Berliner Zeitung - 17.08.2019

(Sean Pound) #1

Schönes Wochenende


18 * Berliner Zeitung·Nummer 190·17./18. August 2019 ·························································································································································································································································································


WOHIN AM WOCHENENDE?


Preußischer


Apollam


Wasser


A


uf nach Köpenick! Ob mitRad
oder Bahn, Berlins schönerBe-
zirkimS üdostenistgeradeimSom-
mer einen Ausflug wert.Wosich
Dahme undSpreetreffen, gibt es
herrlicheUferwege,Ausflugslokale
mit Wasserblick, Flussbadestellen
undnochdazuSehenswürdigkeiten
wiedasKöpenickerSchloss.Esi stei-
nes der bedeutenden Schlösser der
Hohenzollern, die erhalten geblie-
bensind.Eswurdevon1677bis
errichtetundliegtaufderherrlichen
Schlossinsel.
Dieneue Ausstellung im Schloss
heißt „DerPreußische Apoll“ und
widmet sich dem schönstenSpross
der Preußen-Dynastie.Prinz Louis
FerdinandvonPreußen(1772–1806)
war einEnkel desSoldatenkönigs
Friedrich Wilhelm I.Nach seinem
Todschrieb TheodorFontane eine
Ballade über ihn. „SechsFußhoch
aufgeschossen,/EinKriegsgott an-
zuschaun,/DerLieblingderGenos-

sen,/ DerAbgott schöner Fraun,/
Blauäugig,blond,verwegen,/Undin
der jungenHand,/ Denalten Preu-
ßendegen/–PrinzLouisFerdinand.“
Prinz Louis war ein Liebling der
Frauen und ein hervorragender Pia-
nist dazu, der in den bekanntesten
Berliner Salons spielte.Die Ausstel-
lungwidmetsichdemmusikalischen
SchaffendesPrinzen,seinerFamilie,
seinen Liebschaften.Zu sehen sind
Originaldokumente,Notenabschrif-
ten, Kandelaber,die Berliner Salons
jener Zeit werden zum Leben er-
weckt. DieseMusik und auch die
Kompositionen desPrinzen werden
ineinerfürdieAusstellungkonzipier-
tenKonzertreiheaufgeführt.
GeborenwurdePrinzLouisFerdi-
nand am 18. Novembe r1772 im
Schloss Friedrichsfelde.Als Kind
spielte er aufweiten Wiesen ,bevor
dieFamilieindieWilhelmstraßezog
und sich ab 1785 das SchlossBelle-
vue amRande desTiergartens er-

richtenließ.LouishattedenNimbus
desstrahlendenHeldenprinzen.Zum
Ärger seinesVaters Prinz Ferdinand,
jüngsterBruderdespreußischenKö-
nigsFriedrichII.,machteerallerdings
Schulden ohneEnde,kauftezuviel
Wein,Delikatessen,Schmuckstücke.
Ganz Berlin tratschte über den
rastlosen Lebenswandel des preußi-
schen Enfant terrible.Fontane dich-
tete: „DieGeneral itäten/ Kopfschüt-
telnfrühundspät,/Sieräusp ernsich
und treten/VorSeine Majestät,/ Sie
sprechen:Nichtzudulden/Istdieser
Lebenslauf,/DieMädchen und die
Schulden/ZehrendenPrinzenauf.“
Louis starbim Kampfgegendie
napoleonischenTruppen. Seinfrüher
Todmachte ihn endgültig zu einem
preußischenHelden.
Nach de mBesuc hder Ausstel-
lungimSchlosssolltemannichtver-
gessen,einmalüberdieSchlossinsel
zuspazieren.Überallblühtes,Bänke
laden zumVerweilen ein, auf der

VonIda Lu ise Krenzlin

EinAusflugnachKöpenick–


erstzurPrinzen-Schauim
Schloss,dannhinausandie
frischeLuft

Prinz LouisFerdinand,Porträt von Jean Laurent Mosnier,

STIFTUNG PREUSSISCHE SCHLÖSSER UND GÄRTEN BERLIN-BRANDENBURG/ROLAND HANDRICK

FUNDSTÜCKE


VonJuliaGrass
HabenSieauchetwasNeuesinderStadtentdeckt?
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Urlaub


