Heimstetten– Offensivspieler, die es ge-
wohnt sind, regelmäßig zu treffen, geraten
unweigerlich ins Grübeln, wenn sie mal für
einen längeren Zeitraum nicht einnetzen.
Lukas Riglewski vom SV Heimstetten be-
kam genau das zuletzt zu spüren. „Es hat
an ihm genagt“, sagte sein Trainer Chris-
toph Schmitt über den Angreifer, der seit
dieser Saison auch sein Kapitän ist. Riglew-
ski war in den ersten fünf Regionalliga-
Spielen ohne Tor geblieben war, nachdem
er in der vergangenen Saison mit 17 Tref-
fern Rang drei in der Torschützenliste be-
legt hatte. Riglewski, so sein Trainer, sei
ein „stückweit am Zaudern gewesen“.
Am Freitagabend war von Zaudern
nichts mehr zu sehen. Riglewski erzielte
beim Heimstettener 6:1-Sieg beim TSV
1860 Rosenheim das 1:0, 2:0 und 3:0. „Das
tut ihm und uns allen besonders gut“, sagte
Schmitt. „Endlich ist sein Knoten ge-
platzt.“
Der des SV scheint sich auch nach und
nach zu lösen. Schmitt spricht von einer
„kontinuierlichen Entwicklung“, die seine
Mannschaft nehme. „Wir haben von Wo-
che zu Woche bessere Spiele gemacht.“ Das
drückt sich auch in den Ergebnissen aus.
Von den letzten vier Partien, eine davon im
Verbandspokal, hat der SV drei gewonnen
und nur die vorangegangene beim Auf-
stiegskandidaten in Schweinfurt verloren.
Die dortige Leistung hatte Schmitt schon
gefallen, in Rosenheim habe sein Team
nun nahtlos daran angeknüpft.
Durch den personellen Umbruch vor
der Spielzeit und einer Vorbereitung, in
der laut Schmitt „viel schief gelaufen“ sei,
profitieren Mannschaft und er jetzt davon,
dass der Trainer erstmals jene Formatio-
nen aufs Feld schicken kann, die er im
Kopf hatte. An seiner prinzipiellen Heran-
gehensweise hat Schmitt nichts verändert.
„Wir sind jetzt genau so wenig euphorisch,
wie wir davor Trübsal geblasen haben“, be-
tonte er. Der Sieg war nicht nur wichtig für
das Selbstbewusstsein, sondern auch für
die Tabelle: Heimstetten sprang damit
gleich vier Plätze nach vorn und ist jetzt
nicht mehr Letzter, sondern 14.
Riglewski übernahm in Rosenheim
schon früh das Ruder. Treffer Nummer
eins erzielte er nach einer kurz ausgeführ-
ten Ecke (7.), beim zweiten Treffer staubte
er aus kurzer Distanz ab (29.). Zu Beginn
der zweiten Hälfte traf er von der Straf-
raumgrenze aus der Drehung (53.). Riglew-
skis Glanzleistung sorgte auch dafür, dass
seine Standards laut Schmitt gefährlicher
waren als in den Wochen zuvor. Das mach-
te sich sofort bemerkbar: Der SVH hätte
laut Schmitt noch weitere Tore erzielen
können, ein Lattenkopfball nach einer
Ecke belegte diese These.
Nach dem 3:0 „haben sich die Jungs in ei-
nen Rausch gespielt“, sagte Schmitt. Tim
Schels (55.), Alexander Rojek (58.), der Mo-
ritz Hannemann vertrat, und Stefan Reu-
ter (66.) reichten zwölf Minuten, um den
Rausch in drei weitere Tore umzuwandeln.
Den Rosenheimern, die am vorangegange-
nen Spieltag noch den damaligen Tabellen-
führer 1. FC Nürnberg II geschlagen hat-
ten, gelang in Person von Luftetar Mushko-
laj nur noch der Ehrentreffer (85.). „Dies-
mal ist viel für uns gelaufen“, erklärte
Schmitt, seine Team habe auch etwas Spiel-
glück gehabt. Bei all dem Offensivspekta-
kel war er aber auch mit der Defensivvor-
stellung sehr zufrieden, denn speziell vor
der Pause „haben wir eigentlich gar nichts
zugelassen“.
