2014 erschienen erste Songs unter
dem Namen Capital Bra. Seitdem
hat er sechs Alben und vier EPs ver-
öffentlicht. Seine Texte schreibe er
nicht auf, sagte er mal, die habe er
im Kopf. Manager und Plattenfir-
men hat er oft gewechselt, er stand
bei Bushidos Plattenfirma „Ersgu-
terjunge“ unter Vertrag, stieg dort
aber aus, weil Bushido an geblich mit
der Polizei zusammenarbeite. Mehr
Gangsta-Rapper sein zu wollen als
Bushido – eine verwegene Geste.
Von Bushido war dazu wenig zu
hören. Seine Frau hingegen, Anna-
Maria Ferchichi, postete eine Story
auf Instagram, in der sie infrage stell-
te, ob Balovatsky und ihr Mann, wie
Capital Bra es suggeriert hatte, je-
mals „Freunde oder Brüder“ gewesen
seien. „Ach so, kannst du dich dran
erinnern, wann du das letzte mal zu-
hause gewesen bist, bei deinen Kin-
dern oder Frau??“, schrieb sie. „Ach
nee, stimmt ja, du bevorzugst vollge-
kokst mit Nutten im Hotel zu liegen.“
2014, noch vor seinen frühen
Songs, erlangte Capital Bra erste
Bekanntheit durch Auftritte bei
„Rap am Mittwoch“, einer Berliner
Battle-Rap-Veranstaltung, bei der er
zum besten Newcomer gewählt
wurde und die damals der Rapper
Ben Salomo moderierte.
Ein Sommernachmittag in Schö-
neberg, Hohenschönhausen liegt
auf der anderen Seite Berlins. Jona-
than Kalmanovich, 42, der sich als
Rapper Ben Salomo nennt, sitzt vor
dem Café „Mutter“. Er erinnert sich
an den jungen Rapper: „Er kam mit
einer Basecap auf dem Kopf, sehr tief
runtergezogen, man konnte seine
Augen fast nicht sehen. Er wirkte so
schüchtern. Aber sobald der Beat
losging und er seinen Text rappte,
explodierte das in so eine unzähm-
bare Energie.“ Capital Bra sei bei
„Rap am Mittwoch“ aus dem Durch-
schnitt herausgestochen, sagt Kal-
manovich. Er habe etwas gehabt, das
ihn von den anderen unterschied.
Da sei zum einen seine Ausspra-
che, offenbar geprägt von Balovat-
skys Herkunft: „Er wirkt selbstbe-
wusst, authentisch, auch aggressiv
durch diesen Akzent.“
Capital Bras Debütalbum „Kuku
Bra“ erschien 2016, seine Raps da-
rauf passen zu der Energie, die
Kalmanovich einst entdeckte, sie
wirken rau, wütend, getrieben, er
rollt das „r“.
„Brrra, Brrra, Brrra macht die Uzi“,
und gleich zu Beginn fällt der Aus-
druck „Rap-Anarchie“. Teile seiner
späteren Nummer-eins-Hits wie
„One Night Stand“ und „Prinzessa“
singt Capital Bra auf Russisch. Ein
Wort, das wiederholt bei ihm auf-
taucht, ist „Bratan“, russischer Slang
für Bruder, auch gern in der Kurz-
form: Bra eben.
Und da seien Wörter, „die eher in
der Migrantengesellschaft zu finden
sind“, sagt Kalmanovich. Capital Bra
rappt nicht nur von „Geld machen“,
sondern auch von „Para“, Türkisch
für Geld, oder „Massari“, arabischer
Slang für Geld.
In „Berlin lebt“, einem weiteren
Nummer-eins-Hit, heißt es: „Abiad,
ich packe fette Tüten, Bra.“ – „Abiad“
bedeutet „weiß“, eine arabische
Metapher für Kokain. „Er holt alle
Welten ab“, sagt Kalmanovich. „Die
Migranten, die Deutschstämmigen
und die Russlanddeutschen.“ Er fügt
hinzu: „Und die Mädels!“
Auf der Bühne in Bremen tigert
Capital Bra hin und her, hinter ihm
eine Kulisse, die dem Berliner
Reichstag nachempfunden scheint
und über der CAPITAL BRA steht. Er
singt „Cherry, Cherry Lady“, und ein
paar Mütter aus dem Raucher-
bereich freuen sich, dass sie etwas
wiedererkennen. Von „Cherry Lady“
hat Capital Bra eine Abwandlung
gemacht, nachdem er Streit mit Die-
ter Bohlen bekam, sich dann aber
wieder vertragen hat.
„Cherry Lady“, einer der Nummer-
eins-Hits, hat aktuell mehr als 58
Millionen Aufrufe auf Spotify; acht-
stellige Aufrufzahlen für Capital
Bras Singles dort sind keine Selten-
heit. Darüber, ob die Streams einiger
Rapper in Deutschland gekauft sein
könnten, wurde kürzlich auf der
Website Reddit und in gewissen Hip-
Hop-Blogs spekuliert. Ein „Klick-
käufer“ meldete sich hier und da zu
Wort und sagte, er habe unter ande-
rem die Aufrufe bei Capital Bra ge-
schönt. Dass es möglich ist, sich in
Spotify-Accounts einzuhacken und
so die Zahlen nach oben zu treiben,
zeigte vor Kurzem ein Beitrag der
Reihe „Y-Kollektiv“ beim ARD-/ZDF-
Jugendsender „Funk“. Ob das bei
Capital Bra der Fall ist oder nicht,
bleibt allerdings Spekulation.
Bei „Cherry Lady“ wie bei anderen
Hits, „Melodien“ oder „Benzema“
etwa, singen die Jugendlichen in
Bremen mit, text sicher, und Ca- 4