Rettenbach am Auerberg– Nach der
Hausexplosion im Ostallgäu vor drei Mona-
ten suchen Polizei und Staatsanwaltschaft
weiter nach der genauen Ursache. Die Er-
mittlungen wegen fahrlässiger Tötung
und Körperverletzung dauerten an, sagte
ein Sprecher der Staatsanwaltschaft Kemp-
ten. Bei der Explosion in Rettenbach am Au-
erberg kamen im Mai ein 42-jähriger
Mann und seine siebenjährige Tochter
ums Leben. Die 39-jährige Mutter erlitt
schwere Brandverletzungen und wird wei-
ter medizinisch versorgt. Ihre beiden Söh-
ne, die bei der Explosion auf einem Spiel-
platz waren, sind vorübergehend bei Ver-
wandten untergekommen. Bei dem Un-
glück fiel das Wohnhaus in sich zusam-
men. Trümmer flogen mehr als 100 Meter
weit. Die Ermittler vermuteten, dass bei Ar-
beiten auf dem Grundstück eine Flüssig-
gasleitung beschädigt worden war. dpa
München– Jüngste Forschungen über Mi-
kroplastik im Schnee hat Umweltminister
Thorsten Glauber (FW) als alarmierenden
Befund bezeichnet. „Plastikmüll ist über-
all“, sagte Glauber. „Wir müssen den Um-
gang mit Plastik komplett überdenken.“
Wissenschaftler des Alfred-Wegener-Insti-
tuts für Polar- und Meeresforschung in
Bremerhaven hatten Schneeproben aus
Helgoland, Bayern, Bremen, den Schwei-
zer Alpen und der Arktis analysiert und in
fast allen Proben Kunststoffrückstände
entdeckt. Glauber sagte, er setze sich dafür
ein, unnötigen Plastikmüll soweit wie mög-
lich zu reduzieren. Dafür seien auch Inno-
vationen notwendig. „Darüber hinaus ha-
ben wir eine Bundesratsinitiative gestar-
tet, um Plastiktüten in Deutschland kom-
plett zu verbieten. Jedes Plastikteil, das wir
einsparen, kann nicht als Mikroplastik in
der Natur landen.“ Ein Sprecher des Um-
weltministeriums verwies auf die Mikro-
plastik-Initiative des Freistaats von 2014.
Derzeit werden 1,4 Millionen Euro in Unter-
suchungen zu Mikroplastik in Lebensmit-
teln und Gewässern investiert. dpa
München– Im Tierschutz-Skandal um
drei Milchvieh-Großbetriebe in Bad Grö-
nenbach haben die Allgäuer Landräte Um-
weltminister Thorsten Glauber (Freie Wäh-
ler) aufgefordert, das Personal der Veteri-
närbehörden an ihren Landratsämtern auf-
zustocken. „Tatsache ist – und da gibt es
nichts zu beschönigen –, dass unsere Vete-
rinärämter hinsichtlich ihrer Personalaus-
stattung vom Umweltministerium seit Jah-
ren kläglich im Stich gelassen werden“,
heißt es in einem Brief von Hans Joachim
Weirather (FW, Unterallgäu), Maria Rita
Zinnecker (CSU, Ostallgäu), Anton Klotz
(CSU, Oberallgäu) und Elmar Stegmann
(CSU, Lindau) an Glauber. All die Rufe, dass
in den Allgäuer Landkreisen dringend wei-
tere Amtstierärzte benötigt würden, seien
aber ungehört verhallt. Der Freistaat habe
vielmehr in entgegengesetzter Weise re-
agiert. Statt die Veterinärämter mit mehr
Personal auszustatten, seien ihnen über
die Jahre hinweg zusätzliche neue Aufga-
ben übertragen worden.
