Focus - 10.08.2019

(Sean Pound) #1
FREIZEIT

Fotos:


Nora Wüthrich, Lucía de Mosteyrín Muñoz (2), Ronald Bonss, Flussbad e.V.


FOCUS 33/2019 117

Dresden Zum Elbe-Schwimmevent kamen
in diesem Jahr fast 2000 Schwimmer

Berlin Ein Spreekanal an der
Museumsinsel soll zum
Flussschwimmbad werden

Bern Die Aare erfordert Können, denn sie
hat auch im Sommer tüchtig Strömung

Menschen ertrunken. Und auch im
Münchner Eisbach, der klassischen
Flussschwimmstrecke im Englischen
Garten, kommt es immer wieder zu
Unfällen.
Besonders heikel wird es dort, wo
der Fluss auch Wasserstraße ist, sich
Schwimmer und Schiffe den Strom tei-
len müssen. Dieses Jahr schwammen
im Rheinknie bei Basel an manchen
Tagen so viele Menschen, dass Fracht-
schiffe oft mit Dauerwarnsignal unter-
wegs waren. Manchmal wurden sie von
Polizeibooten eskortiert, die Schwim-
mer per Megafon aus der Schifffahrts-
rinne scheuchten.

Berlin organisiert den Flussbad-Pokal
Ein besonders ambitioniertes Ziel hat
sich der Verein Flussbad Berlin gesetzt.
Das Stadtentwicklungsprojekt will den
seit mehr als 100 Jahren weitgehend
ungenutzten Spreekanal im histori-
schen Zentrum für Schwimmer öffnen.
Geplant sind drei Abschnitte. Ent-
lang der Fischerinsel soll der Kanal
in einen naturnahen Flusslauf umge-
wandelt werden. Eine mit Wasser-
pflanzen bewachsene Kiesschicht soll
als ökologischer Filter fungieren und
das Wasser für den Schwimmbereich
säubern. Auf 835 Meter Länge könn-
ten dereinst Schwimm-
begeisterte entlang der
Museumsinsel den heut-
zutage wenig einladen-
den Kanal nutzen.
In diesem Bereich fin-
det in diesem Jahr
zum fünften Mal der
„Flussbad-Pokal“ statt,
ein öffentliches Volks-
schwimmen, das, wie um
die Problematik zu ver-
deutlichen, nach einem
Starkregen wegen der
Wasserverunreinigung
vom Juni auf den 25. Au-
gust verlegt werden
musste.
Wie stark Fluss-
schwimmen im Trend
liegt, zeigt auch die
Entwicklung in Dres-
den. Stiegen 1998 zum ersten „Elbe-
schwimmen Dresden“ nur 70 Menschen
ins Wasser, waren es vorigen Sonntag
schon fast 2000, die sich die dreieinhalb
Kilometer zwischen Alt- und Neustadt
stromabwärts treiben ließen. Diesen
Sommer wurde ein Verein gegründet,
der das populäre Freizeitvergnügen
weiter fördern soll. Der Vorsitzende,

schwimmen einem trendigen urbanen
Lebensstil und einem gestiegenen
Umweltbewusstsein.

Das Seepferdchen reicht nicht
Bei vielen Projekten handelt es sich
allerdings um große Pools, die im Fluss
verankert werden, wie „Swim City“
zeigt – etwa in Boston, New York, Lon-
don und Paris. Teilweise befinden sie
sich erst im Planungsstadium, beglei-
tet von teils hitzigen Debatten über
Wasserqualität, Hygiene und nicht
zuletzt über Sicherheit.
Flussschwimmen ist nichts für Be-
ckenrandschwimmer. Das Seepferd-
chen reicht nicht. Nur wirklich gute
Schwimmer sollten sich in Flüsse stür-
zen. Strömungen und Verwirbelun-
gen, etwa nach Brückenpfeilern oder
durch Schiffe, können lebensgefähr-
lich werden. Allein in diesem Sommer
sind in Basel und Bern bereits acht

Daniel Baumann, findet es „extrem
spannend, dass man heutzutage wieder
in unseren Flüssen schwimmen kann“.
Der Mensch quasi als Lebendindika-
tor für die gestiegene Qualität unserer
Fließgewässer.

Ziemlich coole Mutprobe in Bern
Sehnsuchtsziel aller Stadtschwimmer
aber bleibt Bern. Während man im
Rhein bei Basel eher gemächlich durch
die City dümpelt, geht es in der Schwei-
zer Hauptstadt rasant zu: Die Aare führt
hier derzeit erfrischendes Schmelzwas-
ser aus den nahe gelegenen Alpen, und
die Strömung ist beeindruckend.
Nicht nur der Fluss,
auch der Ausstieg er-
fordert Fitness: Wer
nicht rechtzeitig auf
der Höhe des legendä-
ren Marzili-Bades eines
der signalrot lackierten
Geländer an den Aus-
stiegstreppen erwischt,
kann wegen eines Stau-
wehrs ein echtes Prob-
lem bekommen.
Im vergangenen Win-
ter ließ die Stadt aller-
dings einen kleinen
Kanal bauen, über den
man auf das Gelände
des Freibads gelangt.
Charakteristisch für die
Aare in Bern ist zum
einen der Blick aus der
Fischperspektive hinauf
auf die Kulisse des Bundeshauses und
zum anderen das beständige Krieselge-
räusch unter einem. Denn dort schiebt
die Strömung unendlich viele Kiesel-
steine vor sich her. Ein Badefest für alle
Sinne also – und mit einem gehörigen
Anteil Nervenkitzel. n

THOMAS SCHEUER
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