebe und den Produk­
tionsgenossenschaften der ehemaligen
DDR. Leider sind nur die wenigsten
dieser Bären – und damit auch die aus
dem Raum Sonneberg – einer exakten
Produktionsstätte zuzuordnen. Das Ver­
hältnis der mit originalem Warenzeichen
erhaltenen Bären ist einfach zu gering,
als dass man gesicherte Herkunfts­
aussagen durch Vergleichsexemplare
machen könnte. Ein leidiger Umstand
für die häufige Namenslosigkeit histori­
scher Teddybären der ehemaligen DDR:
Viele von ihnen wurden ohne Warenzei­
chen ausgeliefert. Es gibt nur wenige
Katalog nachweise für Teddybären der
ehemaligen DDR aus den 1950er­Jahren.


Einer der wenigen erhaltenen Nachwei­
se findet sich in Form eines Kataloges
der sogenannten Handelszentrale Kul­
turwaren. In der Abteilung Spielwaren
zeigen sich in dem aus der Zeit um 1955
stammenden Katalog einige Abbildun­
gen mit Teddybären. Darunter ist auch
ein Exemplar, das Ihrem Micky schon
sehr gut entspricht. Farben und Felllän­
gen variieren immer wieder einmal, das
Design ist nahezu identisch.

Nummer 535


Leider werden die verschiedenen
Plüschtiere in diesem Katalog nicht mit
einem ursprünglichen Hersteller be­
zeichnet, sondern nur mit fortlaufenden
Bestellnummern gezeigt. Ihr Micky­
Bruder trägt die Nummer 535 und könn­
te sogar die gleiche Größe haben. Da der
Katalog erkennbar Produkte verschiede­
ner Betriebe zeigt – unter anderem auch
einige der sogenannten Crämer­DDR­
Produktion – dürfte es als recht sicher
gelten, dass die aufgeführten Produk­
ten aus mehreren, vielleicht Dutzenden
verschiedenen Manufakturen stammen.
Sie wurden lediglich in diesem Kata­
log zusammengefasst, eventuell auch zu
Exportzwecken. Es ist mittlerweile be­
kannt und gesichert, dass ein großer Teil
der in der ehemaligen DDR produzier­
ten Spielwaren exportiert wurde: man
spricht von etwa 70 Prozent der Gesamt­
masse. Daher wird auch Ihr Micky und
sein Bruder leider auch zukünftig keinen
buchstabierbaren Namen bekommen

und lediglich als Teddy Nummer 535 be­
kannt bleiben. In einer Zeit, in der große
Namen und perfekte Erhaltung von Sam­
melobjekten immer wichtiger werden,
wäre es doch schön, wenn durch seine
Geschichte manche Sammelnde wie­
der den inneren Werten der Teddybären
mehr Beachtung schenken würden.

Mickys Maße
Körperhöhe vom Kopf bis
zur Fußsohle: 60 cm
Kopfumfang: 47 cm
Bauchumfang: 50 cm

Ich wollte mehr über die Spielzeugfirma in Sonneberg-Thüringen herausbe-
kommen, weil aus alten Erzählungen gesagt wurde, dass Micky in Sonneberg-
Thüringen das Licht in dieser Welt erblickt hat. Ich würde so gerne mehr wissen
aus der Zeit 1958. Wer könnte Micky gemacht haben, wer war der oder diejenige,
der Micky raus in die Welt geschickt hat mit dem Wunsch: Ich wünsche dir,
dass du eine ganz liebe Familie findest. Der Wunsch ist in Erfüllung gegangen.
Gibt es noch andere Bären in seiner Art? Wo kommt Micky her und wer hat ihn
so liebevoll erschaffen. Vielleicht könnt ihr es erkennen an seinen Nähten oder
seinem Körper, der viel größer und doch so zierlich erscheint. Er hat so unglaublich
gut geformte Arme, Beine und einen sehr ausgeprägten runden Bauch, als hätte
er zu viel Honig gegessen. Er hat einen sehr großen Kopf und seine Schnau-
ze wirkt wirklich wie bei einem echten Bären. Früher hatte er noch eine rote
Schleife um den Hals und meine Mutter erzählte, er hätte gelbes, flauschiges
Fell gehabt. Ich kenne ihn nur ohne dieses flauschige Fell. Micky kann Arme,
Beine und Kopf bewegen. An allen vier Pfoten hat er noch die original aufge-
stickten Krallen: An jeder Pfote drei. Sein Innenleben besteht aus Holzwolle,
die immer mehr Lücken hinterlässt, weil sich die Holzwolle in Kleinteile verwan-
delt. Seine Stimme war ein tiefes Brummen, wenn man ihn neigte.


Micky wird wohl für immer ein
namenloser Teddy bleiben

Jede Tatze ist noch mit den drei
Krallen-Nähten versehen
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