Weirather, Zinnecker, Klotz und Steg-
mann üben außerdem scharfe Kritik an
Glaubers Ankündigung, die Kontrollen
von landwirtschaftlichen Großbetrieben
neu zu gestalten. Danach soll künftig die
zentrale Kontrollbehörde für Lebensmittel-
sicherheit und Veterinärwesen (KBLV)
auch für die Überwachung der 85 größten
Rinder- und Schweinhaltungen in Bayern
zuständig sein. Dafür erhält die KBLV, die
derzeit in Kulmbach und in Erding unterge-
bracht ist, 25 neue Stellen und zwei weitere
Dienstsitze. Glauber verspricht sich davon
unter anderem eine Entlastung der Veteri-
närämter an den Kreisbehörden. Die Land-
räte widersprechen. Ihrer Überzeugung
nach bringt die Neuorganisation ihren
Amtstierärzten keine wirkliche Entlas-
tung. Sie erläutern das am Beispiel des
Landkreises Unterallgäu. Dort gebe es ak-
tuell mehr als 1500 Rinderhalter. Aber nur
vier Großbetriebe mit vier bis fünf Prozent
der Rinder in der Region sollen nach
Glaubers Plänen in die Hoheit der KBLV
überführt werden. „Wir brauchen – davon
sind wir überzeugt – keine neuen Behör-
den oder zentralisierten Zuständigkeiten“,
schreiben die Landräte, „wir brauchen viel-
mehr eine solide personelle Ausstattung
der Veterinärämter.“
Agrarministerin Michaela Kaniber
(CSU) kündigte an, die Förderung der Vieh-
haltung stärker am Tierwohl und am Um-
weltschutz auszurichten. „In einem Be-
trieb müssen Fläche und Zahl der Tiere zu-
sammenpassen“, sagte sie. Das diene den
Tieren und dem Gewässerschutz. Deshalb
wolle sie eine Obergrenze bei der Förde-
rung einziehen. „Wir sagen: Eine Förde-
rung gibt es nur bis zwei Großvieheinhei-
ten pro Hektar – das wären grob gesagt
zwei Rinder pro Hektar“, sagte Kaniber.
Die Staatsregierung wolle die bäuerlichen
Strukturen bewahren. Deshalb unterstüt-
ze sie auch Milchbauern, „die aus der An-
bindehaltung rauswollen und einen Lauf-
stall bauen oder auf Weidehaltung umstel-
len“. Das Umweltministerium erklärte, es
werde sich für eine personelle Verstärkung
der Veterinärämter einsetzen. cws, dpa
1938:Ein Jahr vor Kriegsbeginn wird im
NS-Staat erstmals eine Autobahn Mün-
chen-Passau projektiert.
1971:Der Bundesverkehrswegeplan sieht
vierspurige B 12 (München-Mühldorf) vor.
1977:Eröffnung des Raumordnungsverfah-
rens für die Autobahn A 94, die weitestge-
hend entlang der alten B 12 verläuft. Nur
auf der Höhe von Haag weicht die Route ab.
Auf 33 Kilometer Länge verläuft sie gut
15 Kilometer nördlich der B 12 über Dorfen.
Ein Grund: Sie sei wichtig für die Entwick-
lung dieser dünn besiedelten Region.
1978:Gründung des Vereins „Die bessere
Lösung“, der die Isentaltrasse ablehnt. Da-
neben existiert bereits die vor allem in Dor-
fen agierende „Aktionsgemeinschaft ge-
gen die A94“, sie gilt heute als eine der ältes-
ten Bürgerinitiativen in Deutschland.
1982: Bundesverkehrsminister Hauff
(SPD) will Prüfung der Trasse Haag (B 12).
1988:Beginn des Planfeststellungsverfah-
rens für die Trasse Dorfen.
1991:Bundestag fordert Trassenvergleich.
Laut Freistaat entsprechen beide Trassen
den Zielen der Raumordnung.
1993:Ministerpräsident Stoiber schließt
die Trasse Haag aus.
1995:Gründung des Vereins „Ja zur A 94“.
1996:Planfeststellungsverfahren nur für
die Trasse Dorfen.
2000:Gegner der Trasse Dorfen fordern
Verfahrensende, um klagen zu können.
2002:Die Staatsregierung will Trasse Dor-
fen mithilfe des Landesentwicklungsplans
fixieren. Die Aktionsgemeinschaft gegen
die A 94 klagt und bekommt später Recht.
Es hilft nichts: Als sie 2005 vor Gericht die
Schriftstücke vorlegt, akzeptieren die Rich-
ter diese nicht mehr.
2003:Planfeststellungsbeschluss für den
Abschnitt Forstinning-Pastetten, der den
Verlauf der A 94 über Dorfen festschreibt.
2004:Der neue Bundesverkehrswegeplan
listet beide Trassen. Bayern meldet die FFH-
Naturschutzgebiete nach Brüssel.
2005:Prozess am Verwaltungsgerichtshof
in München (VGH) um den Trassenverlauf
Forstinning-Pastetten. VGH verlangt FFH-
Verträglichkeitsprüfung für Auwälder am
Fluss Isen. Europäischer Gerichtshof in Lu-
xemburg muss den Status der gemeldeten
FFH-Gebiete klären. Vorläufiger Baustopp.