Der SVH ist bereits am Dienstag wieder
im Einsatz, dann gastiert er in der zweiten
Verbandspokalrunde beim Bayernligisten
Türkspor Augsburg. Schmitt kündigte an,
zu rotieren und anderen Spielern Einsatz-
minuten zu geben, denn „die ganze Trup-
pe arbeitet wirklich sehr gut“. Zehn Wech-
sel wie in der ersten Runde werde es aller-
dings nicht geben. cbe
München– Neuen Verteidiger geholt und
gleich zu Null gespielt: Türkgücü-Sportdi-
rektor Robert Hettich konnte sich nach
dem 2:0-Sieg in Illertissen selbst ein gutes
Zeugnis ausstellen. „Man hat schon gese-
hen, dass er uns verstärken wird“, sagte
Hettich zum Zugang Azur Velagic, den der
Klub erst vor einigen Tagen aus der Regio-
nalliga West verpflichtete. Velagic startete
und habe die Abwehr stabilisiert, konsta-
tierte Hettich.
Defensiv war das Türkgücü-Spiel tat-
sächlich sehr solide, ansonsten bot sich
den Zuschauern wenig Unterhaltsames.
Die erste halbe Stunde verschliefen beide
Mannschaften komplett, ein Schüsschen
hier, eine Ecke dort. „Wir sind sehr schwer
ins Spiel gekommen, hatten zu Beginn zu
viele technische Fehler. Von den ersten 30
Minuten war ich enttäuscht“, sagte auch
Türkgücü-Coach Reiner Maurer nach dem
Spiel. Dann folgte allerdings die Aufwach-
phase, Türkgücü initiierte ein paar Angrif-
fe. Benedikt Kirsch legte aus dem Straf-
raum schön zurück auf Marco Holz, doch
dessen Direktabnahme flog übers Tor
(38.). Ilker Yüksel, ebenfalls noch nicht lan-
ge in der Mannschaft, machte es Holz mit
dem Kopf nach, auch sein Ball ging drüber
(43.). Zum besten Zeitpunkt münzten die
Münchner ihre Druckphase dann in ein
Tor um: In der Nachspielzeit enterte Kasim
Rabihic von links den Strafraum, stellte
zwei Verteidiger kalt und zog ab. Illertis-
sens Torwart Kevin Schmidt klärte zuerst
per Beinabwehr, doch Marco Holz konnte
den Ball aufnehmen und zur Führung ein-
schießen (45.). „Das 1:0 war auch schon
richtungsweisend“, sagte Hettich, danach
sei er überzeugt gewesen, dass man das
Spiel gewinne.
Vor allem weil Illertissen wenig hinbe-
kam und der Rest von Türkgücü sauber ver-
teidigt wurde. Illertissens Trainer Marco
Küntzel verwies hinterher auf die engli-
sche Woche, die seine Elf abliefern musste:
„Wir hatten das schwere Spiel vom Mitt-
woch in Augsburg noch in den Knochen.
Läuferisch konnten wir daher nicht mithal-
ten, hatten auch zu viele Ballverluste.“
Nach der Führung fiel das Spiel deswegen
wieder in den Schlummermodus, bei dem
sich vieles im Mittelfeld abspielte, unter-
brochen nur von den häufigen Schiedsrich-
ter-Pfiffen. Ab der 70. Minute startete
Türkgücü dann die zweite Druckphase.
Furkan Kircicek brachte Patrick Hasen-
hüttl im Fünfer frei in Abschlussposition,
Schmidt wehrte ab (70.). Acht Minuten spä-
ter konnte Hasenhüttl seinem Glück aber
nicht mehr aus dem Weg gehen: Wieder
war es Kircicek, der flankte, wieder parier-
te Schmidt Hasenhüttls Schuss zuerst –
der Abpraller sprang dem Stürmer aber an
den Körper und dann ins Tor.
