Der Stern - 08.08.2019

(Ann) #1
Man kann auch vor der eigenen Haustür eine
neue Welt entdecken. So wie Meike Winne-
muth, Autorin und stern-Kolumnistin. Sie
ist neugierig durch Dutzende von Ländern
gereist und schließlich – wie sie sagt – „an-
gekommen an einem Ort, am dem ich noch
nie war: zu Hause“. Und dieses Zuhause war
ihr eigener Garten. Den hatte sie sich samt
Wochenendhäuschen gekauft. Ein kleines
Stück Land am Waldrand. Keine 300 Meter
von der Ostsee entfernt. Ein Stück Land, das
Meike Winnemuths Leben verändern sollte.
Denn sie begann zu gärtnern. Als totale Ama-

teurin, aber mit Begeisterung. „Ich grabe
Pflanzlöcher und verwurzele mich, ich schau-
fele Erde und finde festen Boden unter den
Füßen“, schreibt sie in ihrem Buch „Bin im
Garten“.
Meike Winnemuth hat beim Buddeln, Pflan-
zen und Ernten zu sich gefunden. Hat entdeckt,
was immer mehr Menschen ersehnen: das
Gefühl, mit der Welt im Gleichklang zu sein.
Mit anderen und anderem im selben Takt zu
schwingen. Wodurch dieses Gefühl ausgelöst
wird, ist fast egal. Ob Musik, Begegnungen,
gute Gespräche, ein Hobby, Sport, Kochen oder
eindringliche Naturerlebnisse – wichtig ist,
dass man berührt und sich berühren lässt.
Der Soziologe Hartmut Rosa nennt das
ein „anschmiegsames Weltverhältnis“ (siehe
Interview auf Seite 32). Er beschreibt es am
Beispiel einer zufriedenen Frau: „Sie hat
das Gefühl, ihre Familie, ihre Arbeitskollegen,
ihre Volleyballfreunde zu erreichen und in

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