Süddeutsche Zeitung - 20.08.2019

(National Geographic (Little) Kids) #1
von angelika slavik

Hamburg– Esgibt ja zwei Dinge, die man
mit Vapiano heute verbinden kann: Italieni-
sches Essen und desaströse Nachrichten.
Die Gastronomiekette schlittert seit Jah-
ren von einem Debakel zum nächsten und
in die lange Liste der Schwierigkeiten reiht
sich nun auch die aktuelle Phase ein. Denn
völlig überraschend kommt Vapiano zum
Monatsende der Vorstandschef abhanden.
Cornelius Everke werde sein Amt aus
persönlichen Gründen niederlegen, teilte
das Unternehmen am Wochenende mit.
Der frühere Starbucks-Manager Everke,
55, war erst seit einem Dreivierteljahr im
Amt. Er war eigentlich derjenige, der Vapia-
no in bessere, ruhigere Zeiten hätte führen
sollen. Daraus wird nun nichts. Stattdes-
sen werde die bisherige Aufsichtsrats-
chefin Vanessa Hall die Kette leiten, interi-
mistisch, aber bis mindestens April 2020,
hieß es. Die ersehnten ruhigen Zeiten wer-
den wohl so schnell nicht kommen.
Während die Gründe für Everkes Rück-
zug unklar sind, kann man die Ursachen
für die Schwierigkeiten des Unternehmens
klar benennen: Es ist die Kombination aus
einer großen Zahl an Fehlentscheidungen
und einem kleinen bisschen Pech.

2015 bekam das Image des bis dahin er-
folgsverwöhnten Unternehmens erstmals
herbe Kratzer. Damals gab es Berichte
über teils gravierende Hygienemängel in
einzelnen Filialen. Zudem häuften sich
Meldungen, wonach die Arbeitsleistung
von Mitarbeitern nicht korrekt abgerech-
net worden sei. Es entstand ein Bild, das
für Kunden kaum abschreckender sein
könnte: Ein Gastronomiebetrieb, der Spei-
sen von mangelhafter Qualität anbietet
und dabei auch noch die eigenen Mitarbei-
ter übervorteilt? Ein Desaster.
Es kam ein neuer Vorstandschef, er hieß
Jochen Halfmann und war eigentlich in
der Schmuck- und Parfümeriebranche ver-
ankert. Halfmann schien die Schwierigkei-
ten mit Hygiene und Arbeitsrecht schnell
in den Griff zu bekommen, zumindest gab
es seither keine öffentlichen Beschwerden
mehr darüber. Allerdings schlichen sich
bei Vapiano zunehmend handwerkliche
Fehler ein: Bei der Entwicklung von neuen
Gerichten zum Beispiel wurde die Zuberei-
tungszeit oft falsch eingeschätzt. Das
klingt nach einer Banalität: Was machen
zwei, drei Minuten mehr schon aus? Aber
in der Realität summieren sich diese Minu-
ten – die Wartezeiten für die Kunden an
den einzelnen Kochstationen wurden im-
mer länger. Tempo allerdings ist ein zentra-

les Versprechen im Gastronomiekonzept
von Vapiano: Die Kunden bestellen direkt
an den einzelnen Stationen und können
bei der Zubereitung zusehen: Schnelles, fri-
sches, gesundes Essen, das war die Idee.
Aber wer 20 Minuten anstehen muss, kann
natürlich auch in ein klassisches Restau-
rant um die Ecke gehen: Dort kann man
während der Wartezeit wenigstens an ei-
nem Tisch sitzen und sich unterhalten,
statt sich einzeln beim Anstehen zu lang-
weilen.
Die Zeiten für Systemgastronomie sind
eigentlich günstig, vor allem in den großen
Städten passt das Angebot zu den Bedürf-
nissen vieler Kunden. Während andere Un-
ternehmen der Branche aber hart daran ar-
beiten, den Bestellprozess zu beschleuni-
gen – oft auch mithilfe elektronischer Ter-
minals zu digitalisieren –, reagierte Vapia-
no auf die Schwierigkeiten in seinen Filia-
len lieber mit massiver Expansion. Wohl
auch, um den Anlegern nach dem Börsen-
gang 2017 eine gute Geschichte anbieten
zu können. Das Unternehmen eröffnete
also rasend schnell immer neue Restau-
rants, nicht alle Filialstandorte wurden mit
der nötigen Sorgfalt ausgesucht. Vapiano
vergrößerte damit seine Schwierigkeiten
immer weiter: Zusätzlich zu dem Problem
beim Konzept hatte man nun auch noch
eine Menge Standorte, deren Umsätze
deutlich unter den internen Erwartungen
blieben.

Die Zahlen fallen folglich bitter aus, die
Schulden sind hoch. Bei einem Umsatz von
372 Millionen Euro machte die Kette 2018
einen Verlust von 101 Millionen Euro. Ent-
sprechend unmotiviert zeigten sich die
Banken, als im Frühjahr über die Refinan-
zierung des Unternehmens verhandelt
wurde. Dreimal verschob der Konzern die
Vorlage seiner Jahresbilanz, bis alle Kredit-
zusagen vorlagen.
Und zu all den strategischen Fehlern
kommt dann auch noch Pech: Am Jahresan-
fang hatte Vapiano sein USA-Geschäft ver-
kauft, sechs Restaurants sollten für insge-
samt 20 Millionen Dollar den Besitzer
wechseln. Geld, das die angeschlagene Ket-
te gut hätte brauchen können. Doch der
Käufer, ein Dienstleister aus Kalifornien,
zahlte einfach nicht. Erst vor ein paar Ta-
gen gab Vapiano bekannt, nun einen neu-
en Abnehmer suchen zu wollen.
Am Mittwoch findet in Köln die Haupt-
versammlung statt. Man darf mit harten
Worten rechnen: Denn seit dem Börsen-
start hat die Vapiano-Aktie mehr als 80Pro-
zent ihres Wertes verloren. Da ist mancher
wohl ganz schön, Verzeihung, angefressen.