„Es war insgesamt kein schönes Spiel,
aber sehr zweckmäßig“, urteilte Hettich
über die Leistung. Bei einem Zu-Null-Aus-
wärtssieg könne man aber absolut das Posi-
tive sehen. Bis auf weiteres kann sich vor al-
lem Franco Flückiger über solche Spiele
mit weißer Weste freuen, er hat das Tor
vom jungen Maximilian Engl übernom-
men. Unter der Woche dürfen die Ersatz-
spieler trotzdem ran, im Pokal wartet
Landsberg am Dienstagabend. Dort wird
man rotieren, kündigte Hettich an. Die
nächste Regionalligapartie wird für Het-
tich das „Spitzenspiel“, dann kommt der
Viertplatzierte Nürnberg II zum mittlerwei-
le Dritten Türkgücü. fabian dilger
von christoph leischwitz
Garching– EinKommentar von der Tribü-
ne zu Beginn und einer kurz vor Schluss bil-
deten eine passende Analyse-Klammer zu
diesem Spiel. „Wie willst du denn da durch-
kommen?“, rief ein Zuschauer einem Spie-
ler des VfR Garching zu, der im Strafraum
vor vier Gegenspielern einen geblockten
Torschuss absetzte. Der zweite Kommen-
tar kam aus dem gut gefüllten Gästeblock,
es lief gerade die 80. Minute: „Schiri, pfeif
ab, die werden nicht mehr besser.“ Er mein-
te die Garchinger. Der Mann sollte Recht
behalten. Wacker Burghausen und seine
Fans feierten einen nie gefährdeten 2:0
(1:0)-Sieg, weil beim VfR Ideen und Kreati-
vität fehlten. „Nicht konsequent genug“,
fand Trainer Philipp Bönig hernach.
Neuerdings herrscht richtig Stimmung
bei den Regionalliga-Spielen im Stadion
am See, zumindest, wenn der neue Fan-
klub Zeit hat. Er besteht aus einer Gruppe
junger Leute, die noch eine halbe Stunde
vor dem Spiel auf dem Parkplatz standen
und Technoschlager hörten. Die meisten
trugen Trikots mit der Ziffer 23. Diese Rü-
ckennummer gehört Maximilian Berwein.
Sein Schwager gehört der Fangruppe an,
über ihn hatten sie den Kicker im Urlaub
kennengelernt, seitdem folgten sie ihm in
die bayerischen Stadien, wann immer es
geht. „Mit Ansage: Der schießt heute noch
eins“, sagt einer von ihnen in der Halbzeit.
So war um das Spielfeld letztlich mehr
los als auf dem Rasen. Und Trainer Bönig
fand das diesmal besonders ärgerlich.
„Das wäre jetzt die Möglichkeit gewesen,
das Blatt zu wenden“, sagte er zur aktuel-
len Niederlagenserie, nachdem der VfR am
dritten Spieltag überraschend Türkgücü
besiegt hatte. Seitdem: null Punkte, 2:14
Tore. Besagte gute Möglichkeit bestand ab
der 31. Spielminute. Burghausens Chris-
toph Schulz foulte Garchings Mike Niebau-
er im Mittelfeld, Schiedsrichter Martin
Speckner stand ganz in der Nähe und zück-
te ohne Zögern sofort Rot. Die Burghauser
waren entsetzt. Doch deren Trainer Wolf-
gang Schellenberg blieb ruhig, führte so-
fort taktische Diskussionen mit seinem As-
sistenten. Und schnell zeigte sich, dass die
Garchinger Überzahl nur zu noch mehr Ver-
krampfung führte, weil nun ein Sieg quasi
Pflicht war. Und das, obwohl sie ja auch
schon in Rückstand lagen.
„Wir sind in einer Phase, da gehen wir
immer mit der ersten Chance in Rück-
stand“, sagte Bönig. In diesem Fall war es
noch nicht einmal ein Schuss des Gegners.
