F
ür die Chefs schien es
ein Glücksfall zu sein:
Auf der Suche nach Mit-
arbeitern fand ein jun-
ger Mann, damals 30 Jahre alt,
über eine Kollegin in ihr Start-up,
das als Bewertungsportal in
Deutschland und im Ausland er-
folgreich werden sollte. Der neue
Kollege zeigte sich engagiert,
übernahm schnell viel Verant-
wortung und störte sich nicht da-
ran, wenn einmal das Gehalt ver-
spätet überwiesen wurde.
VON LAURA GAIDA
Arbeitsmoral und Fachwissen
- alles stimmte. Der 30-Jährige
war für die Datenbanken der
Kunden zuständig und für seine
Vorgesetzten, die ihrem Unter-
nehmen einen professionellen
Ruf verschaffen wollten, von un-
schätzbarem Wert. Doch als die
Geschäfte Fahrt aufnahmen und
das Team größer wurde, schlug
die Stimmung um. Der neue Kol-
lege wurde ausfällig, schrie
grundlos umher und machte aus
Wut seine Arbeit absichtlich
falsch. Als er Kundendaten mani-
pulierte, fürchteten die Gründer
um die Existenz ihrer Firma. Was
sie zu diesem Zeitpunkt nicht
wissen konnten: Ihr Mitarbeiter
ist ein rachsüchtiger Stalker.
Statistisch gesehen werden
vor allem Ex-Partner zu Stalkern.
2018 wurden laut Polizeilicher
Kriminalstatistik 18.960 Stalking-
Fälle gemeldet, 81 Prozent der
Betroffenen sind Frauen. Doch
nicht immer stehen sich Täter
und Opfer so nahe, wie es im In-
timpartner-Stalking der Fall ist.
Regelmäßig wird auch der Ar-
beitskollege zur Gefahr und der
Chef zur Zielscheibe eines Mitar-
beiters – aus beruflichen Grün-
den, ohne Liebesbezug, aber mit
gravierenden Folgen für den Ar-
beitgeber. Dann ist von Business-
Stalking die Rede, einem Phäno-
men, das bislang kaum bekannt
ist. Eine eigene Statistik dazu
gibt es nicht, Experten wie San-
dra Cegla begleiten solche Fälle
jedoch seit Jahren. Die einstige
Kriminalkommissarin arbeitete
14 Jahre bei der Polizei. Vor vier
Jahren gründete sie in Berlin die
Sicherheitsagentur SOS Stalking,
in der sie bislang rund 200 Fälle
betreut hat. Darunter den des
Start-ups. „Die Rache des Mitar-
beiters hätte die Firma beinahe
in den Ruin getrieben“, erinnert
sich Cegla im Gespräch mit
WELT. Aus Sicht des Manage-
ments hatten seine verbalen Aus-
raster wie auch die manipulier-
ten Kundendaten das Potenzial,
die Geschäfte zu schädigen.
„Deshalb bekam er eine Abmah-
nung. Jedoch wurde es dann erst
richtig schlimm – und zwar für
seinen direkten Vorgesetzten“,
sagt die 39-Jährige. Demnach fing
der Kollege an, sich auf seinen
Chef zu fixieren. Er wollte ihm
das Leben schwer machen, in-
dem er ihn vor allen bloßstellte,
ihn beschimpfte, ihm den Mittel-
finger zeigte und Anweisungen
missachtete. Als das Start-up
dem Mitarbeiter schließlich kün-
digte, folgten Drohungen, die er
über Fake-Profile auf Facebook
an seinen Vorgesetzten schrieb
und Gerüchte, die er laut Cegla
sogar über dessen Ehe streute.
In Deutschland steht Nach-
stellung, wie es juristisch heißt,
unter Strafe. Jemandem, der „ei-
ner anderen Person in einer Wei-
se unbefugt nachstellt, die geeig-
net ist, deren Lebensgestaltung
schwerwiegend zu beeinträchti-
gen“, drohen bis zu fünf Jahre
Haft. Verursacht der Täter durch
sein Stalking etwa den Tod seines
Opfers, können es bis zu zehn
Jahre sein. Laut Experten kommt
es vereinzelt auch zu Tötungsde-
likten durch den Stalker selbst.
