P.M. History - 09.2019

(nextflipdebug2) #1

15 Jahre alt, zum Prinzregenten. Fortan
gehört dieser zur Regierung. Doch ganz
gleich wie Sado seine Aufgaben erle­
digt, zufrieden ist der strenge König nie
mit ihm. Ob der junge Mann an der ge­
störten Vater-Sohn-Beziehung zerbricht
oder durch eine Krankheit wahnsinnig
wird, ist unklar. Fest steht nur: Bald ter­
rorisiert der Prinz den ganzen Hof-und
niemand fühlt sich mehr sicher vor ihm.
Sado misshandelt wahllos Palast­
diener und Hofdamen, ertränkt seine
Unzufriedenheit in Wein und Likör, fei­
ert wilde Partysam Königshof, wird von
Albträumen und Wahnvorstellungen
geplagt. Seine Wutausbrüche werden
immer unberechenbarer und gipfeln in
Mord. Ein Eunuch ist 1757 sein erstes
Opfer. "Er kam mit dem abgeschlage­
nen Kopf herein und präsentierte ihn
den Hofdamen", schreibt Sados scho­
ckierte Frau Hyegyeong in ihrem Tage­
buch. "Der blutige Kopf, der erste, den
ich jemals zu Gesicht bekam, war ein
schrecklicher Anblick." Es sollte nicht
der letzte bleiben. Hyegyeong kann


ANDENKEN
Späte Ehrung: Sados Sohn
errichtete an dessen Grab
die Festung Hwaseong.
Rechts: König Yeongjo war
der Vater von Prinz Sado

bald nicht mehr zählen, wie viele Men­
schen ihr Mann auf dem Gewissen hat.
"Es war, als müsse er töten, um seine
Wut loszuwerden."

K

ann solch ein Mensch jemals
Korea regieren? Für Sados Mut­
ter ist klar: Der Sohn muss ver­
schwinden. Tränenüberströmt wendet
sie sich an den König: "Eure Hoheit mag
zögern", aber Sado könne nicht gerettet
werden. Die Joseon-Dynastie dagegen
schon. "Eure Hoheit muss das regeln."
Also beordert König Yeongjo seinen
27-jährigen Sohn zu sich, lässt eine Reis­
kiste bringen und nötigt Sado -mit ei­
nem Schwert drohend -hinein. "Vater,
Vater. Tu mir das bitte nicht an", fleht
dieser noch. Doch Yeongjo kennt keine
Gnade. Als die Kiste nach acht Tagen
geöffnet wird, ist der Prinz tot, qualvoll
verdurstet. Ein grausames Ende, das
schon unter den Zeitgenossen Fragen
aufwirft und Spekulationen nährt: War
Sado vielleicht in eine Verschwörung
verstrickt? Warum schickte der König

ihn nicht einfach ins Exil? Warum diese
Art der Tötung? Eine Erklärung: Offen­
bar hätte Sados Sohn - als Sprössling
eines ganz normal Hingerichteten -
kein Anrecht auf den Thron gehabt. So
aber kann er als König Jeongjo 1776 die
Herrschaft antreten.
Prompt setzt er alles daran, den Vater
zu rehabilitieren: Jeongjo verlegt Sados
Grab 1789 in einer feierlichen Prozes­
sion zum Berg Paldalsan 30 Kilometer
südlich von Seoul, wo er die stattliche
Festung Hwaseong bauen lässt. Er ist es
auch, unter dem Korea eine letzte stabi­
le Regentschaft erlebt. Keine 100 Jahre
später ist die Monarchie durch innere
Parteikämpfe so erschüttert, dass das
Land als wehrloses Beutestück ins Visier
seiner mächtigen Nachbarn gerät: allen
voran von Japan. •

Manuel Opitz wundert sich
nicht, dass 2015 ein Spielfilm
über Prinz Sado (.The Throne")
in Korea für Furore sorgte -
und Millionen einspielte.
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