2006:Der Europäische Gerichtshof bestä-
tigt die FFH-Gebiete als rechtsgültige
Schutzgebiete. Staatsregierung bessert
nach. Abschnitt Ampfing-Erharting der
A94 wird für den Verkehr freigegeben.
2007:Zweiter Anlauf vor dem VGH, alle
Klagen gegen die Isentalautobahn werden
abgewiesen, Revision wird nicht zugelas-
sen. Autobahngegner wenden sich an das
Bundesverwaltungsgericht in Leipzig.
2008:Noch liegt das schriftliche Urteil
nicht vor, trotzdem beginnen die Arbeiten
am Abschnitt Forstinning-Pastetten. Tau-
sende demonstrieren. Eine Beschwerde der
Aktionsgemeinschaft beim Bundesverwal-
tungsgericht in Leipzig wird abgewiesen.
2009:Die Proteste gehen weiter. Planfests-
tellungsbeschluss für den Abschnitt Pastet-
ten-Dorfen. Neue Klage. Die Prozesskosten
der A 94-Gegner belaufen sich mittlerweile
auf fast eine Million Euro.
2010:Der VGH weist die neue Klage ab und
lässt keine Revision zu.
2011:Eröffnung und Freigabe des A94-Ab-
schnitts Forstinning-Pastetten.
2012:Eröffnung und Freigabe des A94-Ab-
schnitts Heldenstein-Ampfing.
2012:Die Aktionsgemeinschaft gegen die
A94 beendet ihren Widerstand.
2015:Zuschlag für das private Autobahn-
konsortium aus einem französischen und
einem niederländischen Konzern sowie ei-
ner Passauer Baufirma. Der Betreiberver-
trag für die A94 läuft bis 2046.
2016:Baubeginn für den 33 Kilometer lan-
gen Abschnitt Pastetten-Heldenstein.
2017:Bei Kontrollen fallen Spannungen an
der 300 Meter langen Ornautalbrücke auf.
2018:Beschluss, die betreffenden Teile der
Brücke neu zu bauen.
2018:Auflösung des Vereins „Die bessere
Lösung“.
2019:Vorzeitige Übergabe und Freigabe
des Abschnitts Pastetten-Heldenstein, ver-
mutlich Ende September. hak, kpf
von matthias köpf
und hanskratzer
Dorfen– Bereits Ende September, vier Wo-
chenfrüher als geplant, soll die 33 Kilome-
ter lange und lange Zeit höchst umstritte-
ne Isentaltrasse der Autobahn A94 von Pa-
stetten (Kreis Erding) bis Heldenstein
(Kreis Mühldorf) eröffnet werden. Momen-
tan liegt noch eine eigentümliche Stille
über der Schnellstraße, lediglich ein paar
Baustellenfahrzeuge rollen über den fri-
schen Betonbelag, an den Wochenenden
wagen sich auch Radfahrer auf die auto-
freie Autobahn. Blickt man von einer der
vielen Brücken über das durchschnittene
Land, dann hört man überwiegend vertrau-
te Vogelstimmen. Anwohner des Isentals
sagen wehmütig, sie erlebten gerade ihren
letzten schönen Sommer, bald wird sie der
Verkehrslärm dauerhaft beschallen. Nicht
wenige Anwesen liegen auf Wurfweite zur
Autobahn, die zu den umstrittensten Stra-
ßenbauprojekten in Deutschland zählt.
Die frühesten Planungen sahen einen
durchgehenden Verlauf entlang der gut
15 Kilometer südlich von Dorfen gelegenen
Bundesstraße 12 vor. In der juristischen
Auseinandersetzung wurde sie als Trasse
Haag bezeichnet. Um 1970 herum kam der
umstrittene Schwenk von der B 12 ins Isen-
tal ins Gespräch. Diese Gegend sei unter-
entwickelt, argumentierten einflussreiche
Politiker, aber in der Bevölkerung formier-
te sich sofort Widerstand. Fast 40 Jahre
lang wehrten sich die Gegner der Isental-
trasse, zuletzt vor den Gerichten, es war
aber vergeblich. Heiner Müller-Ermann,
Journalist im Ruhestand und Sprecher der
Aktionsgemeinschaft gegen die A 94, be-
reut es trotzdem nicht, alles probiert zu ha-
ben, um die Zerstörung der Heimat zu ver-
hindern. Zum Teil ist dies ja auch gelun-
gen. Bis 1997 sah die Planung eine Trasse
in der Talsenke vor, auf einem unnatürlich
hohen Damm. Nun verläuft sie am Hang,
„das ist in der Summe die bessere Lösung“,
sagt Müller-Ermann, der es aber noch dras-
tischer ausdrückt: „von zwei beschissenen
Lösungen die etwas weniger beschissene.“
Auch Günther Knoblauch schlägt sich
schon mehr als drei Jahrzehnte mit der
A94 herum. Bereits 1988 habe er im Wahl-
kampf eine Autobahnanbindung gefor-
dert, sagt Knoblauch, der 1990 zum Mühl-
dorfer Bürgermeister gewählt wurde und
2013 für die SPD in den Landtag nachrück-
te, aus dem er nun wieder ausgeschieden
ist. Knoblauch gründete 1995 den Verein
„Ja zur A 94“, zu dessen 400 Mitgliedern
zwar nur wenige Privatleute zählen, aber
vier Landkreise, 62 Städte und Gemeinden
sowie Firmen und Verbände aus dem wirt-
schaftsstarken Südosten Bayerns.