aufdemTeller


Essen


FRANCESCO CONTIERO

I


chbineinegroßeFreundindermediterranenKüche.Aller-
dings:AuchwenndasAngebotinBerlingroßist,liegtman
oftmitderWahldes Restaurantsdaneben.Einemvertraueich
allerdings:FrancescoContiero, ChefkochdesRestaurantsRi-
chardinK reuzberg.Dortfeiertmangeradedie„Mediterranen
Wochen“. Für denSommer hatContieroein leichtesMenü
kreiert,dasdieVielfaltderKüchedesMittelmeerraumesabbil-
det, mitEinflüssen ausMarokko,Syrien, Kroatien,Spanien
und selbstverständlich Südfrankreich.CatalanischerPulpo-
Salat steht auf derKarte, Lamm mitFenchel, Tabouleh und
meinpersönlicherFavorit:Muschel-SautémitSafran. DasRi-
chardist ein Sterne-Restaurant, diePreise sind dementspre-
chendhöher.AberesisttrotzdemmeinTipp–besondersauch
füralljene,diediesesJahraufdenUrlaubimSüdenverzichten
undsichtrotzdemetwasSchönesgönnenmöchten.

Restaurant RichardKöpenickerStraße 174,Kreuzberg. Di–Sa 19–0Uhr,Menü
„MediterraneWochen “bis 31.August:75Europro Person,àlacarte ab 16 Euro

EinFest


derStraße


Kiez-Gefühle


BERND WÄHNER

E


twas,dasmichanBerlinsofortbegeisterthat,alsichvorelf
Jahren hierherzog, war dieSache mit denKiezen. Kieze
kannteichinderFormwederausmeinerkleinenHeimatstadt
noch aus anderenGroßstädtenDeutschlands.Der Kiez als
kleine Stadt in derStadt, wo derGroßstadtliebhaber,der an
sichdieAnonymitätBerlinsschätzt,danndochheimeligeGe-
fühleentwickeltundsichfreut,wennihn Späti-Besitzeroder
BäckereiverkäuferinnenamSonnabendmorgenwiedererken-
nen. Für mich ist dasKiezleben faszinierend.Ichlerne gern
neueKiezekennenundbindeshalboftaufKiezfestenunter-
wegs.AmWochenendewirdzumBeispielinderFlorastraßein
Pankowgefeiert. Gewerbetreibende derFlorastraße bauen
ihreStändeaufdenBürgersteigenauf,amSonnabendgibtes
einenTrödelmarkt,undzwischenWollankstraßeundGarbaty-
platzwir desP rogrammaufdiversenBühnengeben.

Flor ameilein der Florastraße,Pankow.Saab15Uhr,Soab14Uhr,Trödelmarkt
Sonnabend15–18 Uhr

TiefimNetz


versinken


Lichtkunst


DPA/CHRISTOPH SÖDER

W


ennicheinsüberdassozialeNetzwer kInstagramsagen
kann, dann, dass ich dortimmer einen Überblick be-
komme über das,was gerade angesagt ist. Scrolle ich derzeit
durchmeinenAccount,dannwargefühltschondieHälfteder
Menschen,denenichdortfolge,indenverg angenenWochen
imKraftwerkBerlin.IndemaltenIndustriebauistderzeitdie
LichtinstallationDeepWebzus ehen. 175 beweglicheKugeln
werdenvonLasernangestrahlt.DarausentstehteinNetzaus
Lichtstrahlen,indemsichderBetrachterzumTaktelektroni-
scher Musik verlieren kann.DasWerkdes Lichtkünstlers
ChristopherBauderunddesKomponistenRobertHenkewar
bereits2016zuGastin Berlin.NunistdieSchauwiederdaund
nochbiszum24.Augustzusehen.

DeepWebnoch bis24.August im Kraftwerk, Köpenicker Straße 70, Mitte.Mo–Do
15–21 Uhr,Fr–Sa 13–23 Uhr, So 13–21 Uhr.Eintritt 12,50 Euro, ermäßigt 9,
Euro,Live-Performances27,50Euro

Jamei,wogibt’sgute


Breze(l)n?