In der 19. Minute flog ein Eckball in den
Garchinger Strafraum, den niemand er-
reichte, ganz hinten fiel der Ball dem ver-
dutzten Philipp Walter auf den Unterschen-
kel – ein Kuller-Eigentor. Anschließend
fehlten nicht nur die Ideen, Bönig vermiss-
te auch „die Einfachheit“ – in Überzahl das
Spiel zu verlagern, die Seiten zu wechseln,
sprich: den Gegner müde zu laufen, ohne
Hexerei. „Der Wille war da, aber die Art
und Weise war zu umständlich“, sagte er.
Berwein, der in den vergangenen zwei
Spielzeiten 45 Tore für den FC Garmisch-
Partenkirchen erzielt hatte, kam auch dies-
mal zu seinen Möglichkeiten. In der 22. Mi-
nute verzog er einen Drehschuss knapp, in
der Nachspielzeit der ersten Hälfte traf er
nur den Pfosten. Trotzdem hatte Burghau-
sen auch in Unterzahl mehr gute Möglich-
keiten. Schon in der ersten Halbzeit verhin-
derte VfR-Keeper Dominic Dachs ein Tor,
indem er im Eins-gegen-eins mit Denis
Ade einfach ruhig stehen blieb und den
Ball zur Ecke blockte. Eine ähnliche Situati-
on ereignete sich nach der Pause, da hieß
der Torwart aber Joey Brenner, weil Dachs
mit Rückenproblemen passen musste.
Bönig kritisierte hernach viel an der
Leistung der Mannschaft, die mit der Situa-
tion überfordert wirkte. Die Torabschlüsse
bekomme man „zurzeit nicht hin“, man ha-
be zu wenig davon, und dann habe man
auch noch „schlampig verteidigt“. Vor dem
0:2 stolperte sich Burghausens Christoph
Maier mehr in den VfR-Strafraum, als dass
er stürmte, das wiederum gab dem einge-
wechselten Sammy Ammari Zeit, sich im
Zentrum zu postieren und abzustauben
(75.). Hoffnung macht Bönig, dass viele
Spieler bald zurückkehren. Michael Strein
zum Beispiel, Zugang vom FC Bayern II,
könne womöglich zusätzliche Kreativität
einbringen. Auch Mario Staudigl und Ajlan
Arifovic helfen der Mannschaft im Nor-
mallfall weiter. Und der schier unentbehrli-
che Kapitän Dennis Niebauer wird auch
nicht mehr allzu lange Urlaub machen.
Eine Dreiviertelstunde nach dem Spiel
parkte ein Pizzabote neben dem Burghau-
ser Mannschaftsbus, vielleicht muss er am
Dienstag schon wiederkommen: Um 19
Uhr empfängt der VfR denselben Gast zur
zweiten Runde des Toto-Pokals.
Aufwachphase und Schlummermodus
Beim 2:0-Erfolg in Illertissen gönnt sich Türkgücü München einige Kunstpausen in der Offensive – hinten steht man auch dank Zugang Azur Velagic sehr stabil
Kein Tor für den Fanklub
Der VfRGarching zeigt trotz einer Stunde Überzahl gegen Wacker Burghausen wenig Souveränität, verliert verdient 0:2 und
bleibt in der Krise. Für gute Stimmung sorgt nur eine Gruppe von Anhängern, die der neue Stürmer Berwein mitgebracht hat
Marco Holz stand richtig, als Illertissens Torwart Schmidt einen Schuss von Kasim
Rahibic abwehrte. Holz staubte zum 1:0 ab. FOTO: CLAUS SCHUNK
Symptomatisch für Garchings aktuelle Situation: ein strauchelnder Philipp Walter (vorne). Der Verteidiger erzielte auch noch ein Eigentor, als ihm ein Burghauser
Eckball, der Freund und Gegner verfehlte, in der 19. Minute auf den Unterschenkel fiel und von dort ins Tor prallte. FOTO: FLORIAN PELJAK
„Die Jungs haben sich in einen
Rausch gespielt“, sagte Schmitt.
Riglewski beendet
das Zaudern
Angreifer schießt drei Tore
bei Heimstettens 6:1 in Rosenheim
DEFGH Nr. 190, Montag, 19. August 2019 (^) SPORT LOKAL R11
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