„Ein Traum wird befahrbar“, schwärmt
Knoblauch. Derzeit versucht er, Blaskapel-
len für die feierliche Verkehrsfreigabe zu-
sammenzutrommeln. „Die werden kom-
men“, sagt er, denn die große Mehrheit der
Menschen in der Region stehe hinter dem
Projekt. Manchen Gegnern bescheinigt
Knoblauch ohnehin Scheinheiligkeit. Da
hätten sich Stadträte massiv gegen die Au-
tobahn ausgesprochen und zugleich „brav
Baugebiete ausgewiesen“, und mancher
Bauer habe tagsüber gegen die Isentalauto-
bahn demonstriert, obwohl er in der Nacht
vorher Grundstücke dafür verkauft habe.
Über die Alternativtrasse entlang der B12
über Haag wäre „mindestens so viel gestrit-
ten worden, weil sie noch mehr Menschen
betroffen hätte“, sagt er.
Stattdessen wird nun das liebliche Or-
nautal zwischen Dorfen und Heldenstein
durch eine Monsterbrücke zerschnitten.
Diese Hügellandschaft war ein altbayeri-
sches Kleinod, barock gesprenkelt mit Kir-
chen und Einödhöfen, ein Paradies für Er-
holungssuchende. „Als ich die Brücke zum
ersten Mal sah, sind mir die Tränen gekom-
men“, erzählt Müller-Ermann auf einer An-
höhe am Rande der Autobahn. Die B 12 wä-
re seiner Meinung nach die weitaus besse-
re Trasse gewesen, man hätte nur eine Brü-
cke gebraucht und weniger Landschaft zer-
stört. Allein für die 33 Kilometer durch das
Isental waren vier Großbrücken, 16 Über-
führungen und 37 Unterführungen not-
wendig. 60 Meter tiefe Bohrlöcher muss-
ten gegraben werden, in die mit riesigem
Aufwand Spezialbeton verpresst wurde.
„Die Gerichte hatten von der Politik einen
großen Spielraum bekommen, die falsche
Trasse zu wählen“, sagt Müller-Ermann,
der wie sein Kontrahent Knoblauch SPD-
Mitglied ist. Er verweist auf die 80er und
90er Jahre, als die Beamten und Gutachter
des Freistaats noch festhielten, bei allen
sieben Schutzgütern sei „die Trasse Haag
eindeutig besser ist als die Trasse Dorfen“.
Erst das Umweltministerium unter Wer-
ner Schnappauf habe im Landesentwick-
lungsprogramm (LEP) mit einem Trick die
Trasse Dorfen zur einzig möglichen Lö-
sung erkoren, bedauert Müller-Ermann.
Die Staatsregierung teilt indessen Knob-
lauchs Euphorie. „Der Abschluss dieses
Jahrhundertprojektes freut mich beson-
ders. Die Region hat lange darauf gewar-
tet“, sagt Verkehrsminister Hans Reich-
hart. „Von der besseren Anbindung der
ländlichen Region an die Metropolregion
werden die Kinder derer, die laut dagegen
protestiert haben, noch lange profitieren.“
Eines mache ihn fassungslos, klagt Mül-
ler-Ermann. Die Befürworter behaupteten
nun, „wir hätten endlich eingesehen, dass
wir übertrieben hätten und dass alles gar
nicht so schlimm sei. Das ist eine Verhöh-
nung der Menschen im Isental.“ Knob-
lauch wiederum überlegt scherzhaft, ob er
nach der Eröffnung einen ganzen Tag auf
den neuen A 94 hin- und herfahren solle.