Süddeutschland in Berlin


IMAGO IMAGES

H


eißtesnunBrezelnoder Brezen?InderRedaktionführen
wir dieseDiskussion seit einigenTagen. Wirhaben eine
Journalistin ausAugsburgzuG ast, die es sich zurAufgabe ge-
machthat,guteBreze(l)nin Berlinzufinden.Gesternfrühkam
siefreudestrahlendmiteinemgroßenKartonindenNewsroom.
Darinein Haufen Brezeln aus derBrezelbar in Kreuzberg.Ich
waretwaserstaunt,denLadenkannteichnochnicht,obwohl
ichalsgebürtigeBaden-WürttembergerinoftselbstechteBre-
zelnvermisse.Knusprigmüssendieseinundinnenfluffig,nicht
zu viel Salz, nicht zuwenig. Ichkomme schon wieder ins
Schwärmen!UnserKartonwarjedenfallsinnerhalbwenigerMi-
nutenleer.DieBrezelnausderBrezelbark önnenmitdemsüd-
deutschenOriginalaufjedenFallmithalten!AußerBrezelngibt
esdor teinesolideFrühstückskarte–mitWeißwurst-Frühstück.

BrezelbarFriesenstraße 2, Kreuzberg.Mo–Sa 7–18 Uhr,So9–18Uhr.Brezelnfür
1Euro.Weitere Infos: brezelbar.de

Wie Re-cycling


wirklich funktioniert


LOLA&FARRATI


VonLolaKnoblach

I


neinergroßenStadtwie BerlingibtesvieleDinge,dienicht
mehrgebrauchtwerdenunddiedeshalbihrenWegaufdie
Straßefinden,wosiedanneinegewisseZeithin-undherge-
schwemmtwerden,bissieirgendwannverschwinden.
InmeinerStraßehängtseitungefähreinemJahreinkleines
MountainbikeaneinemStraßenschild.Farratigruseltsichje-
desMal,wennwirdaranvorbeifahren.EshatkeinenSattel
mehrundistnatürlicheinigermaßenmitgenommen,aberei-
gentlichnichtunrettbar.IchkönnteohneUmschweifenoch
vier,fünfweiteresolcherverg essenenRädernennen.Esgibt
ganzvieledavon!Mankannzuschauen,wiesienachundnach
immerschwächerwerden:ZuerstkriegensieeinenPlatten,
dannklautjemandeinePedale,einVorderrad verschwindet.
Farratifängtanzuschluchzen.„DieArmen!Keinerhatsielieb!
UndvermutlichhabensienochnichtmaleinenNamen!“
Unddabeiwär eessoe infach:ManbräuchteeineSchrott-
chaisen-such-und-leih-App.Besitzer vonvergessenenRädern
werdenaufgefordert,dieSchlösserabzumachenoderihreEr-
laubniszugeben,sieabzuflexen.DannbekommendieRäder
einenGPS-EmpfängerundwerdensoperSmartphoneauf-
findbarfürandereLeute.DieFahrräderfahrensichwahr-
scheinlicheherblöd,sindschlechtgewartetundauchnicht
sonderlichschön,abermankanndamitkostenloszumnächs-
tenU-BahnhofodervonderKneipenachHausefahren.
Wennsichdabeiherausstellensollte,dassjemanddasge-
lieheneFahrradliebhat,könntemangegeneinengeringen
KostenbeitragdenGPS-Empfängerdeaktivierenlassenund
dasFahrradbehalten.DamachtdochdasWort„Re-cycling“
plötzlichSinn:SofindendieFahrräderneueFreunde,die
sichvielleichtbesserumsiekümmern,alssieesbisherkann-
ten,unddieMenschenwerdenwiedereinkleinesbisschen
mobiler.
AußerdemistesauchnocheineguteAlternativezud en
TausendenimmergleichenMieträdern,dieinBerlininzwi-
scheninHaufenamStraßenrandliegenundvordenensich
Farratinatürlichauchgruselt.Eswärequasieinezeitgemäße
Versionvon„Zuve rschenken“,nurdassesebennichtumka-
putteDruckerundzerleseneBüchergeht.
Farratiistbegeistert.„Dasmachenwir!Wirrettenallever-
gessenenFahrräder!“,ruftesundfängtan,inderWerkze ug-
kistezukramen.„Hm,soeinfachistesleidernicht“,gebeich
zubedenken,„wirlebenineinerWelt,inder,kostenlos‘und
,zuverschenken‘nichtgeradezudenAttributeneinerge-
schäftsfähigenIdeegehören.“
FarratischeintmirnichtimGeringstenzuzuhörenundbe-
ginntverg nügtzusummen.„Wassuchstdudaeigentlich?“,
frageich.DasGerumpelhörtauf,Farratistrahltüberbeide
Lenkerenden:EshatdenBolzenschneidergefunden.

GeschichtenvonLola&Farratigibt es auch bei 100,6 FluxFM.
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