Frankfurt– Dererste Strafprozess in der


Cum-Ex-Steueraffäre wird noch einmal


komplexer. An diesem Montag hat das


Landgericht Bonn entschieden, neben den


beiden angeklagten Briten fünf Gesell-


schaften als Nebenbeteiligte in das Verfah-


ren mit einzubeziehen. Nach SZ-Informati-


onen handelt es sich dabei um die Holding-


gesellschaft und eine Fondstochter der


Hamburger Privatbankgruppe M.M. War-


burg, eine Tochterfirma der US-Bank BNY


Mellon, eine Zweiggesellschaft des franzö-


sischen Instituts Société Générale sowie


die Hamburger Kapitalverwaltungsgesell-


schaft Hansainvest. Es werden dann zwar


keine Bank- oder Fondsmanager auf der


Anklagebank sitzen, aber die betroffenen


Firmen dürften von Anwälten vertreten


am Verfahren teilnehmen.


Es geht um viel Geld: Die 12. Strafkam-

mer am Bonner Landgericht möchte gleich


im ersten Strafprozess klären, wer am En-


de alles haften könnte für den angeklagten


Griff in die Staatskasse. Im Strafgesetz-


buch ist festgelegt, inwiefern Täter, Teil-


nehmer und andere Profiteure von illega-


len Geschäften haftbar gemacht werden


können: Als Ausgleich für den mutmaßlich


angerichteten Steuerschaden steht dem


Gericht das Instrument der „Einziehung“


von Vermögen offen. Die Kammer hält es


„hinsichtlich bestimmter Fälle der Ankla-


geschrift“ für wahrscheinlich, dass die Vor-


aussetzungen für eine solche Einziehung


gegeben seien, teilte das Gericht mit.


Von dem Prozess in Bonn dürfte also

nicht nur hinsichtlich der Strafbarkeit von


Cum-Ex-Geschäften ein Signal ausgehen.


Angeklagt sind zwei ehemalige Händler


der Hypo-Vereinsbank, die sich später mit


einer Investmentfirma auf Cum-Ex spezia-


lisiert haben sollen. Ihnen wird schwere


Steuerhinterziehung in 33 Fällen angelas-


tet; in einem weiteren Fall blieb es beim


Versuch. Der Schaden für den Fiskus belief


sich laut Anklage auf 447,5 Millionen Euro.


Bei den fraglichen Geschäften schoben


Händler, Banken und deren Helfer Aktien


mit („cum“) und ohne („ex“) Dividendenan-


spruch so schnell hin und her, dass die Fi-


nanzämter nicht mehr durchblickten und


nur einmal gezahlte Kapitalertragsteuer


doppelt oder sogar mehrfach erstatteten.


Ob und inwiefern die nun am Verfahren be-


teiligten Banken und Fondsgesellschaften


zu diesem Griff in die Staatskasse beigetra-


gen haben, wird sich vom 4. September an


vor Gericht klären. Warburg hält die Vor-


würfe für unbegründet. jan willmroth


Pasta al Desaster


Chaos beiVapiano: Der Restaurantkette kommt der Vorstandschef


abhanden. Es ist die nächste Episode in der Geschichte eines langen Abstiegs.


Dabei klingt das Geschäftsmodell nach einer sicheren Sache


Umsatz 372 Millionen Euro,


Verlust 101 Millionen Euro –


das sind bittere Zahlen


Die Zubereitungszeit


neuer Gerichte


dauerte zu lange


DEFGH Nr. 191, Dienstag, 20. August 2019 (^) WIRTSCHAFT HMG 17
Schriftzug an einer Filiale in Wiesbaden. In deutschen Innenstädten wuchs
die Kette zeitweise rasant. 2015 bekam das Image von Vapiano erste Kratzer,
nun lässt sich die Krise auch an den Zahlen ablesen.FOTO: OLIVER BERG/DPA
Banken und Fonds
vor Gericht
Erster Cum-Ex-Strafprozess um
prominente Geldhäuser erweitert
Referenten (Auszug)
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  1. und 25.


September


2019


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ͮ Gesundheitspolitische Agenda & Telematikinfrastruktur: Status-quo und Ausblick


ͮ EU-Staaten und ihre Digitalagenda: Was können wir lernen?


ͮ Telemedizin: Fernbehandlung im Praxistest Telemedizin: Auf dem Weg zum Durchbruch?


ͮ Smart Hospital: Vernetzte Lösungen für mehr Sicherheit, Komfort und Effizienz im Klinikalltag


ͮ Health Information Exchange: Wie lässt sich Interoperabilität gewährleisten?


ͮ Big Data: Nutzung und Verknüpfung von Forschung und Versorgung


ͮ Start-ups: Ideen und Lösungen für den Gesundheitsmarkt


ͮ Personalisierte Medizin & Healthcare Analytics: Auf dem Weg zur maßgeschneiderten Medizin


ͮ Robotik, Blockchain, KI, VR & AR: Digitale Anwendungen in Diagnose und Therapie


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