„Aber das Problem wird halt dann sein, wie
ich nach München reinkomme.“ Der Eng-
pass am östlichen Eingang zur Stadt wird
bleiben, die langen Staus werden nicht we-
niger werden. Das Argument, mit der Auto-
bahn locke man noch mehr Menschen auf
die Straße, weist Knoblauch aber zurück:
„Die fahren bisher auch schon.“
Die Isentaltrasse der A 94 ist auf abseh-
bare Zeit wohl der letzte größere Autobahn-
neubau in Bayern, an einigen Teilstücken
in Richtung Passau wird noch geplant. Der
Bund hat für das gesamte öffentlich-priva-
te A94-Projekt 1,1 Milliarden Euro vorgese-
hen. Für Unterhalt und Betrieb des 77 Kilo-
meter langen Abschnitts zwischen Forstin-
ning und Marktl ist bis zum Jahr 2046 ein
privates Konsortium zuständig.
München – Der Deutsche Alpenverein
(DAV) übt scharfe Kritik an den Plänen für
die „Grünten Bergwelt“ im Oberallgäu. Al-
lerdings lehnt er das Projekt nicht katego-
risch ab. Das Vorhaben reiche von seinen
Dimensionen her nicht über das bereits
vorhandene alte Skigebiet am Grünten hin-
aus, heißt es in der Stellungnahme. Im obe-
ren Teil solle es sogar mit dem Abbau des al-
ten Gipfelliftes eine Verkleinerung der Ski-
betriebs geben. Der DAV begrüßt außer-
dem das zugesagte Konzept zur Besucher-
lenkung, den Rückbau alter Trampelpfade
und das Versprechen des Investors, der Un-
ternehmerfamilie Hagenauer, auf Famili-
enfreundlichkeit zu setzen. Ansonsten
lehnt der DAV das Projekt aber ab.
Der Grünten, der auch „Wächter des All-
gäus“ genannt wird, ist dank seiner Lage
am Nordrand der Allgäuer Alpen ein mar-
kanter Berg. Vor zwei Jahren ist das alte Ski-
gebiet an seinen Hängen pleite gegangen.
Seither suchte die Gemeinde Rettenberg ei-
nen Investor, der es wieder auf Vorder-
mann bringt. Nun plant die Familie Hage-
nauer dort die „Grünten-Bergwelt“. Herz-
stücke sind eine neue Gondelbahn und ei-
ne „Walderlebnisbahn“, mit der Ausflügler
und Urlauber in Gurten hängend talwärts
sausen können. Die urige Grüntenhütte
oben am Berg soll einer modernen, sehr
viel größeren Berggaststätte samt Strei-
chelzoo weichen. Und für den Skibetrieb
im Winter sollen neue Lifte und Schneeka-
nonen angeschafft werden. Das Projekt
spaltet die Region. Nicht nur die Umwelt-
verbände haben sich dagegen in Stellung
gebracht. Sondern auch eine Bürgerinitiati-
ve. Wie die anderen Gegner lehnt der DAV
den Bau der„Walderlebnisbahn“ ab, sie ma-
che die Bergwelt zur Kulisse, heißt es in sei-
ner Stellungnahme. Auch die Aufrüstung
des Skigebiets kritisiert er scharf, sie passe
nicht in Zeiten der Klimakrise – „noch da-
zu an einem Berg, der den milden Westwin-
den besonders ausgesetzt ist“. Der DAV se-
he „mit Sorge, dass mit der Grünten-Berg-
welt ein weiteres spektakuläres Angebot
insbesondere für Tagesgäste“ geschaffen
werden solle, „das die Ziele einer auf Nach-
haltigkeit ausgerichteten touristischen
Entwicklung konterkariert“, heißt es zu-
sammenfassend. Die Sätze sind pikant.
Denn ein prominenter lokaler DAV-Mann,
der Chef der DAV-Sektion Oberstdorf, Tim
Felix Heinze, berät den Investor ausgerech-
net in Sachen Nachhaltigkeit. cws
Ermittlungen nach
Hausexplosion dauern an
Minister: Plastikmüll
muss verringert werden
Bürger, Staat, Gerichte
Die Pläne für eine Autobahn von München bis Passau reichen zurück bis in die Vorkriegsgzeit. Eine Chronologie zur A 94
Ende Gelände
In gut einem Monat wird die Autobahn 94 zwischen Forstinning und Heldenstein für den Verkehr freigegeben.
