P.M. History - 09.2019

(nextflipdebug2) #1

Korea


Wachsoldaten" bezeichnen. Und ver­
mutlich entspricht diese Darstellung
sogar der Realität: Der Botschafter der
mit Nordkorea verbündeten DDR wird
in einem Geheimbericht schreiben, der
Zwischenfall sei von der Regierung "un­
beabsichtigt" und beruhe wahrschein­
lich auf "fanatischen Hassgefühlen"
Einzelner.

D

rei Tage später fahren
23 US-amerikanische und süd­
koreanische Fahrzeuge in die
Schutzzone Panmunjom. Darin sind
16 Holzfäller samt Motorsägen und
Äxten sowie knapp 100 Elitesoldaten.
Über ihnen schweben sieben Kampfhe­
likopter und eine Infanterie-Kompanie
in 20 Transporthubschraubern. Am Ho­
rizont fliegen Dutzende Kampfjets und
mehrere B-52-Bomber ihre Runden.
Ihre Feuerkraft reicht aus, um einen
großen Krieg zu beginnen.
"Eine Arbeitsgruppe der Verein­
ten Nationen hat die Sicherheitszone
betreten, um friedlich eine Arbeit zu
beenden, die unbeendet zurückgelas­
sen wurde", benachrichtigen die USA
und der Süden den Gegner im Norden.
Sofort kommen 150 nordkoreanische
Soldaten angefahren. Dieses Mal aber

halten sie Abstand und beobachten die
Forstarbeiten nur.
Nach 42 Minuten kracht die Krone
der Pappel auf den Boden - die Mis­
sion ist erfüllt. Holzfäller und Soldaten,
Helikopter und Bomber kehren in den
Süden zurück. Nach dem Pappel-Vor­
fall ändern Nord und Süd die Regeln in
der Sicherheitszone: Das Dorf wird von
einer Schwelle aus Beton geteilt, und
die Wachposten müssen auf ihrer Seite
bleiben. Selbst durch die Baracken zieht
sich die Trennlinie. Die Soldaten bespu­
cken und beschimpfen sich weiter, Prü­
geleien aber kommen kaum noch vor.
Auch sonst entspannt sich die Lage
etwas. Im Juli 1977 kommt ein US-Hub­
schrauber vom Kurs ab und wird über
der nördlichen Seite der DMZ abge­
schossen: Drei Crew-Mitglieder sterben,
das vierte überlebt und wird gefangen
genommen. Der neue US-Präsident
Jimmy Carter reagiert besonnen und
bezeichnet den Flug als Fehler. Nord­
korea liefert die Leichen und den Über­
lebenden innerhalb von drei Tagen im
Dorf Panmunjom aus - zuvor hatte der
Norden Gefangene oft erst nach mehre­
ren Monaten Folter übergeben.
Im Herbst 1984 nähern sich die bei­
den koreanischen Staaten weiter an,

GEHEIMTUNNEL Vier Stück wurden unter der demilitarisierten Zone entdeckt.
Nordkorea wollte durch sie Agenten und Soldaten in den Süden einschleusen

als sintflutartige Regenfälle und Erd­
rutsche im Süden 200 000 Menschen
obdachlos machen. Um ihre Überlegen­
heit zu demonstrieren, bietet die Volks­
republik Hilfslieferungen für die Katas­
trophenregion nahe Seoul an - und die
südkoreanische Regierung akzeptiert sie.
So fahren Hunderte nordkoreani­
sche Lastwagen über eine alte, von Un­
kraut überwucherte Betonstraße durch
die DMZ. Geladen haben sie Reis, Ze­
ment, Zeltplanen und Medikamente -
die ersten Waren, die die Frontlinie seit
dem Waffenstillstand von 1953 über­
queren. Beim Auspacken bemerken
die Südkoreaner, dass der Großteil der
Reislieferung von Würmern durchsetzt
und der Zement unbrauchbar ist. Auf
eine Beschwerde verzichten sie.

W

ährend der folgenden Jahre
sterben immer wieder Solda­
ten bei Scharmützeln, doch
die Hauptfront des Konfliktes verlagert
sich aufs Meer und in den Himmel: Zwi­
schenfälle mit Kriegsschiffen häufen
sich, und die Raketentests der Nordko­
reaner destabilisieren die Region. An
der DMZ aber rüsten beide Seiten etwas
ab-zumindest militärisch.
An der Propagandafront tragen die
Koreas in den Achtzigerjahren einen
skurrilen Wettstreit aus: Wer hat den
höchsten Flaggenmast? Seide Staaten
unterhalten in ihrer Seite des Todes-

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