ALLES
daran, die Firma
A
daran, die Firma
ALLES
daran, die Firma
LLES
plattzumachen“
Ein Mitarbeiter
will den finanziellen
Ruin seines Chefs.
Es geht um
Investitionen in
Millionenhöhe.
Er handelt aus
Rache nach einer
Abmahnung. Der
junge Mann ist ein
Business-Stalker,
sein Tatort das Büro
30 PANORAMA DIE WELIE WELIE WELTKOMPAKTTKOMPAKT DIENSTAG,13.AUGUST2019
EPSTEIN-AFFÄRE
Gefängnispersonal
ignorierte wohl Regeln
Das Personal des Gefängnisses,
in dem der des sexuellen Miss-
brauchs beschuldigte Milliardär
Jeffrey Epstein mutmaßlich
Selbstmord beging, hat offenbar
Aufsichtsregeln ignoriert. Die
„New York Times“ berichtete
unter Berufung auf Ermitt-
lerkreise, Aufseher hätten in
der Nacht vor Epsteins Tod alle
30 Minuten in seine Zelle hi-
neinsehen sollen. Das sei nicht
geschehen. Zudem sei er am
Samstagabend allein in der
Zelle gewesen, nachdem ein
Mithäftling verlegt worden sei.
Dem Justizministerium in Wa-
shington sei mitgeteilt worden,
Epstein werde sich die Zelle mit
einem anderen Häftling teilen
und ein Aufseher werde alle
halbe Stunde kontrollieren. Aus
Ermittlerkreisen verlautete,
dass Epstein vor mehr als zwei
Wochen als suizidgefährdet
eingestuft und deshalb unter
besondere Beobachtung gestellt
worden war. Diese Maßnahme
lief Ende Juli aus, hieß es.
GRAN CANARIA
Waldbrände noch
nicht unter Kontrolle
Der seit dem Wochenende in
den Bergen der spanischen
Urlaubsinsel Gran Canaria
wütende Waldbrand ist noch
nicht unter Kontrolle. In der
Nacht zum Montag seien Hun-
derte weitere Menschen in
Sicherheit gebracht worden,
teilte der Notfalldienst der
Kanarenregierung auf Twitter
mit. Bereits am Sonntag waren
mehrere Ortschaften evakuiert
worden. Starke Winde fachten
die Flammen immer wieder an
und trieben das Feuer voran,
berichteten örtliche Medien.
Ein 55-Jähriger könnte das Feu-
er am Samstag möglicherweise
durch Unvorsichtigkeit bei
Schweißarbeiten ausgelöst ha-
ben. Er sei von der Polizei vor-
läufig festgenommen worden,
hieß es.
NIEDERLANDE
Verbot von Droge
Lachgas gefordert
Der Konsum von Lachgas als
Partydroge hat in den Nieder-
landen drastisch zugenommen.
Wegen zunehmender Probleme
in den Vergnügungsvierteln und
auch wegen der Gesundheits-
gefahren haben mehrere Städte
wie etwa Amsterdam und Ut-
recht jetzt ein Verkaufsverbot
solcher Gaskartuschen gefor-
dert. Das niederländische Ge-
sundheitsministerium werde
dies prüfen, hieß es in Den
Haag. Lachgas wird aus Kapseln
für Sahnespender oder aus
Luftballons inhaliert. Der Kon-
sum führt zu einem kurzen
Rausch. Die Zahl der Vergiftun-
gen durch Lachgas sei sprung-
haft angestiegen, heißt es in
einem neuen Bericht des Na-
tionalen Informationszentrums
über Vergiftungen in Utrecht.
Hatte es im Jahr 2015 noch
insgesamt 13 Fälle gegeben, sind
im ersten Halbjahr 2019 bereits
67 Fälle von Gesundheitsschä-
den gemeldet worden. Dem
Bericht zufolge konsumieren
immer mehr Niederländer gro-
ße Mengen von rund 50 Kartu-
schen pro Tag, und das über
einen längeren Zeitraum. Dies
könne zu schweren Nerven-
schäden führen. Laut dem nie-
derländischen Sucht-Bericht hat
jeder fünfte Jugendliche zwi-
schen 20 und 24 Jahren schon
einmal Lachgas inhaliert.
KOMPAKT
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