P.M. History - 09.2019

(nextflipdebug2) #1

Korea


Gegner. Ihre Angst vor den Amerika­
nern hält sich in Grenzen: Sollten die
USA sich für einen militärischen Ein­
satz entscheiden, glauben sie, sei Süd­
korea längst erobert.
Eine Bedingung stellt Stalin aber
doch: Seine Hilfe muss geheim bleiben.
Er liefert dem Norden zwar Waffen,
Panzer und Kampfflugzeuge, aber keine
Fußsoldaten. Der Diktator will keine di­
rekte Konfrontation mit den USA-noch
nicht. Im persönlichen Gespräch sagt
er Kim geradeheraus: "Falls euch die
Amerikaner niedermachen, werde ich
keinen Finger rühren. Ihr müsst Mao
um Hilfe bitten." Stalin weiß, dass Mao
seine Worte als Befehl verstehen muss.
Immerhin verdankt dieser seinen Sieg
im Bürgerkrieg auch sowjetischen Waf­
fen und nordkoreanischen Soldaten. So
beginnt der Weg in den Abgrund.

A

m Morgen des 25. Juni 1950 er­
schüttern Explosionen die Erde
entlang des 38. Breitengrads. An
der Grenze feuern Nordkoreaner mit
Haubitzen und Mörsern Richtung Sü­
den. Dann marschieren rund 120 000
Soldaten, geschützt von 150 sowjeti­
schen Panzern und mehreren Jagdflug­
zeugen, auf einer etwa 200 Kilometer
breiten Front in Südkorea ein. Rasch
machen sie große Geländegewinne.

KOMMUNISTISCHER ZUSPRUCH
Chinas Staatschef Mao Zedong
besucht 1950 nordkoreanische
Truppen in ihrer Heimat

Die Nachricht vom Angriff erreicht
den US-Präsidenten kurz vorm Schla­
fengehen. Truman reagiert besorgter,
als Stalin erwartet hat. Aus seiner Sicht
ist Korea "das Griechenland Asiens". In
dem südeuropäischen Land hatte bis
Ende 1949 ein erbitterter Bürgerkrieg
gewütet. Nur mit Mühe hatten die Ame­
rikaner verhindern können, dass die
Wiege der Demokratie kommunistisch
wurde. Einen ähnlichen Erfolg möchte
Truman in Korea erreichen. Und er will
Härte zeigen: bis hierher und nicht wei­
ter. Denn viele Amerikaner machen ihn
mitverantwortlich dafür, dass China an
Mao verloren gegangen ist.
Zwei Tage nach Kriegsbeginn gibt
Truman bekannt: "Ich habe den Luft­
und Seestreitkräften der USA den
Befehl erteilt, den Truppen der süd-

koreanischen Regierung Schutz und
Unterstützung zu leisten."
Dabei wollen die Amerikaner den
Eindruck vermeiden, sie führten sich
als Kolonialmacht auf. Deshalb nutzen
sie erstmals das Forum der Vereinten
Nationen. Weil der sowjetische Vertre­
ter dem Sicherheitsrat gerade aus Pro­
test fernbleibt, gelingt es ihnen, dort
rasch zwei Resolutionen zu erwirken.
Eine davon empfiehlt den UN-Mitglie­
dern am 27. Juni, "der Republik Korea
diejenige Hilfe zukommen zu lassen,
die erforderlich ist, um den bewaffne­
ten Angriff zurückzuschlagen und den
internationalen Frieden und die inter­
nationale Sicherheit in jenem Gebiet
wiederherzustellen". 21 Staaten erklä­
ren sich zur Unterstützung des UN-Ein­
satzes bereit, 16 von ihnen stellen
Truppen. 90 Prozent der Soldaten sind
Amerikaner. Ohne sie geht nichts.

D

och ihnen läuft die Zeit davon.
Fast zur selben Stunde, als sich
in New York die Hände zur Ab­
stimmung heben, erobern nordkorea­
nische Truppen Seoul. Kim 11-sungs
Traum droht wahr zu werden. Jetzt er­
mächtigt Truman den Oberbefehlsha­
ber der UN-Armee, Douglas MacArthur,
auch Ziele in Nordkorea anzugreifen.
Eine folgenreiche Entscheidung: Erst-

ENDLOSE TRECKS Hunderttausende Menschen fliehen in die
südlichen, vermeintlich sicheren Landesteile Koreas, während die
westlichen Truppen immer weiter in den Norden vordringen

MASSAKER Frauen weinen um ihre toten Angehörigen. Nordko­
reanische Truppen hatten sie bei Hamhung in eine Höhle getrie­
ben und diese verschlossen, sodass die Menschen erstickten
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