P.M. History - 09.2019

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EWIGER FRÜHLING Glückliche Kinder umringen Staatsgründer Kim ll-sung und
seinen Sohn Kim Jong-il. Propagandagemälde aus einem Museum in Pjöngjang

Mandschurei auf. Vermutlich sucht die
Familie dort, wie Tausende andere Ko­
reaner auch, ein besseres Leben. Der
Vater stammt aus einer Bauernfamilie,
schlägt sich als Kräuterdoktor durch
und engagiert sich in der Unabhängig­
keitsbewegung; die Mutter arbeitet als
Diakonin. Kim Song-ju bricht nach der
achten Klasse die Mittelschule ab, grün­
det eine kommunistische Jugendorga­
nisation und schließt sich dem Wider­
stand gegen die Japaner an. Ein Überfall
auf ein koreanisches Dorf im Juni 1937,
in dem er mit rund 200 Männern einige
japanische Polizisten tötet, begründet
seinen militärischen Ruhm. Unter dem
Kampfnamen 11-sung-"sei die Sonne"­
macht er fortan mit Überfällen, Geisel­
nahmen und Erpressungen Karriere
und wird zum meistgesuchten Mann
der ebenfalls von den Japanern kontrol­
lierten Mandschurei.
Anfang der 1940er-Jahre flieht Kim
vor seinen Verfolgern in die UdSSR, wo
er sich der 88. Spezialeinheit der Sow­
jetarmee anschließt. Zeitgenossen be-


schreiben ihn als schlanken, schwäch­
lichen Mann, dessen Mund stets offen
steht. Doch er besitzt etwas, das den
Sowjets imponiert: Führungsqualitäten.
Und so ernennen sie ihn zum Haupt­
mann eines Aufklärungsbataillons.

0 ktober 1945: 300000 Men­

schen warten in Pjöngjang bei
einem offiziellen Empfang auf
den legendären Kim 11-sung. Sie wissen
nicht, dass der als General gefeierte
Hauptmann mit der Vertreibung der Ja­
paner nichts zu tun hatte und erst einen
Monat nach deren Kapitulation ins Land
reiste. "Lang lebe General Kim 11-sung",
schallt es über den Platz. Doch als der
auf die Bühne tritt, staunt das Publi­
kum: Es hatte einen raubeinigen alten
Feldherrn erwartet, jetzt steht dort ein
33-jähriger Bengel in einem zu kleinen
blauen Anzug, mit der Frisur eines chi­
nesischen Kellners, wie ein Augenzeuge
spöttelt. Das muss ein Strohmann der
Sowjets sein. Als er spricht, wird er von
vielen seiner Landsleute ausgebuht.

Kim hält das nicht auf. Er profitiert
davon, dass die bedeutendsten Politiker
im Süden leben und der eigentlich von
den Sowjets vorgesehene Staatsführer,
Cho Man-sik, sich als unbequem erweist
und nach wenigen Monaten kaltgestellt
wird. Am 8. Februar 1946 wird Kim
von Gnaden der Besatzungsmacht zum
Staatsführer ernannt-und 48 Jahre und
fünf Monate an der Macht bleiben.
Der neue Regierungschef punk­
tet beim Großteil der Bevölkerung mit
schnellen Reformen: Er proklamiert
die Gleichberechtigung der Geschlech­
ter inklusive gerechter Bezahlung,
verstaatlicht die Schlüsselindustrien
weitgehend und führt eine Bodenre­
form nach sowjetischem Muster durch.
Plötzlich erhalten Lohnarbeiter und
Pächter Land, das bislang japanischen
und koreanischen Großgrundbesitzern
gehörte. Dank der Mechanisierung der
Höfe fährt der Staat 1948 eine Rekor­
dernte ein. In neu erbauten Schulen ler­
nen neben Kindern auch Erwachsene
lesen. 1949 verkündet die Regierung,
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