National Geographic Germany - 08.2019

(WallPaper) #1
ist von begrenzter Dauer. Oft kommt es zu
schnellen Machtübernahmen. Wenn ein Alpha­
männchen seine Stellung verloren hat, ist das
endgültig. Verdrängte Männchen verlassen die
Gemeinschaft und versuchen, die Herrschaft
über eine andere Gruppe zu übernehmen.
Überschneiden sich Reviere der Affen, kommt
es mitunter zu wüsten Streitigkeiten zwischen
den Gruppen. „Die Tiere können echt gemein
werden“, beurteilt Engelhardt die Scharmützel.
Die Kämpfe laufen in der Regel aber eher thea­
tralisch als blutig ab, ergänzt Maura Tyrrell, eine
Doktorandin der University of Buffalo im US­
Bundesstaat New York. Wenn die Männchen ihre
Weibchen von liebeshun grigen Konkurrenten
fort dirigieren, geht es jedoch mitunter grob zu
mit Bissen, die Verletzungen hinterlassen. „Das
sieht schon brutal aus“, sagt Tyrrell.

DOCH MEIST HERRSCHT FRIEDEN in der Waldhei­
mat der Yaki. Die Affen klettern weit hinauf in
die Bäume, schwingen sich von Ast zu Ast und
brechen dabei nach einem Fehlgriff auch mal
krachend durch die Baumkronen, bevor sie ein
paar Etagen tiefer wieder Halt finden. Die
großäugigen Säuglinge klammern sich an ihre
Mutter oder spielen gemeinsam. Affen, die ein­
zeln auf Nahrungs suche unterwegs sind, halten
mit gurrenden Geräuschen Verbindung zur
Gruppe. Sie fressen Feigen und andere Früchte,
verschmähen aber auch Käfer nicht.
Maura Tyrrell bleibt den Makaken fünf Tage
in der Woche von Sonnenaufgang bis Sonnen­
untergang auf der Spur. Sie will herausfinden,
wann und wie die Männchen Koalitionen bilden.
Was die Forscherin notiert, ist meist nicht ganz
jugendfrei. „Angespannte Beziehungen werden
in der Regel durch ritualisierte Begrüßungen
und einen Griff an die Genitalien abgemildert“,
heißt es in den Aufzeichnungen. „Den Penis
eines anderen zu berühren scheint für die Männ­
chen ein Weg zu sein, die Beziehung zu testen
und zukünftige Bündnisse auszuhandeln.“ Der
Rang spielt dabei keine Rolle, die intimen Griffe
beruhen oft auf Gegenseitigkeit.
Untereinander bedienen sich die Affen in gro­
ßem Umfang solcher sexuellen Signale. „Was die
sexuelle Selektion angeht, sind sie ein Extrem­
fall“, erklärt die Wissenschaftlerin Engelhardt.
Die Weibchen stolzieren mit stark angeschwol­
lenem rosarotem Hinterteil vor potenziellen
Paarungspartnern auf und ab. Die Männchen
signalisieren mit ähnlich lebhaft gefärbtem

Im Rahmen des „Macaca Nigra“­Projekts

erforscht die Britin Engelhardt seit zehn Jahren


gemeinsam mit studentischen Hilfskräften


das Verhalten der Makaken im Naturreservat


Tangkoko. Der Schopfmakak, von den Einhei­


mischen Yaki genannt, ist eine von sieben


Makakenarten auf der indonesischen Insel Su­


lawesi. Er ist dort inzwischen vom Aussterben


bedroht. Die Primaten werden wegen ihres Flei­


sches gejagt und als Haustiere gehalten. Gleich­


zeitig schrumpft ihr Lebensraum durch illegale


Abholzung für Kokosnussplantagen und für


Felder, die von Dorfbewohnern neu angelegt


werden. Es gibt staat liche Pläne, weitere Wald­


gebiete für Straßenbau und agrarindustrielle


Nutzung freizugeben.


Bestandsaufnahmen aus den Jahren 2009 und

2010 kamen auf ungefähr 2 000 Yaki im Natur­


reservat Tangkoko; seither, so erklärt Engel­


hardt, sei ihre Zahl weiter zurückgegangen. Eine


weitere Population lebt einige Hundert Kilo­


meter von Sulawesi entfernt auf der Insel Bacan.


Die Schopfmakaken wurden dort Mitte des



  1. Jahrhunderts angesiedelt.


Im Tangkoko­Reservat studieren die Wissen­

schaftler drei Hauptgruppen von Yaki. Der gegen­


über Menschen aufgeschlossenste Clan heißt


Rambo II; seine Mitglieder waren bereits Gegen­


stand von Studien und sind bei Touristen we­


gen ihrer Zugänglichkeit beliebt. Die Gruppe


Rambo I wird ebenfalls studiert. Am misstrau­


ischsten gegenüber den Menschen ist die dritte


Gruppe Pantai Batu Hitam, benannt nach dem


„Strand der schwarzen Felsen“, den die Affen


gern aufsuchen.


Jede Gruppe umfasst ungefähr 80 Tiere. Der

bevorzugte Paarungspartner der Weibchen ist


das Alphamännchen. Doch seine Vorherrschaft


Schon vor 20 Jahren lebten


nur noch 2 000 Schopf­


makaken im Naturreservat


Tangkoko. Ihre Zahl nimmt


weiter ab. Die Schutz­


maßnahmen versagen.


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