Heiner Müller-Ermann hat sein halbes Leben lang gegen die Isentaltrasse gekämpft – und einen kleinen Erfolg erzielt
25 Jahre stand
Heiner Müller-Ermann an der
Spitze des Widerstands
gegen die Isentaltrasse. Er
bereut sein Engagement nicht.
FOTO: SEBASTIAN BECK
von olaf przybilla
U
nd schon wieder hat ein Oberbür-
germeister keine Lust mehr. Dies-
mal ist es Norbert Tessmer, Co-
burgs Rathauschef. Nach exakt einer
Amtsperiode wird der Sozialdemokrat
nicht mehr antreten zur Wahl 2020. Und
wie so oft schon in diesen Tagen bleibt ei-
ne Stadt verdattert zurück: Im Ernst
jetzt, unser Oberbürgermeister hört auf?
Man kennt das ja inzwischen. Angefan-
gen hat Ulrich Maly in Nürnberg, eben-
falls SPD, derzeit 59 Jahre alt. Anschlie-
ßend fand Augsburgs OB Kurt Gribl, CSU,
den Gedanken an einen neuen Lebensab-
schnitt irgendwie reizvoll, er ist 54. Und
danach lud der CSU-Mann Matthias Thü-
rauf, der OB von Schwabach, im zarten Al-
ter von 45 zur Presserunde. Eine neue
Umgehungsstraße? Oder was Schönes
für Frankens Goldschlägerstadt? Nö. Thü-
rauf erklärte, dass mit 45 jetzt auch mal
genug ist mit dem Rathausdasein. Ja, da
hätte man auch draufkommen können.
Man muss fair bleiben. Keiner der drei
hat beim Amtsantritt erklärt, dass er den
Job auch noch im Adenauer-Alter haben
mag. Und dass in den Städten keiner auf-
atmet und den scheidenden Herren hin-
terherruft, dass das aber auch Zeit wurde
mit dem Aufhören, spricht dafür, dass sie
manches richtig gemacht haben in ihrer
Amtszeit. Ähnlich ist es jetzt auch bei
Tessmer. Aber nur eine Amtsperiode?
Gut, zur Wahrheit gehört auch, dass
Tessmer 35 Jahre Kommunalpolitik hin-
ter sich hat. Und mit 66 Jahren fängt zwar
dem deutschen Liedgut zufolge das Le-
ben angeblich erst an, aber im Normalfall
eben nicht das Berufsleben. Er habe nicht
vorgehabt, der „lebensälteste Oberbür-
germeister in Bayern“ zu werden, hat
Tessmer jetzt der CoburgerNeuen Presse
erklärt. Außerdem beobachte er, dass Co-
burgs Stadtrat immer mehr „zerfasert“.
Und diese allgemein schwierige Lage im
Stadtrat – die sei kein „Coburger Pro-
blem“. Das höre er von vielen Kollegen.
So haben alle ihre guten Gründe. Und
trotzdem lässt einen das alles beklom-
men zurück, fast entwickelt man Verlust-
ängste. Gleich in Coburgs Nachbarschaft
hat sich Bambergs OB Andreas Starke
auch noch nicht erklärt, seit Monaten war-
ten alle. Das wäre auch so ein Fall von
„kann ja wohl nicht wahr sein“. An die-
sem Montag will er sich endlich äußern.
Aber: Kopf hoch, ihr Bamberger! Wenigs-
tens euer OB wird euch bleiben – wetten?
DAV übt scharfe Kritik
an „Grünten-Bergwelt“
Protestschilder gegen den Bau der A 94 säumen heute noch die Straßen in der Nähe
der Isentaltrasse. Die Autobahngegner kritisierten vor allem den extremen Ein-
griff in die Landschaft und die hohen Baukosten. FOTOS: LUKAS BARTH/DPA; SEBASTIAN BECK
Mir sind die Tränen gekommen,
sagt Müller-Ermann. Ein Traum
wird befahrbar, sagt Knoblauch
Allgäuer Landräte
kritisieren Glauber
Umweltministerium lasse
Veterinärämter seit Jahren im Stich
5km
SZ-Karte/Maps4News
Heldenstein
Mühldorf
am Inn
Waldkraiburg
Dorfen
Forstinning
Pastetten
Haag
Inn
Erding
Markt
Schwaben
Ampfing
A94
A94
Isental-Trasse
München
MITTEN IN COBURG
Noch ein OB,
der nichtmehr mag
DEFGH Nr. 190, Montag, 19. August 2019 R13